Veröffentlicht inNews

Cyberpunk 2077 – gamescom-Eindruck und Interview: Gewalt, Nacktheit, Immersion, Perspektive und Übersetzung

gamescom-Eindruck und Interview: Gewalt, Nacktheit, Immersion, Perspektive und Übersetzung

© CD Projekt RED / Bandai Namco Entertainment Europe

CD Projekt RED zeigte auf der gamescom 2018 eine angepasste und leicht modifizierte Version der E3-Demo von Cyberpunk 2077, weswegen ich inhaltlich an dieser Stelle auf die E3-Vorschau von Michael verweisen möchte (zur Vorschau). Bei mir hat die live vorgespielte Demo jedenfalls mächtig Eindruck hinterlassen und gerade in den ersten Minuten der Präsentation wurde ich von der fantastisch gestalteten und stark belebten „Night City“ schon fast überwältigt.

Es gab so viel zu sehen, so viel Leben in den virtuellen Straßen der dystopischen Zukunftsmetropole und so viele kleine Details in den 50 Minuten zu beobachten, dass man vieles beim ersten Mal gar nicht richtig erfassen konnte. Die Detailverliebtheit war phänomenal – seien es die actionreichen Gefechte mit zerstörbaren Wänden, die dargestellte Kompromisslosigkeit gegenüber dem menschlichen Körper und die vielen kleinen technischen Spielereien, wobei die kybernetischen Implantate im Prinzip erst die Interface-Elemente der Benutzeroberfläche erzeugen (z. B. beim Scannen von Charakteren). Die gezeigte Questreihe bot auch mehrere Entscheidungsmomente und ruhigere Passagen, die angedeutet haben, wie viele (politische) Konflikte, Interessensgruppen und Freaks es in der Megametropole gibt. Es war wirklich ein Ausflug in eine andere Welt – und zwar eine überaus glaubhafte, die bedrohlich wie faszinierend wirkte. Einfach großartig – soweit mein Ersteindruck.

Im Anschluss an die Präsentation hatte ich die Gelegenheit mit Philipp Weber (Senior Quest Designer) über das Großprojekt der Witcher-Macher zu sprechen. Zunächst fragte ich ihn, ob sie damit gerechnet hätten, dass die Ego-Perspektive auf so viel Gegenwind stieß. Weber meinte, dass sie gewusst hätten, dass die Entscheidung auf die Verfolgerperspektive zu verzichten (außer bei Autofahrten) nicht überall auf Gegenliebe stoßen würde, aber die Intensität der Kritik hatte sie doch überrascht. Dennoch würden sie voll und ganz auf die Ich-Perspektive setzen, weil es für das Spiel und das Szenario wichtig sei und Sinn ergeben würde.

meinte jüngst Quest Designer Patrick Mills zur Third-Person-Ansicht.

Außerdem wird man die Modifikationen des Körpers durch technische Apparaturen aus dieser Sichtweise besser erleben können. So sieht man direkt zu, wie am „eigenen Charakter“ gearbeitet wird und diese Prozedur soll laut seinen Ausführungen wesentlich intensiver sein, als wenn man nur von „außen“ zusehen würde. In der Demo besuchte Hauptfigur V zum Beispiel einen Ripperdoc, um weitere Augmentationen zu erhalten. V (weiblicher Charakter) setzte sich in einem Stuhl, ihr rechter Arm wurde festgeschnallt und dann begann eine Maschine mit vielen kleinen Nadeln damit, eine bessere Waffenhalterung (höhere Präzision) an der rechten Hand anzubringen, was einige Zeit dauerte. Währenddessen machte der Ripperdoc eine neue Augenprothese startklar und schaltete vorher das aktuelle „Augenlicht“ ab. Schwarzbild. Danach setzte er das neue Auge auf ein Gerät, das einen halben Meter entfernt von V stand und bereitete die Verbindung mit V vor bzw. kalibrierte das Auge. Als er damit fertig war, war das „Bild“ wieder da, nur diesmal aus der Perspektive des Auges in dem Kalibrierungsapparat. Man sieht den Körper von V also von außen. Im Anschluss nahm der Ripperdoc das Auge in die Hand und setzt es in den Schädel des Hauptcharakters ein – und aus der Ego-Perspektive ist man bei diesem Transfer live dabei.

[GUI_600SCREENSHOT(setid=84020,id=92567377,linktext=Der Ripperdoc versorgt V mit Augmentationen.)]
Daraufhin fragte ich Philipp Weber, ob jeder „Einbau“ von neuen Implantaten oder Augmentierungen immer so aufwändig zelebriert werden soll. Er meinte, dass gerade die ersten Aktionen des Ripperdocs auf diese Art und Weise gezeigt werden sollen. Wenn man später Veränderungen bereits bekannter Bausteine verändern möchte, kann man die „Umbausequenzen“ überspringen, damit diese sich nicht zu häufig wiederholen.

