Miniatures ist weniger ein Videospiel als ein interaktives Bilderbuch oder wirft zumindest abermals die Frage auf, wo das Medium anfängt und wo es aufhört. Damit entzieht es sich dem Schubladendenken eines klassischen Tests: Wie soll man das Gameplay bewerten, wenn da eigentlich keines ist?
Ich will es trotzdem versuchen, denn Miniatures hat es verdient besprochen und erlebt zu werden. Die Diskussion, ob Videospiele Kunst sind, möchte ich an dieser Stelle direkt mit einem aus vollem Herzen gebrüllten „Ja!“ überspringen und euch verraten, was Miniatures so magisch macht. Warum es einen Knoten im Magen hinterlässt und mir trotz absurd kurzer Spielzeit noch lange durch den Kopf spuken wird.
Miniatures: Ein Blick in meine Seele
Falls euch bereits die ersten beiden Absätze gereicht haben, um euer Interesse zu wecken, dann könnt ihr an dieser Stelle eigentlich aufhören zu lesen und Steam, Itch.io, den Nintendo eShop oder den App Store besuchen, 5,89 Euro (2,99 Euro auf dem iPhone) bezahlen und Miniatures herunterladen. Nach weniger als einer Stunde flimmern dann die Credits über euren Bildschirm und ihr könnt zurückkommen, um den Rest dieses Artikels zu lesen und eure Erfahrung zu verarbeiten.
Eine Empfehlung gibt es von meiner Seite nämlich auf jeden Fall: Mit seinen vier interaktiven Kurzgeschichten hat sich Miniatures tief in mein Innerstes gebohrt und mir Erinnerungen eingepflanzt, die gar nicht meine sind – und sich trotzdem wahnsinnig vertraut anfühlen. Diese Erinnerungen schlummern in einem Kästchen, sie werden von einer Holzeidechse und einer Muschel repräsentiert, aber dort könnten auch eine Münze oder eine Socke liegen; es geht nicht um die Geschichten, die Miniatures erzählt, sondern um die Emotionen, die es dabei vermittelt.
Sprung in die Vergangenheit
Ich lande zurück in meiner Kindheit und erlebe Momente, die so nie passiert sind – aber passiert sein könnten. Doch das Resultat ist keine wohlige Wärme, ich werde nicht von Zehenspitzen bis zum Haarschopf in einen sanften Nostalgie-Schimmer gehüllt. Stattdessen ist da eine kalte, seltsame Leere, sind da Hilflosigkeit und Beklemmung. Miniatures serviert verdrängte Kindheitserinnerungen, die aus den Tiefen des Bewusstseins wieder nach oben geschwappt sind.
Es ist eine sanftere, harmlosere Version des Horror-Films Skinamarink, in dem die kindliche Perspektive die Abwesenheit der Eltern im eigenen Haus in einen echten Albtraum verwandelt. Derartige Abgründe tun sich in Miniatures zwar nicht auf, doch die vier Objekte, die jeweils repräsentativ für eine der Kurzgeschichten stehen, sind auch nicht umsonst in einer Schatulle weggesperrt.