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Marvel Rivals ist das bessere Overwatch – aus einem ganz simplen Grund

Chaos und übermächtige Charaktere: Marvel Rivals ist gewiss nicht perfekt. Aber die bisher kaum vorhandene E-Sports-Tauglichkeit macht den Shooter verdammt unterhaltsam.

Screenshot aus Marvel Rivals. Im Vordergrund ist Luna Snow zu sehen.
© NetEase Games / Marvel / Adobe Photoshop [M]

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Eigentlich wollte ich ja nur mal kurz in Marvel Rivals reinspielen: Ich mag halt Comics und Shooter. Viel Hoffnung habe ich mir allerdings nicht gemacht, denn der Hero-Shooter-Trend war für mich bereits einige Monate nach Overwatch-Release gestorben und konnte sich davon auch nicht mehr erholen.

Womit ich nicht gerechnet habe? Marvel Rivals macht verdammt viel Spaß, obwohl alles in dem Spiel nach „Hey, das habe ich doch schon mal gesehen“ schreit. Nur mit einem wichtigen Unterschied: Noch ist der Third-Person-Shooter nicht dem Wahnsinn verfallen, unbedingt auf kompetitive Wettbewerbe ausgelegt zu sein. Nein, Marvel Rivals ist pures Chaos, ein absoluter Balance-Unsinn – und alles daran liebe ich.

Marvel Rivals sollte nicht den Overwatch-Weg gehen

Als Overwatch zum ersten Mal 2016 erscheint, schafft es der Blizzard-Shooter innerhalb kürzester Zeit eine riesige Fan-Gemeinde aufzubauen. Tage-, nein, wochenlang gab es nur ein Thema und die direkte Konkurrenz wurde wortwörtlich verschluckt, oder erinnert sich noch wer an Battleborn oder das später veröffentlichte Lawbreakers?

Overwatch war seinerzeit ein Phänomen: Die Charaktere einzigartig, der Stil unverkennbar und dank schicker Cinematic-Videos wurde eine interessante Welt aufgebaut. Doch erst das Gameplay machte aus den Überresten des gescheiterten MMO-Experiments Titan eine Mordsgaudi. Was habe ich es doch geliebt, mit Lucio auf der griechischen Map ein ganzes Team in den Brunnen zu stoßen oder zusammen mit einem Freund als Pharmercy-Kombo die Feinde zum Verzweifeln zu bringen.

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Doch schon bald änderte sich der Spaß, denn die Balance-Keule schlug zu. Overwatch sollte der nächste große E-Sports-Titel werden, also wurde vieles dem Ranglistensystem untergeordnet: Wo einst Chaos und Balance-Schwächen regierten, waren nun Buffs und Nerfs an der Tagesordnung. Spaß? Ja, aber bitte nur in gelenkten Bahnen. Soll ja niemand seinen wohlverdienten Rang verlieren, weil er in Symmetras Fallenparadies gelaufen ist.

Für mich und einige andere aus dem Freundeskreis verlor Overwatch damit seinen Reiz: Kompetitiv war nicht unser Ding, die Zeit hatten wir mit Counter-Strike und League of Legends längst hinter uns. Das letzte Mal weckte Blizzard unser Interesse mit einer groß angekündigten PvE-Kampagne, aber wie das ausging, wisst ihr ja sicherlich.

Marvel Rivals ist endlich wieder Chaos

Nun also Marvel Rivals – auf den ersten Blick ein weiterer Hero-Shooter, der sich stark an der Overwatch-Formel orientiert. Sogar optisch sind sich beide Titel nicht grundverschieden, obwohl sich glücklicherweise NetEases Designer richtig ins Zeug legten und die Comic-Charaktere wundervoll in Szene setzen. Ich meine, habt ihr mal die Artworks zu Storm oder Luna Snow gesehen? Ein Genuss fürs Comic-Herz!

Aber zurück zum spielerischen, denn ausgerechnet dort punktet der neue F2P-Shooter mit einem ganz simplen Konzept: Spaß. Da gibt es einen Landhai namens Jeff, der einfach das gesamte Team auffrisst und von der Karte spuckt. Venom bekommt mehr Schaden als in allen drei Tom Hardy-Verfilmungen und steht trotzdem noch kerzengerade und die Scarlet Witch lässt sämtliche Feinde im Umfeld zu Staub zerfallen – vieles in Marvel Rivals weckt den Anschein, dass es überhaupt keiner Balance entspricht.

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Zum Glück sage ich, ist es doch genau das, was ich von der Vorlage erwarte: Ich will gar nicht, dass Thors Blitzhammer weniger Schaden austeilt oder Iron Fists enorme Geschwindigkeit gesenkt wird, nur damit irgendwie ein Gleichgewicht herrscht. Die gibt es in den Comics auch nicht. Manche Held*innen oder Bösewichte sind stärker, manche schwächer und manche einfach nur purer liebenswerter Unsinn (Hallo Jeff!).

Bislang schafft es Marvel Rivals das perfekt einzufangen: 33 Charaktere stehen zur Auswahl, allesamt kostenlos zu spielen und jeder hat eine Daseinsberechtigung. Klar gibt es bereits einige Favoriten, wie etwa Jeff, Spider-Man oder den Punisher. Aber im Grunde sind fast alle Held*innen auf die eine oder andere Weise ziemlich stark, wenn man mal von ganz wenigen Ausnahmen absieht.

Chaotischer Blödsinn hat seinen Platz verdient

Was zum Chaos ebenso beiträgt ist der Umstand, dass es keine feste Rollenwahl gibt. Da kann es schon mal passieren, dass ein Match nur aus reinen Damage Dealern besteht, was in acht von zehn Fällen zur Niederlage führt. Ich verstehe, dass das frustrieren kann und auch ich habe dabei schon mit den Augen gerollt, wenn mal wieder wirklich niemand etwas mit Heilung spielen wollte.

Ein Matchmaking-System mit Rollenwahl wäre also hilfreich, solange trotzdem nicht unbedingt ein festgefahrenes Meta entsteht, in der sich jede*r Spieler*in zwingend einzuordnen hat. Denn dann könnte aus der bisherigen wunderbaren Casual-Erfahrung doch wieder eine langweilige E-Sports-Experience werden.

Das heißt übrigens nicht, dass Marvel Rivals so bleiben soll, wie es jetzt ist. Patches werden kommen, an Fähigkeiten wird geschraubt und natürlich gibt es irgendwann neue Charaktere. Ich hoffe nur, dass die Entwickler*innen von Netease nicht den Weg von Overwatch und dessen Sequel gehen, sondern dem chaotischen Wahnsinn treu bleiben – und vielleicht noch Lord Chaos einführen.

Falls ihr übrigens jetzt doch einmal den Hero-Shooter ausprobieren wollt, solltet ihr ein Geschenk nicht übersehen: In Marvel Rivals bekommt ihr einen Iron Man-Skin für Umme.

Quelle: YouTube / Marvel Entertainment, Reddit / @_KRYMZON_