In vielen Strategie- und Aufbauspielen mit Mittelalter-Setting wie Age of Empires oder der Anno-Reihe seid ihr Erbauer und Verwalter eurer Stadt, eures Heeres, eures Reiches. In Manor Lords ist es nicht viel anders: Ihr überblickt und lenkt die Geschicke eures Volks von der Position des Statthalters, vielleicht sogar eines Monarchen.
Was das von Solo-Entwickler Slavic Magic erschaffene Spiel anders und fast einzigartig macht, ist der realistische Fokus auf die hart schuftende Arbeiterklasse, zu der im Mittelalter so gut wie jeder zählte. Deren Abbildung sei sehr akkurat, wie eine Historikerin, die sich intensiv mit dem Spiel beschäftigt hat, nun bestätigt.
Manor Lords: Realistische Herausforderung in der Agrarwirtschaft
Es dauert seine Zeit, um in Manor Lords eine funktionierende Handelskette aufzubauen. Allein eine mittelgroße Stadt nur mit den Früchten der Arbeit aus eigenen Reihen zu versorgen, ist schwer genug. Zum Glück bietet das Spiel einen Modus, in dem ihr euch nicht mit den Angriffen feindlicher Heere auseinandersetzen müsst, sondern euch einfach nur auf das Wachstum eurer eigenen Gemeinschaft konzentrieren könnt. Mittelalterforscherin Emily Price, die freiberuflich für PC Gamer schreibt, hat einige Zeit in Manor Lords verbracht und ist beeindruckt davon, wie realistisch das Leben der Menschen in dieser Zeit portraitiert wird.
„Arbeiter in der Landwirtschaft haben den überwiegenden Anteil der Bevölkerung im Mittelalter ausgemacht“, so Price. Dies sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass es eben eine Menge Arbeit erfordert hätte, um Essen zu produzieren. „Manor Lords hat verstanden, wie viel Arbeitskräfte es für Produktionsketten benötigte. Farmen und Märkte mussten groß sein, um effizient zu sein; Lieferwege entsprechend kurz. Relevante Gebäude nah aneinander zu bauen ist auch im Spiel essenziell, um erfolgreich zu sein.“
Äußere Einflüsse auf die Bevölkerung stark spürbar
Ein Problem sei für sie während der Kampagne gewesen, erst einmal genügend Familien und damit potenzielle Arbeiter in der eigenen Stadt anzusiedeln und irgendwann so viel produzieren zu lassen, um mehr als sich selbst zu versorgen. Vor allem stellt Price jedoch heraus, dass Jahreszeitenwechsel und Wetterumschwünge einen nachvollziehbaren Effekt auf die Bevölkerung haben. Zur Erntezeit im September arbeiten sie mehr, im Winter dagegen weniger, sind jedoch bei Kälte und Nässe anfälliger für Krankheiten. Die Menschen spüren, wenn der Frühling in der Luft liegt, gehen zu Feierabend in die Taverne oder lästern hinter vorgehaltener Hand über die Nachbarn.
„Die Repräsentation von Agrarkultur des Mittelalters ist eine starke Errungenschaft in dem Spiel“, meint Price. „Beeindruckender finde ich jedoch, dass die mittelalterliche Bevölkerung besser dargestellt ist als in den meisten Spielen – vielleicht sogar, als in den meisten Medien.“ Sie wünscht sich, dass die als Dunkles Zeitalter verschriene Ära häufiger als nicht allzu simpel dargestellt wird.
Derzeit befindet sich das Strategiespie noch im Early Access, wird aber von Slavic Magic, der sich auch im regen Austausch mit seiner Community befindet, regelmäßig mit Updates bespielt. Der letzte Patch zu Manor Lords zum Beispiel machte Handelsposten effizienter und dämmte übermäßigen Alkoholkonsum ein.