Der Studio-Leiter der Striking Distance Studios, Glen Schofield, ließ sich am Wochenende auf Twitter zu fragwürdigen Äußerungen hinreissen, die unangenehm nachhallten. Inzwischen wurde der Tweet gelöscht und eine Klarstellung platziert.
Wenn ein Spiel rechtzeitig zum angepeilten Release fertig sein muss, dann steigt der Arbeitsaufwand diametral zur verbleibenden Zeit. Das geht natürlich auch den Striking Distance Studios so, die aktuell an der Fertigstellung des Horror-Actionspiels The Callisto Protocol arbeiten.
Schofield prahlt mit Überstunden
Sei es die Aufregung oder die Vorfreude auf das fertige Produkt, der Studioleiter verkündete am Wochenende mehr oder weniger stolz auf Twitter, dass die aktuellen Arbeitszeiten der Mitarbeiter an der 100-Stunden-Marke pro Woche kratzen. Dennoch sei jeder voll bei der Sache und würde mit sich mit viel Spaß und Freude daran ergötzen, dass bei ihnen aktuell nur Arbeiten, Essen und Schlafen auf der Agenda stehen würde.
Gerade im Zuge der prekären Situation und der allgemeinen Diskussionen über den ungeliebten aber auferlegten Crunch in zahlreichen Entwicklungsstudios war dieser Tweet sicherlich keine gute Idee. Das sah der Enthüllungsjournalist Jason Schreier vom Nachrichtendienst Bloomberg genauso und setzte mit einem Bild des inzwischen wieder von Schofield gelöschten Tweets eine wütende Diskussion in Gang, die sicherlich nicht unbegründet ist.
Denn auch wenn Schofield behauptet, dass seine Mitarbeiter mit großer Freude Blut schwitzen, um The Callisto Protocol rechtzeitig fertigzustellen, dann könnte man sicherlich davon ausgehen, dass innerhalb des Studios ein gewisser Zwang besteht, den Crunch mitzugehen. Es sei denn etwaige Boni oder Beförderungen spielen für den Mitarbeiter des Studios keine Rolle.
Schofield fühlt sich missverstanden
Anyone who knows me knows how passionate I am about the people I work with. Earlier I tweeted how proud I was of the effort and hours the team was putting in. That was wrong. We value passion and creativity, not long hours. I’m sorry to the team for coming across like this.
— Glen A. Schofield (@GlenSchofield) September 3, 2022
Mit dieser Art von Echo hätte Schofield zwar rechnen können, hat er aber nicht. Der Löschung seines etwas sonderbar anmutenden Beitrags folgte ein weiteres Statement, das versucht, der Diskussion und den daraus folgenden Anschuldigungen, etwas den Druck zu nehmen. Es sei mal dahingestellt, ob er seine vorherigen Aussagen mit dem neuen Tweet relativieren kann.
Neben all dem Brimborium gibt es aber auch erfreuliche Nachrichten zu The Callisto Protocol: Denn das Spiel ist so designed, dass weitere Kapitel ohne Weiteres nach dem Durchspielen der Hauptstory eingewebt werden können. So plant das Studio nach dem Release das Spiel bis zu vier Jahre mit neuen Inhalten zu versorgen und die Geschichte nach und nach weiterzuspinnen.
Noch ein Grund mehr darauf zu hoffen, dass die Horror-Hatz die baldige Prüfung seitens der USK unbeschadet übersteht. Denn sollte das Spiel in geschnittener Form erscheinen, kann man sich zwar recht einfach eine PEGI oder US-Version besorgen, um DLC-Pakete für eben diese Version herunterzuladen, wäre allerdings unnötiger Aufwand nötig.
Das Problem ist eben der von dir genannte Zwang, der entsteht ohne dass der Arbeitgeber etwas sagt. Deswegen wird Mehrarbeit in der Spieleindustrie von außen betrachtet immer negativ wahrgenommen wird, weil es ja sein könnte, dass man sagt man möchte Mehrarbeit machen obwohl man...
Insbesondere bei der Videospiele-Industrie sind solche Argument imo eher schwach. Wenn es denn wirklich so um Leidenschaft und Kunst geht, warum ist die Spiebranche dann so unglaublich geheimnistuerisch? Teilweise arbeiten Entwickler für Jahre an einem Projekt, ohne auch nur ihrer Familie erzählen zu dürfen, was sie machen.
Sowas ist krank. Selbst im Durchgehend von großen Unternehmen kontrollierten Hollywood ist das nicht der Standard.
Sinn ist, egal wie sehr du dich für das Projekt interessierst, das Projekt interessiert sich nicht für dich.
Ein CEO, der darüber entscheidet, wessen Verträge verlängert werden, wer befördert wird, wer Bonuszahlungen erhält, prahlt damit, dass seine Angestellten ja so gerne 100 Stunden die Woche arbeiten, weil sie "es lieben", und einige glorifizieren das auch noch. Kann man sich nicht ausdenken.
Und nein, selbstverständlich bedeutet das nicht, dass man nicht für ein Projekt brennen darf inklusive Überstunden, wie der Austausch vor diesem Post schön ausführt.