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Nach Half-Life und Counterstrike: Valve war vor Steam-Launch fast bankrott

Einem findigen Sommerpraktikanten und einer juristisch quasi einmaligen Dummheit verdankt Valve, dass es nicht schon vor 20 Jahren bankrott gegangen ist.

Im Bild: Gordon Freeman, der Held aus den Videospielen Half-Life 1 & 2 - und den nachfolgenden Episoden.
© Valve, bearbeitet mit Photoshop

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Als wäre es nicht schon genug gewesen, mit Half-Life und Counter-Strike zwei der einflussreichsten First-Person-Shooter der Videospielgeschichte zu entwickeln; mit Steam rief Valve auch noch eine Gaming-Plattform hervor, ohne die für viele Spieler*innen heutzutage Zocken am PC undenkbar wäre.

Dabei wäre es fast nicht dazu gekommen: Rund um den Release von Half-Life 2, das dieser Tage sein 20-jähriges Bestehen feierte, gab es einen handfesten Rechtsstreit, der Valve beinahe das Genick gebrochen hätte. Nur eine glückliche Fügung rettete die Firma vor dem Bankrott.

Valve-Chef Gabe Newell persönlich angeklagt

Konkret gab es Probleme mit den Vertriebsrechten von Half-Life 2. Zuvor hatte Valve schon mit Vivendi Games zusammengearbeitet, dessen Tochterfirma Sierra Entertainment sowohl das erste Half-Life als auch Counter-Strike gepublisht hatte. Half-Life 2 sollte nun aber auf der damals brandneuen Plattform Steam herausgebracht werden – gleichzeitig besaß Vivendi aber noch Veröffentlichungsrechte für den Einzelhandel.

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Der Streit wurde entfacht, nachdem Vivendi Kopien von Counter-Strike an Internetcafés in Asien verteilte, was außerhalb der Vereinbarung lag. Wenngleich Valve sich im Recht sah, mussten plötzlich besonders Konzernchef Gabe Newell und COO Scott Lynch zittern, wie nun in der Dokumentation zum 20. Jubiläum von Half-Life 2 bekannt wird.

Denn obwohl der Fall zugunsten von Valve entschieden wurde, stellte Vivendi auf einmal eine „große und beängstigende Anwaltskanzlei“ ein, wie Valves Anwalt Karl Quackenbush berichtet. „Es kam ein Stapel von Gegenklagen, von einer Annullierung der Vereinbarung von 2001 über die Sicherung des Eigentums aller Half-Life-IPs bis hin zu einem Hinderungsversuch, dass wir Steam launchen können.“

Steam und Half-Life 2 wären fast nicht erschienen

Und Vivendis Anwälte machten ernst: Nicht nur wollten sie die Firma stilllegen; Newell und Lynch samt ihren Ehepartnerinnen wurden persönlich zu den Angeklagten gemacht. „Das ist eigentlich eine Strategie, um jemanden mürbe zu machen“, so Newell. „Sie sagen quasi, dass sie nicht nur das Geld von der Firma nehmen, sondern auch von einem persönlich.“

Mitten in der Entwicklung von Half-Life 2 wussten nur sehr wenige im Entwicklerstudio, wie wenig Geld Valve zu dem Zeitpunkt eigentlich hatte. „Die Firma war kurz vor dem Bankrott. Ich war kurz vor dem Bankrott.“ Nachdem Valve um Dokumentationen von Vivendis Unternehmungen in Südkorea bat, wo ein Großteil der besagten Verteilung stattfand, bekamen sie einen riesigen Haufen an Dokumenten zur Verfügung gestellt – auf Koreanisch.

„Es war, als wäre das einfach nur ein Versuch, uns zu überwältigen“, berichtet Newell, „in der Annahme, dass ohnehin nichts Wichtiges für den Fall darin war, oder dass wir viel Geld dafür aufwenden, die Nadel im Hauhaufen zu suchen.“ Doch wie es der Zufall wollte, beschäftigte Valve zu diesem Zeitpunkt einen Sommerpraktikanten namens Andrew, dessen Muttersprache Koreanisch war.

Valve-Anwalt: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Und dieser fand tatsächlich etwas – in einer Mail zwischen zwei Vize-Präsidenten hieß es etwa: „Hey, wir haben diese Valve-Dokumente zerstört, wie du gewünscht hast.“ Ein ungeheurer Glücksfall, wie Quackenbush noch heute findet: „Ich fragte Andrew, ob es wirklich sicher sei, dass das dort steht und er sagte nur: ‚Ja, das steht da.‘ Ich habe viele Rechtsstreits geführt, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Dass es mal Beweisvernichtung gab, ist sicher möglich, aber dass sich die Beteiligten noch darüber schriftlich austauschen, das ist einmalig.“

„Das war sicherlich der glücklichste Moment in Karls Karriere“, meint Newell. „Von da an lag alles auf unserer Seite, es ging nur noch darum, wie viel sie uns zahlen mussten und wie hoch der Schaden war.“ Der Rechtsstreit endete erst 2005 mit dem Ergebnis, dass Vivendi die Verkaufsrechte an dem Spiel wieder abtreten musste, ebenso wie die unrechtmäßig verteilten Lizenzen. Der Rest ist Geschichte: Half-Life 2 gilt auch heute noch einer der einflussreichen First-Person-Shooter, der noch immer fleißig mit Mods und Fanprojekten bedacht wird.

Quellen: Youtube / Valve