Ich habe Multiplayer-Spielen niemals wirklich eine Chance gegeben. Obwohl, das ist nicht ganz richtig. Damals, den späten 90er- und frühen Nullerjahren, habe ich mir in den Multiplayer-Shootern Quake 3 Arena und Unreal Tournament 2003 Feuergefechte gegeben – und zwar mit Begeisterung. Doch schon als die direkte Fortsetzung Unreal Tournament 2004 aufschlug, war ich dezent gelangweilt von Multiplayer-Partien. Der Grund? Vielleicht ein Half-Life 2, das im selben Jahr die Gaming-Welt von innen nach außen stülpte – und mir eindrücklich vor Augen führte, was Story-Shooter draufhaben.
Apropos Shooter-Spiele mit Ziffer zwei im Titel: Wusstet ihr, dass Counter-Strike 2 kostenlos spielbar ist? Ja, vermutlich ist das für euch ein alter Stiefel. Aber mich hat die Erkenntnis wie ein Donnerschlag getroffen – und ich dachte mir: „Wenn ich euch schon tagaus und tagaus den hinterletzten Info-Schnipsel zu Half-Life ausgrabe, wieso nicht eine Partie mit dem Multiplayer-Phänomen wagen, der aus der ersten Brechstangen-Ballerei hervorgegangen ist?“ Gedacht, getan. Ich habe meine erste Stunde mit Counter-Strike 2 runtergerissen, war gleich in mehrerlei Hinsicht verblüfft.
Warum ich Story-Shooter gegenüber Online-Shootern den Vortritt gegeben habe – bislang
Kurzer Schulterblick: Als Counter-Strike 2 Ende September 2023 kurz vor seinem Release stand, hämmerte ich für eine Tech-Redaktion in die Tastatur – als ein Kollege himmelhochjauchzend die Räumlichkeiten stürmte. Grinsend wie ein Honigkuchenpferd, kam ihm ein „Leute! Counter-Strike 2 erscheint!“ über die Lippen. Seinerzeit war mir die Feststellung wumpe, schließlich hielt ich Musik-Streamer wie Spotify, Deezer & Co. gegeneinander. Aber auch persönlich war ich dezent desinteressiert: „Bah! Multiplayer-Shooter!“, rumpelte es in meinem Oberstübchen.
Dabei ist Counter-Strike 2 eine Action-Handgranate sondergleichen, wie schon der Launch-Trailer posaunte.
Abgesehen von meinen oben angedeuteten, jugendlichen Ausflügen mit Quake und Unreal, hielt ich Mehrspieler-Shooter immer für Genre-Vertreter zweiter Klasse. Mit einer Story unterfütterte Ego-Shooter, am liebsten nach der erzählerischen Blaupause David gegen Goliath, da finde ich mich wieder. Siehe meine Vorliebe für den Freiheitskampf des Gordon Freeman gegen die unterdrückerischen Combine in Half-Life 2. Oder den Guerillakampf gegen El Presidente in Far Cry 6. Oder auch die Odyssee von Jessie und Zofia Blazkowicz im Neu-Paris von Wolfenstein: Youngblood.
Damit kann ich was anfangen – aber rein auf Performance und Reaktionsschnelligkeit getrimmte Online-Shooter? Igitigittigitt! Dass ein Counter-Strike 2 auch Nehmerqualitäten hat, nur eben mitnichten auf dem Spielfeld Storytelling, habe ich jetzt ratzfatz gelernt. Stein des Anstoßes war das aktuelle Jubiläum von Half-Life 2. Einerseits wollte mir Gabe Newells Anekdote mit seinem Counter-Strike 2-Messer nicht aus dem Kopf – metaphorisch gesprochen.
Die tausend Schritte und tausend Tode eines 4P-Redakteurs in Counter-Strike 2
Andererseits schob man mir jüngst im Gespräch die Info zu: Counter-Strike 2 ist ganz kostenfrei. Also, wieso trotz Mehrspieler-Aversion nicht eine Partie wagen? Gedacht, getan – und geballert. Dust 2 ist selbst mir als absolute CS-Nulpe natürlich als legendäre Karte altbekannt. Nicht gefasst hingegen war ich darauf, wie schick der Map-Klassiker dank Source 2 mittlerweile daherkommt. Und spielerisch? Nimmt mich CS2 sanft und sorgfältig an die Hand, schlägt mir eine Partie klassisches Counter-Strike nach dem Prinzip Terroristen gegen Anti-Terroristen vor – mit computergesteuerten Bots.
