Auf der gamescom 2019 hat CD Projekt Red erneut die live (mit Controller) vorgespielte E3-Demo von Cyberpunk 2077 präsentiert. Während im Business-Bereich der Messe die Demonstration knapp 45 Minuten dauerte, war im Publikumsbereich eine verkürzte Version zu sehen. Obgleich es spielerisch keine Neuigkeiten zu vermelden gab und ich stattdessen auf Michaels Vorschau von der E3 2019 verweisen möchte (zur Vorschau), deren Eindruck ich weitgehend teile, gab es eine große Neuerung gegenüber der E3, und zwar wurde auch eine frühe Iteration der deutschen Übersetzung vorgeführt. Da ich ebenfalls die englische Version kenne, fällt der Vergleich nicht schwer. Die deutsche Übersetzung ist der englischen Fassung unterlegen, aber CD Projekt Red betonte mehrmals, dass die Übersetzungsbemühungen noch in einer frühen Phase seien und extra für die gamescom beschleunigt wurden.
Sehr schön ist jedenfalls, dass sie mit Benjamin Völz die (bekannte) deutsche Stimme von Keanu Reeves gewonnen haben. Reeves verkörpert die Rolle von Johnny Silverhand im Spiel. Seine Figur hat die zweitgrößte Anzahl an Dialogzeilen in Cyberpunk 2077 – lediglich Hauptfigur V hat mehr zu sagen. Völz spricht die Rolle gewohnt souverän und ja, es wird ordentlich und viel geflucht von „Schlampe“ bis „die haben uns gefickt“. Dennoch passt der derbe Tonfall zur Welt. Sehr lobenswert ist auch, dass viele Eigennamen und Cyberpunk-Begriffe nicht übersetzt wurden. Netrunner sind auch in deutschen Version Netrunner und keine „Netzläufer“ oder sowas. Außerdem trifft man auf die Voodoo-Boys, die Animals und Co. Hier stimmt es mit der sprachlichen Kohärenz. Außerdem sprechen nicht alle Figuren in der deutschen Version tatsächlich die deutsche Sprache. Eine betagte Frau singt zum Beispiel in ihrer Muttersprache und ein implantierter Übersetzer im Schädel von V übersetzt den Songtext fast in Echtzeit via Untertitel. Placide, ein laufender Muskelprotz und Nummer 2 bei den Vooodo-Boys, spricht auch in Deutsch mit derben haitianischen Akzent, nutzt viele abgekürzte Wörter und französische Fragmente. Das Haitianische als (französischbasierte) Kreolsprache fügt sich sehr stimmig in die Welt ein.
Abgesehen von einigen Rechtschreibfehlern und wenigen ungünstigen Übersetzungen in den deutschen Texten fand ich den Synchronsprecher der männlichen Version von V nicht immer völlig überzeugend. Manche Dialogzeilen hätten ruhig energischer und akzentuierter vorgetragen werden können – andererseits könnte es auch an der Sound-Abmischung gelegen haben, denn gelegentlich war die Kulisse wesentlich lauter und dominanter als V. Die weibliche Version von V hatte in ihrer Rolle aus Haudrauf-Kämpferin sprachlich besser überzeugt. Schlecht ist die deutsche Version keinesfalls, nein, aber im Vergleich zu der englischen Fassung zieht sie den Kürzeren. Bis zur Veröffentlichung von Cyberpunk 2077 am 16. April 2020 ist noch viel Zeit zur Verbesserung der Lokalisierung, wobei man bei der finalen Version dann frei aus verschiedenen Synchronisierungen sowie optionalen Untertiteln wählen und diese auch je nach Vorliebe kombinieren kann.
Übrigens: Es wäre schön, wenn CD Projekt Red noch einige Verbesserungen an den Laufanimationen von Nicht-Spieler-Charakteren in der Spielwelt vornehmen könnte, denn in einem belebten Bereich in Pacifica fiel auf, dass viele männliche und weibliche Figuren die gleichen Laufanimationen der Marke „mit Hüftschwung“ und „ich bin ein Muskelberg und schwinge die Schultern“ hatten. Etwas mehr Vielfalt darf es in der finalen Version gerne sein – außer bei den „Animals“, bei denen passt der „Muskelberg-Laufstil“ ziemlich gut. Die Welt von Cyberpunk 2077 ist so überwältigend, so gut gestaltet und so detailreich, dass solche Kleinigkeiten schon negativ auffallen – danke für den Tipp an eine Person aus dem PR-Bereich.
