Eine Spielszene aus Tempus Triad: Auf dem Weg durch die Militäranlage steht plötzlich eine haushohe Gestalt zwischen den Frachtcontainern. Sie hat Klauen wie Freddy Krüger oder Edward mit den Scherenhänden. Die Kreatur regt sich nicht. Was tun? Auf das Urzeitmonster zu- oder lieber weglaufen? Ich entscheide mich für Ersteres, sprinte auf diesen Golem zu – und werde prompt in Stücke gerissen. Neuer Versuch. Ich bekomme ein zweites Leben geschenkt, das Spiel setzt mich dem Wesen erneut vor die gestylten French Nails. Diesmal laufe ich weg – doch Mister Survival-Horror-Langnagel folgt mir auf dem Fuße.
Plock-plock-plock macht es. Ich fahre herum; wenige Meter von mir entfernt, ragt der Verfolger in den Himmel. Der Weltmeister im Nagelwuchs ist mit auf den Fersen, setzt mir immer dann hinterher, sobald ich ihm (oder ihr?) den Rücken zudrehe. Das bedeute: Wenn ich unversehrt durch das Areal mit den vielen Frachtcontainern kommen möchte, muss ich das Vieh angucken – immer und immer wieder. Denn, ja, sosehr ich zu lange den Blick abwende, verarbeitet mich diese personifizierte Heckenschere zu Konfetti – und nicht die gute Art wie auf Tyler Swift-Konzerten. Dabei fängt die Demo zu Tempus Triad so gähnig an.
Tempus Triad: Survival Horror im Jurassic Park
Anders gesagt: Die Demo zu Tempus Triad ist eigentlich (und auch uneigentlich) voller Fehler-Teufelchen, Nickeligkeiten und knarzt vor Ungereimtheiten. Trotzdem hatte ich Spielspaß. Als ich die Demo starte, begrüßt mich eine Textwand, die sprachlich nicht zu den Glanzstunden der abendländischen Kultur gehört. Sei’s drum, wenn ich schon bei Krieg der Sterne vom ixten Titel Scroll überrollt wurde, werde ich auch diese Bleiwüste durchwaten – und beginne zu lesen: „Sie sind Wissenschaftler auf einer geheimen Militärbasis“, steht da zu lesen. Ein Spiel mit Dinosauriern auf irgendwelchen Militärbasen?
Ich kenne den Filmkatalog von The Asylum (Sharknado) gut genug, um zu wissen: Bei Low-Budget gehören billige Saurier und geheime Militärbasen zusammen, wie der Bananen-große Reißzahn ins T-Rex-Gebiss. Weiter im Text: „Experimente mit einem Material wurden durchgeführt“, yadda yadda yadda, „Militärische Führung“ will daraus „eine technologische Waffe machen“, und so weiter und so fort und sogleich, „Gehen sie jetzt in den Untergrund und führen sie den letzten Test durch“, steht da zuletzt. „Oh, okay, eine klare Handlungsanweisung!“, denke ich mir – werde prompt auf einen komplett unbelebten Parkplatz geworfen.
Sehr unspektakulär, aber doch stimmungsvoll. Ein wenig wie der Trailer zum Spiel Tempus Triad.
Dieser Parkplatz gehört zu der eben erwähnten Militärbasis, auf der ich jetzt aus der Ego-Perspektive durch die graue Nebelsuppe rühre. Ja, das sieht aus, als wäre die Nebelbank aus Silent Hill rübergezogen, doch spielerisch erinnert Tempus Triad eher an einen Walking-Simulator. Bald bin ich im Inneren der Basis, fahre mit einem Fahrstuhl hinab, bediene einen technischen Apparillo – eine Art Third-Energy-Generator aus Dino Crisis für arme Leute, surre wieder mit dem Lift an die Oberfläche. Die Nebelsuppe suppt noch immer, aber die Welt wird belebter.
Therizinosaurus, Quetzalcoatlus, Compsognathus – und die ganze Dinoschar im Survival-Horror
Zuerst ist da ein Quetzalcoatlus, sein Schwingen am Himmel ausbreitend. Bald zwitschert ein Schwarm Compsognathus, knabbert mir das Hosenbein weg – der Höhepunkt ist der Scherenschurke von oben, der eigentlich ein Therizinosaurus ist. Eines der bizarrsten Tiere aus dem Erdmittelalter; eine Art Ameisenbär, gekreuzt mit einer verdammt gut geölten Friseurschere – oder eher einem ganzen Besteck.
Die Demo von Tempus Triad hat mich ratlos zurückgelassen. Einerseits erfüllt es mich mit Respekt, was kleine Teams oder gar Einzelpersonen mit Know-how und Begeisterungsfähigkeit aus dem (urzeitlichen) Boden stampfen. Andererseits komme ich mir nach den etwa 30 Minuten Spielzeit der Demo so vor, als hätte ich gerade irgendeine Pre-Alpha gespielt – aber das macht nichts. Rein gar nichts.
Warum ich trotzdem vorsichtig euphorisiert bin: Die Atmosphäre wirkt, als nähme die Jurassic World ein Dampfbad in Silent Hill, die paar Schreckmomente waren manchmal plump (habe mich aber trotzdem angenehm erschrocken) und frischer Dinosaurier-Content ist mir stets willkommen (im Jurassic Park). Überhaupt: Trespasser (1998) und Dino Crisis (1999) sind viel zu lange her; wenn Tempus Triad wirklich wie auf Steam ausgeschrieben im ersten Quartal 2025 erscheint, werde ich mit Freuden Genosse Therizinosaurus die Nägel machen. Oder von solchen albernen Gelnägeln abraten.
Übrigens: Auch die eine oder der andere YouTuber ist in die Demo zu Tempus Triad aufgebrochen.
Apropos Saurier-Content: Wieso Dino Crisis längst ein Revival verdient, habe ich euch in einer eigenen Kolumne auseinandergesetzt – wie der Therizinosaurus meinen Körper halt.
Quellen: Steam, YouTube / @Mendesz