Modifikationen und vielmehr die Aufweichung der Unversehrtheit des Körpers sind ohnehin ein zentrales Thema in Cyberpunk 2077, erklärte Weber, weswegen sie sich entschieden haben, sowohl die Gewaltdarstellung (Körperteile können abgetrennt werden) als auch die Nacktheit (inkl. primärer Geschlechtsmerkmale) explizit zu zeigen. In Cyberpunk 2077 ist der Körper nichts Heiliges mehr. Er ist vielmehr ein Objekt, was man bereits am Anfang der Demo sah, als eine nackte Frau in einem Pool gefunden wurde. Allem Anschein nach hatten irgendwelche Banditen sie entführt, ihre wertvollen kybernetischen Implantate gestohlen und sie hilflos/sterbend zurückgelassen. Als Spieler konnte man die Frau auf einen Balkon tragen, von wo sie von der militärisch hochgerüsteten Medizinversorgungselite abgeholt wurde. Ob sie in der finalen Version bezüglich der Gewaltdarstellung (z. B. in Deutschland) oder der Nacktheit (z. B. in den USA) Probleme mit den Altersfreigaben bekommen werden, ist natürlich nicht abzusehen, aber sie wollen zunächst ihre künstlerische Vision umsetzen – und erst danach und nur ungerne irgendwelche Anpassungen vornehmen. Sie würden Gewalt und Nacktheit nicht als Selbstzweck benutzen, sondern weil es wichtige Elemente im Cyberpunk seien.

[GUI_600SCREENSHOT(setid=84020,id=92567378,linktext=Das medizinische Versorgungsteam für die Upper Class.)]
Zum Themenbereich „Fahrzeuge“ sagte Weber, dass man „Night City“ frei mit den Vehikeln erkunden bzw. die Straßen frei befahren könne. Ob sich die Fahrzeuge individuell anpassen und modifizieren lassen, dazu wollten die Entwickler derzeit keine Aussagen machen. Noch nicht endgültig klar sei ebenfalls, ob man „fliegende Fahrzeuge“ steuern kann. Das Fliegen würde zwar irgendwie zur Vertikalität der Stadtarchitektur passen, aber viele Aufgaben oder Quests könnten aus der Luft „zu leicht“ oder manche Mechaniken umgangen werden (Stichwort: Exploit).

Cyberpunk 2077 soll aufwändig und komplett ins Deutsche übersetzt werden. Bei der Lokalisierung und der Zusammenarbeit mit den Übersetzungspartnern wollen sie besonderen Wert darauf legen, dass sie keine stumpfe 1:1-Übersetzung hinlegen – gerade bei Eigenamen oder technischen Elementen. Viele Fachbegriffe wie zum Beispiel „Braindance“ (digitale Aufnahmen von Erlebnissen einer Person, die von anderen Personen abgespielt und selbst erlebt werden können) sollen möglichst nicht verändert werden, während „kybernetisch“ als Übersetzung für „cybernetic“ durchaus angemessen sei. Spezielle Begriffe und Sprachstile seien wichtig für die Welt und schlechte Übersetzungen könnten der Immersion schaden.

Last but not least wird man auch den Randgebieten von Night City, die aus acht unterschiedlichen Distrikten bestehen wird, einen Besuch abstatten können, diese sind wohlmöglich weit weniger urbanisiert.

[GUI_EMBEDED_VIDEO(streamingid=130947,width=640,height=386,name=E3-Trailer_2018″>

  1. adventureFAN hat geschrieben: 28.08.2018 11:05 Weil ja nur die Grafik The Witcher 3 ausmacht... oh man ey.
    Die Story fand ich jetzt nicht wirklich außergewöhnlich in diesem Hexerteil. Der beste Hexer ist für mich immer noch Teil 1, Teil 2 war zu linear und Teil 3 zumindest in meinen Augen durch die Open World zu überladen.
    In Sachen Gameplay bzw. Combatgameplay waren sie alle 3 scheiße und nervig.

  2. MrLetiso hat geschrieben: 24.08.2018 21:10
    SHADOW6969 hat geschrieben: 24.08.2018 21:03
    MrLetiso hat geschrieben: 24.08.2018 20:28 Ich will CDPR ja keine Kompetenz absprechen.
    Aber erinnert sich noch jemand an die präsentierte Grafik von TW3?
    Ne wurde da auch mehr präsentiert als letzendlich geboten wurde?
    Es sah nur alles viel hübscher aus. Googel einfach "The Witcher 3 E3 vs Release"
    Oh ja, ich erinnere mich. Diese wunderbare Weitsicht, die man im Trailer hatte. Die sah doch recht schlecht aus im Endprodukt. Hätte das Spiel die Trailergrafik gehabt, ich hätte es vielleicht sogar durchgespielt.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1