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Unter- statt überrepräsentiert? Studie bemängelt zu wenig Videospiel-Content für queere Community

Nur 2% der Videospiele haben LGBTQ-Inhalte

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In Videospielen wollen wir in fremde und bisweilen fantastische Welten eintauchen, spannende und wendungsreiche Geschichten erleben oder Charaktere auf einer Reise begleiten, die uns bewegt oder sogar emotional berührt. Die Immersion spielt immer öfter eine große Rolle und wir haben Spaß daran, wenn die von uns gespielten Figuren eine nachvollziehbare Motivation haben oder wir uns mit ihnen identifizieren können.

Aber gelingt dies immer glaubhaft? Wird die so facettenreiche, multikulturelle, bunte und offene Gesellschaft, die wir in den 2020er Jahren erleben, auch als solche repräsentiert? Es gibt auf jeden Fall Luft nach oben, wie ein Bericht der US-amerikanischen Interessensvertretung Glaad aufzeigt. Demzufolge hinke die Inklusion der LGBTQ-Community in der Gamingwelt im Vergleich zu anderen Medien stark hinterher. 

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Wird die LGBTQ-Community von der Spielebranche im Stich gelassen?

Glaad steht für Gay & Lesbian Alliance Against Defamation, zu Deutsch also etwa Schwule und Lesbische Allianz gegen Diffamierung. In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen für Datenanalyse Nielsen fand Glaad heraus, dass sich derzeit etwa 17 Prozent der Gamer der LGBTQ-Community zugehörig fühlen und dieser Anteil innerhalb der letzten drei Jahre um 70 Prozent gestiegen ist.

Der erste Report über die LGBTQ-Inklusion in Videospielen kommt jedoch zum Ergebnis, dass nur knapp zwei Prozent der Spiele mit dem Label LGBTQ-Content versehen sind. Dabei habe man die Bibliotheken der gängigen Konsolen sowie Steam unter die Lupe genommen; im PlayStation Shop seien demnach nur 90 Spiele mit einem derartigen Label gelistet, im Nintendo Switch eShop beispielsweise nur 50.

Ellie und Dina aus The Last of Us Part 2 sind vielleicht eines des bekanntesten homosexuellen Paare in der Videospielwelt.

Zum Vergleich zog Glaad die LGBTQ-Repräsentation in Filmen heran – so habe in Filmen der zehn größten Filmstudios und deren Tochterunternehmen im Jahr 2022 der Anteil der LGBTQ-Charaktere bei 28,5 Prozent gelegen. „Wir wissen natürlich, dass Videospiele ein anderes Medium sind als Film und Fernsehen und die Darstellung nicht auf jedes Spielegenre anwendbar ist“, heißt es vonseiten Glaads. „Aber heutzutage sind die Spiele oft reichhaltige Multimedia-Erlebnisse, die viele Aspekte des Worldbuildings, der Erzählweise und Charakterisierungen miteinbeziehen.“ Dass weniger als zwei Prozent der Spiele in den repräsentativen Bibliotheken auf LGBTQ-Inhalte setzen, „steht im Widerspruch zu den zeitgenössischen Medien; die Spielebranche lässt LGBTQ-Gamer und -Allies im Stich.“

Gleichgeschlechtliche Romanzen und nicht-binäre Charaktere

Gerade die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, dass es durchaus erfolgreiche und medienwirksame Spiele mit prominent besetzten LGBTQ-Charakteren gibt. Ellie aus The Last of Us Part 2 lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, im Game of the Year 2023 Baldur’s Gate 3 könnt ihr mit eurem Hauptcharakter, dessen Geschlecht ihr selbst wählt, homosexuelle Romanzen oder Beziehungen eingehen; auch in Cyberpunk 2077 oder der Mass Effect-Reihe war das bereits möglich. Der Multiplayer-Shooter Overwatch 2 hat zuletzt auch bisexuelle und nicht-binäre Charaktere eingeführt. Besonders gut eignen sich storybasierte Adventures wie

Life is Strange: True Colors

oder Goodbye Volcano High um entsprechende Charaktere in den Fokus zu rücken. Für Tell Me Why, dem ersten Spiel eines größeren Studios mit spielbarem Transgender-Charakter, arbeitete Entwickler Don’t Nod mit Glaad zusammen, um eine realistische Darstellung zu ermöglichen.

In Tell Me Why begleitet ihr Alyson und ihren transgeschlechtlichen Bruder Tyler auf einer emotionalen Reise in deren Heimatstadt.

Dass solche Spiele wichtig für die Community sind, zeigen folgende Zahlen: 72 Prozent der LGBTQ-Gamer fühlen sich besser, wenn sie Charaktere in Videospielen sehen oder kontrollieren können, die ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung entsprechen. Fast genauso viele wünschen sich, dass es mehr Spiele mit LGBTQ-Inhalten gebe – 63 Prozent geben sogar an, eher ein Spiel zu kaufen, wenn es die Option gebe, dass der spielbare Charakter schwul, lesbisch oder bisexuell sei, wohingegen es für 69 Prozent der Nicht-LGBTQ-Spieler keinen Unterschied hinsichtlich der Kaufentscheidung machen würde.

Auch wenn es also prominente Beispiele gibt, bleiben Spiele und besonders Titel von großen Studios, die Themen rund um LGBTQ repräsentieren, eher die Ausnahme, obwohl ein Großteil der Gamer diese Inhalte begrüßen oder zumindest nicht ablehnen würde. Die Zukunft wird zeigen, ob ein Bericht wie der von Glaad einen Einfluss haben wird. Erfolgreiche Serienadaptionen wie The Last of Us können dazu beitragen, dem Thema zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen.


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