Als Ethan Evans, Executive Vice President von Twitch Prime, in einem Vortrag auf der devcom über die Zukunft des Streamings im Spielebereich sprach, hätte man gut und gerne „Dauerwerbesendung“ über der Bühne einblenden können. Natürlich geht des den Sprechern der Entwicklerkonferenz fast immer auch um das Vorstellen aktueller Projekte oder Dienste. Evans wies allerdings ungewöhnlich ausführlich auf die Möglichkeiten hin, mit denen Entwickler ihre Spiele in Twitch einbinden können. Doch dazu später mehr.
Zunächst einmal umriss der Twitch-Mann, welche Rolle das Streamen inzwischen spielt, indem er eine bemerkenswerte Hausnummer nannte: 630 Mio. Stunden lang wurden alleine in diesem Jahr Twitch-Streams zu Fortnite geschaut. Letztendlich ging es Evans aber gar nicht um die Zahl, sondern die Tatsache, dass Spiele über das Streaming auch an ein Publikum herangeführt würden, das nicht aus Spielern besteht.
Als Folge dessen sollten heutige Entwickler u.a. darauf achten, dass sich ein Spiel nicht nur gut spielt, sondern dass es auch interessant zum Zuschauen ist. Genauer gesagt sollte es drei Kriterien erfüllen: Es soll dem Streamer erlauben, sich kreativ auszudrücken (Evans untermalt das mit einer individualisierten Siegerpose des im Bild eingeblendeten Streamers), es sollte ein kompetitives Element enthalten, da Multiplayer-Titel bedeutend länger aktuell sind und neue Spieler anziehen als erzählstarke Abenteuer, deren Geschichte sich viele Zuschauer nur einmal ansehen, und es sollte den Anreiz wecken das nachzuahmen, was Streamer vormachen.
Wie genau man Letzteres erreicht, erläutert Evans nicht, doch vor allem für jüngere Spieler seien Streamer Vorbilder, denen sie naturgemäß nachahmen wollen. Abgesehen davon wären Zuschauer oft motiviert, gute Aktionen eines Streamers nachzuahmen, was sie wiederum ans Spiel bindet.
Diese Bindung der Zuschauer ist für Evans, also Twitch, wohl ein wichtiges Ziel, denn der Vizepräsident hebt sie mehrfach hervor, um das Interesse der Entwickler im Publikum wecken. Immerhin erlaubt Twitch über so genannte Extensions das schnelle Verbinden von Zuschaueraktionen mit Aktionen im Spiel. In PUBG können Zuschauer über eine solche Extension etwa Beutekisten aufmachen und deren Inhalt ihrem eigenen Inventar zufügen. In FIFA sowie anderen Titeln gibt es hingegen die Möglichkeit auf das Ergebnis einer Partie zu setzen.
Abgesehen davon hätten Entwickler die Möglichkeit über Amazon Prime Inhalte anzubieten, was im Fall von Warframe u.a. dazu geführt habe, dass zahlreiche ehemalige Spieler zurückgekehrt sind und verschiedene Inhalte gekauft hätten. Warum Evans das erwähnt? Twitch gehört dem Online-Händler, was entsprechende Verbindungen ermöglicht.
Natürlich soll der Konsument letztlich auch zum Anbieter werden. Jeder einzelne Streamer wird sicherlich aus statistischer Sicht ein gewisses Potenzial mit sich bringen, selbst auf seine Weise mehr oder weniger zum Publikumsmagnet zu werden, welcher wiederum Bits spendiert bekommen kann, an welchen sich letzten Endes Twitch selbst erfreut. Es ist ein ganz schlichtes Schneeballsystem.
Alles in Allem liest sich dieser Artikel nicht so, dass mögliche Zukunftsszenarien dargelegt werden, sondern viel mehr als eine Darlegung über das, was Evans sich als Unternehmer zwecks Gewinnmaximierung ganz einfach wünscht. Ich persönlich kann den Artikel unter Bezugnahme auf die Überschrift so jedenfalls nicht ernstnehmen.