Die 11 bit studios sind mittlerweile nicht nur ein Spiele-Entwickler (Anomaly, This War of Mine, Frostpunk), sondern fungieren auch als Publisher für ausgewählte Spiele von anderen Studios wie Fool’s Theory, Digital Sun oder Dead Mage. Erst Anfang Juli wurde mit „Ava“ ein neues Publishing-Vorhaben in Zusammenarbeit mit den beiden spanischen Studios Chibig (Summer in Mara) und Inverge (Effie) angekündigt. Insgesamt investieren sie 6,3 Mio. Dollar in die vier Publishing-Projekte (Ava, Project Vitriol von Fool’s Theory und Project Botin sowie Project Foxhole von Digital Sun). In einem Interview haben wir mit Pawel Miechowski (Partnerships Manager) über den Publishing-Ausbau, die Spiele-Auswahl und das Wachstum des Studios im Allgemeinen gesprochen.
4Players: Woran arbeiten die internen 11-bit-Entwicklungsteams aktuell?
Pawel Miechowski: Drei neue Spiele. Wir haben drei unabhängige Teams, die an verschiedenen Projekten arbeiten – also ist das eine ziemliche Herausforderung für uns, aber ich hoffe, die Spieler wissen inzwischen, dass sie von uns etwas Einzigartiges erwarten können, aber vielleicht nicht so deprimierend wie This War of Mine oder Frostpunk 🙂
Anmerkung: Die drei Projekte tragen die Codenamen Project 8, Eleanor und Dolly. Die Frostpunk-Erweiterung On the Edge ist nicht inbegriffen.Das Budget für die Produktion der drei Titel liegt bei ca. 15 Mio. Dollar.
4Players: Das Studio ist in den letzten Jahren bestimmt größer geworden. Wie viele Mitarbeiter sind aktuell bei Euch tätig und in welchen Bereichen?
Pawel Miechowski: Intern sind es 140 Personen. Es gibt die Verwaltung, das QA-Team, das IT-Team, den Vorstand und das Finanzteam, das Publishingteam (einschließlich der Marketing-Leute, die für alle Projekte arbeiten, sowohl intern als auch mit den externen Partnern) und vor allem – drei Entwicklungsteams. Die Entwicklungsteams werden auch vom Engine-Team unterstützt, also den Jungs, die ausschließlich an unserer Engine arbeiten. In den letzten Monaten haben sie praktisch eine neue Engine entwickelt, aber das ist eine andere Geschichte …
4Players: Wie international ist das Team?
Pawel Miechowski: Zu diesem Zeitpunkt müssten es etwa zehn Prozent des Teams sein – und es wird immer internationaler.
4Players: Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, auch als Publisher tätig zu sein?
Pawel Miechowski: Das war eine ganz naheliegende geschäftliche Entscheidung. Als Self-Publishing-Team haben wir die Erfahrung gesammelt, wie es ist, alles von A bis Z selbst zu machen – Marketing, PR, Qualitätssicherung, Vertriebspartnerschaften und so weiter. Der nächste Schritt war, dass wir in der Lage waren, ein noch größeres Netzwerk von Entwicklern zu schaffen, die die gleiche Vision wie wir teilen oder das gleiche künstlerische Gespür für Spiele wie wir haben, aber einen Marketingpartner oder finanzielle Unterstützung brauchen.
Noch wichtiger ist, dass wir als Entwickler selbst genau wissen, was andere Entwickler brauchen und welche Art von Unterstützung erforderlich ist – und dass wir das allgemeine Know-How haben, was für einen Entwickler von Vorteil ist. In der Vergangenheit habe ich mit vielen Publishern gearbeitet und die Erfahrungen waren gewissermaßen sehr vielfältig. Nun, da wir in erster Linie Entwickler sind, wissen wir einfach, was andere Entwicklerteams brauchen.
Das hat in der Vergangenheit wirklich gut funktioniert. Digital Sun Games zum Beispiel, ein fantastisches Team aus Valencia (Spanien), war mit unserer Zusammenarbeit bei Moonlighter sehr zufrieden. Sogar so sehr, dass wir mit ihnen an einem neuen Projekt arbeiten …
4Players: Die anhaltende Versorgung Eurer Spiele mit Updates/Patches/Inhalten war bei Moonlighter und Children of Morta sehr auffällig. Wollt Ihr diesen Weg weitergehen?
Pawel Miechowski: Auf jeden Fall und diesen Weg wollen wir auch für unsere eigenen Spiele beschreiten. Frostpunk erhielt eine Menge kostenloser Updates in den Jahren 2018 und 2019, gefolgt von großen kostenpflichtigen Erweiterungen. Das ist eine Art 11-bit-Wahrnehmung von „Games as a Service“. Ein Kunde kauft unser Spiel und ist hoffentlich zufrieden, aber später liefern wir neue Inhalte, neue Mechaniken und mehr. Wir sehen unsere Spiele als eine Erfahrung, die wächst, sich verändert und den Spielern mehr Wendungen und Variationen bietet.
4Players: Die anhaltende Versorgung mit Patches, DLCs und Co. erhöht natürlich auch die Lebensdauer und die Sichtbarkeit der Spiele …
Pawel Miechowski: Ja, das stimmt! Aus geschäftlicher Sicht funktioniert es wirklich gut. Im digitalen Zeitalter kann sich ein Spiel über eine sehr lange Zeit verkaufen [Long-Tail], bei verschiedenen Werbeaktionen mitmachen, mit verschiedenen Rabatten angeboten werden und so weiter. Daher ist es auch sinnvoll, ein Spiel ständig weiterzuentwickeln und mit neuen Levels, Mechaniken, Charakteren usw. zu ergänzen. Und manchmal probiert ein Kunde ein Spiel einmal aus und kommt später erneut zurück, um zu sehen, was neu ist und kauft es erst dann, wenn er/sie sieht, dass es mit coolen neuen Inhalten erweitert wurde.
4Players: Ihr seid nach eigenen Aussagen ja sehr wählerisch bei der Auswahl der Spiele, die ihr unterstützt und vertreibt. Wie geht Ihr bei der Auswahl der Titel vor? Ihr bekommt sicherlich Dutzende von Game Pitches …
Pawel Miechowski: Ja, wir sind aus zwei Hauptgründen ziemlich wählerisch. Erstens muss das Spiel zu unserer Philosophie passen und der Vision einer bedeutungsvollen Unterhaltung entsprechen, über die wir schon gesprochen hatten (zum Interview, Teil 1). Zweitens müssen wir den Titel wirklich verstehen und eine echte Begeisterung haben. Wir müssen natürlich das Ziel der Entwickler nachvollziehen und wissen, was sie erreichen wollen. Wenn diese Voraussetzungen sozusagen erfüllt sind, geht alles tendenziell reibungslos vonstatten, anders als in einer Situation, in der wir einfach einen Titel auswählen würden, um ein Portfolio aufzubauen. So arbeiten wir nicht. Es muss nicht nur auf der Seite der Entwickler, sondern auch auf unserer Seite eine Leidenschaft für das Spiel herrschen.
4Players: Könnt Ihr schon etwas zu den neuen Projekten von Fool’s Theory und Digital Sun sagen? Und wenn nicht, wie sieht funktioniert die Zusammenarbeit mit den Studios.
Pawel Miechowski: Nein, im Moment sind diese Projekte noch geheim (…) Es sind talentierte und sehr nette Leute (Grüße an Javi und Ruben!), daher ist es unsere Aufgabe, den Veröffentlichungsprozess so einfach wie möglich zu gestalten, damit wir alle mit dem Geschäftsergebnis zufrieden sind.