Dankend nehme ich die Trainingseinheit an, werde unvermittelt auf Dust 2 geworfen, mit einer Waffen- und Rüstungsauswahl überfordert. Ein Timer läuft runter, ich muss mich für passende Meuchelpuffer entscheiden. Spoiler-Alert: Als meine Favoritin aus dem Waffenpark sollte sich hurtig die SG 553 herauskristallisieren. Aber das hier ist ja ein launiger Erfahrungsbericht und kein Gunplay-Liebesbrief.
Also: Die Partie geht los. Geht los, genauso wie die markant hallenden Schritte von mir und meinen Bot-Mitstreiter*innen. Sofort zuckt die Erinnerung aus meinem Muskelgedächtnis: Das Lauschen und Orten dieser Schrittfolgen ist ein zentrales Gameplay-Element. „Wenn Schuhsohlen taktisch wertvoll werden“, denke ich – und werde prompt von einem Bot-Boliden des gegnerischen Teams niedergemäht. Ärgerlich. Aber untypisch für meine darauffolgenden, 30 Minuten mit CS2.
Bot-Kanonenfutter vs. menschliche Gegner – ein Unterschied wie GoldSrc und Source 2
Verglichen mit einer Rapid-Trigger-geschulten E-Sportlerin habe ich vermutlich die Reflexe eines im Matsch versinkenden Kaffernbüffels. Aber ganz ungeschult bin ich an Ego-Shootern nicht. Und so bürste ich die Bot-Pappenheimer Reihe um Reihe weg, verliere mich im Taktieren, wegducken, Blendgranaten werfen und Feuersalven verteilen – merke abrupt: Das macht ja Laune! Siegesgewiss und mich selbst überschätzend, wechsle ich nun ins Gelegenheitsspiel – und lerne die Bedeutung des Begriffs Headshot-Hölle neu.
Okay, vielleicht übertreibe ich mit einem Superlativ wie Headshot-Hölle. Vielleicht treffen es Begriffe wie Headshot-Inferno oder Kopfschuss-Katastrophe besser? Jedenfalls, ich lasse mich wie gesagt zum Gelegenheitsspiel auf eine Map schubsen – und zwar die Karte Train. Jetzt endlich liefert Counter-Strike 2 wirklich Spiel, Spaß und Gunplay-Karacho. Dafür rafft es mich auch deutlich häufiger nieder als gegen KI-Kolleg*innen.
Aber gar nicht mal so häufig, wie ihr das von einem CS2-Frischling erwarten würdet. Klar, die anderen Spieler*innen sind auch nicht unbedingt E-Sport-Weltmeister*innen. Ein virtueller Terrorist, der, hinter einem Güterwagon kauernd, die Bekanntschaft mit meinen Doppel-Berettas machte, wird das bestätigen können. Aber Flachs beiseite: Dust 2 und Train haben mir dermaßen Spielspaß bereitet, dass ich direkt eine Partie auf Anubis nachgeschoben habe. Und ich orakele mal: Mit dieser meiner einstündigen Liaison mit Counter-Strike 2 wird es nicht bleiben.
Quake 3 Arena, Unreal Tournament 2003 und jetzt Counter-Strike 2. Zwischen meiner letzten und jetzigen Multiplayer-Shooter-Erfahrung liegen knapp 20 Jahre. Aber hey, ich habe die 60 Minuten Counter-Strike 2 gründlich goutiert, werde das tunlichst wiederholen. Schön war’s. Und noch schöner darf’s gerne werden. Als abschließende Randbemerkung notiert: Durch mein Stündchen mit CS2 fällt mein Gunplay im Fan-Remake von Half-Life: Blue Shift jetzt deutlich knackiger aus. Aber Black Mesa: Blue Shift ist sowieso ein Spiel, dass ihr ziemlich zügig selber ausprobieren solltet.
Quellen: Steam, YouTube / @Valve