Im Anschluss an die Präsentation hatten wir die Gelegenheit ein Interview mit Miles Tost (Senior Level Designer) zu sprechen, der praktischerweise unsere Fragen in deutscher Sprache beantworteten konnte. Wir fragten ihn unter anderem, ob Cyberpunk 2077 überhaupt noch dem großen Hype gerecht werden könne. Weiter geht es mit der Objektifizierung und der Entmystifizierung des Körpers in der dystopischen Spielwelt, die allem Anschein nach nicht mehr so stark gewollte Nacktheit von Charakteren als Reaktion auf die Präsentation im vergangenen Jahr (verpixelte Genitalien) und das gezielte Aufgreifen von heiklen, aktuellen Themen wie die Hypersexualisierung von Menschen in der Werbung.
Am 30. August 2019 um 20:00 Uhr (MESZ) wird auf den offiziellen Twitch– und Mixer-Kanälen von CD Projekt Red übrigens ein Livestream ausgestrahlt, in dem ein 15-minütiger Zusammenschnitt von dem Material gezeigt wird, das auf der E3 2019 und der gamescom 2019 präsentiert wurde. „Erwartet jede Menge Einblicke in die Schaffungsprozesse und kreativen Entscheidungen, über Pacifica – einen der Distrikte von Night City – und haufenweise Eindrücke zu verschiedenen Spielstilen, die ihr in Cyberpunk 2077 wählen könnt, sobald es nächstes Jahr erscheint“, versprechen die Entwickler.
Last but not least ist ein weiterer Song von der Band Samurai veröffentlicht worden. Samurai ist eine fiktionale Band im Rollenspiel Cyberpunk 2020 mit Johnny Silverhand (verkörpert von Keanu Reeves) als Sänger. Wie schon bei „Chippin‘ In“ wird der Song „Never Fade Away“ von der schwedischen Punkrock-Band „Refused“ in Zusammenarbeit mit CD Projekt Red zum Leben erweckt.
Das Game ist natürlich gekauft, aber dieser Samurai-Song klingt wirklich sehr beliebig...
Bei der Mass Effect Reihe fiel mir das nicht so auf, aber die waren auch leicht anders inszeniert. Und ich war beim Spielen auch anders drauf.
Ich denke auch nicht, dass das bei Cyberpunk für mich ein KO Kriterium wäre. Da gewichte ich andere Dinge deutlich höher.
Natürlich ist das normal, dass man Dinge recycled. Alles andere wäre Wahnsinn.
Zwanghaft Unterschiede einbringen muss auch nicht unbedingt erfolgreich sein, wenn ich mir Sacred so ansehe. All die Mühe, den Charakteren andere Bewegungen und MoCap Leute zu geben, nur damit der Dunkelelf mit Stock im Hintern rumläuft.
Ich würde Cyberpunk nicht spielen wollen, um zu Immersieren, da für mich schlicht nicht möglich, demnach wären die Laufanimationen für mich keinerlei Problem, dennoch erkenne ich eben jenes, wenn ein Spieler viel Wert auf Immersion legt.
Mich stört das bei diversen BioWare-Spielen, seit Dragon Age Origins hat BioWare für nahezu alle seitdem erschienenen Spielen (bis hin zu Andromeda) viele Hand- und Körperbewegungenbewegungen wiederverwertet, ich habe in DA Inquisition zum Beispiel viele Bewegungen aus Mass Effect 1-3 wiedererkannt, das stört mich dann schon etwas mehr als Laufanimationen, denn Cut Scenes sind zum Beispiel durchaus wichtig für die Story und wenn man da dann Charaktere immer wieder die gleichen Bewegungen abspulen sieht, welche man schon ausfrüheren Titeln kennt, kann das tatsächlich stören, auch dann, wenn man nicht unbedingt auf Immersion aus ist.
Dennoch habe ich immer im Hinterkopf, dass es bei großen Spielen normal ist, Animationen wiederzuverwerten, denn das ergibt aus wirtschaftlicher Sicht durchaus Sinn.
Das kann ich sehr gut verstehen, sofern man auf so etwas Wert legt.
Und soweit ich weiß, hat CDPR mit Cyberpunk ja den Anspruch, ein sehr immersives RPG-Erlebnis bieten zu wollen, ergo hätte man da als Entwickler durchaus dran denken können.<br...