Hand aufs Herz – und Bleifuß aufs Gaspedal: Erinnert ihr euch jetzt im Jahr 2024, in dem die Blicke aller Spieler*innen wie mit Schaukappen auf GTA 6 gerichtet sind, noch an das Rennspiel Driver und seine Fortsetzungen? Zugegeben: Auch ich hatte jahrelang in mein unterstes Unterbewusstsein geschubst, dass mir das auf dem nordamerikanischen Markt mit „Du bist der Steuermann!“ untertitelte Driver von Reflections Interactive Stunden um Stunden Spielspaß beschert hat – und zwar mit röhrendem Auspuff.
Als im Jahr 2000 Driver 2 auf die erste PlayStation bretterte, hatte ich die Transformation vom Konsolero zum PCler durchgezogen, bearbeitete als Agent 47 mit der Klaviersaite irgendwelche Warlords, oder ließ mir von Cate Archer in No One Lives Forever zeigen, wo sich Austin Powers seinen Martini bestellt. Als plötzlich vor wenigen Tagen publik gemacht wurde, dass eine in Vorbereitung befindliche Serienadaption rund um Asphalt-Ritter und New Yorker Polizist John Tanner abgesägt wurde, bin ich hellhörig geworden.
Driver: In einer Zeit vor GTA 3
Wir können es alle im Schlaf herunterbeten: Arcane, Fallout, The Last Of Us und Konsorten. Die Liste kritisch und kommerziell erfolgreicher Videospielverfilmungen wird gefühlt täglich länger. Nun erfuhr ich eher im Vorbeigehen: Nicht nur stand unter Ubisofts Aufsicht eine Driver-TV-Serie in der Garage, die Arbeiten an der seriellen Neuerzählung des Undercover-Agenten und Ex-Rennfahrer John Tanner wurden auch schon wieder auf den Schrottplatz verfrachtet. Ubisoft legte indes sofort den Rückwärtsgang ein – und kündigte an: Als Fan dürfe man sich auf ein aufregendes neues Driver-Projekt freuen.
Zunächst ein Blick in den Rückspiegel: Als ich mich beim allerersten Driver in die Polsterung warf, war ein amtliches 3D-GTA, so wie es uns heute altvertraut ist, höchstens noch ein sich aus Previews und Vorberichterstattung abzeichnender Hoffnungsschimmer. Driver erschien im Jahr 2000, Grand Theft Auto 3 das Jahr daraufhin.
Zwar wussten schon Gand Theft Auto (1997) und Grand Theft Auto 2 (1999) mit ihren frei befahrbaren Straßen und der Draufsicht zu überzeugen, aber die von GTA 3 losgetretene Welle der Euphorie war deutlicher spürbar. Deshalb ist mit einer 2024-er-Brille womöglich nur schemenhaft auszumachen, wie mich Driver damals doch mitgerissen hat – obwohl ich die rasante Spielerfahrung längst vergessen glaubte.
Wer das originale Driver nachholen möchte: Auf YouTube könnt ihr in Gameplay-Videos mitfahren.
Der Steuermann: Spielspaß mit Schwierigkeitsgrad
Was ich, sofern mich meine löchrige Erinnerung nicht trügt, seit Driver nicht wieder erlebt habe ist: Direkt im Tutorial-Level steckenbleiben. Und dieses Einstiegs-Level, in dem euch beigebracht wird, wie ihr Buick Skylark, Pontiac LeMans und andere Schlitten fachkundig über den Mittelstreifen schiebt, war nicht optional – die Tutorial-Passage wollte erfolgreich bestanden werden, bevor ihr als Undercover-Agent losflitzen dürft. Obwohl: „Beigebracht“ wäre noch hilfreich.
Nein, in der Tiefgarage müsst ihr einen ganzen Waschzettel voller Fahrmanöver (360-Grad-Drehung, Slalom fahren, und mehr) abarbeiten – und wer Mauern, Säulen oder herumstehende Fahrzeuge bei dieser Wahnsinnsfahrt öfter als dreimal touchierte, durfte wieder von vorne anfangen. Und haben wir schon erwähnt, dass euch nebenher eine Stoppuhr im Nacken saß?
In einer einzigen Minute müsst ihr beweisen, dass ihr eures Führerscheins würdig seid, oder ihr bleibt für immer in der Garage stecken. Dieses Beispiel gleich zu Beginn von Driver unterstreicht, was das Rennspiel seinerzeit ausgezeichnet hat – und für durchgeschwitzte Pranken am Gamepad gesorgt hat: der Schwierigkeitsgrad.
Schwierig, schwieriger, Driver – und jetzt?
Dazu kommt im Spielverlauf dann dazu: Wenn ihr euer Muscle Car, euren Dodge ST Regis, oder welchen Oldtimer auch immer, schrottet, könnt ihr nicht etwa Car Hopping betreiben, euch wie in der GTA-Reihe einfach ein anderes Fahrzeug ergaunern – nein! Auto kaputt, bedeutet im originalen Driver: Mission wieder von vorne spielen. Und dieser Schicksalsschlag wird euch in Driver dutzendfach ereilen, insbesondere dann, wenn euch mal wieder die Polizei-Fahrzeuge amtlich hinten reinfahren – und euren fahrbaren Untersatz gehörig zum Schlittern bringen.
Hört sich anstrengend an? Nein, genau darauf sollte sich ein neues Driver zurückbesinnen, will ich meinen. Meine persönliche Meinung: Falls Ubisoft in absehbarer Zeit wirklich mit einem nächsten Driver um die Ecke schlittert, darf das bitte eines nicht werden – ein GTA-Klon. Zugegeben: Driver 3 (mindestens durchwachsene Wertungen), Driver: Parallel Lines (wieder bessere Rezensionen) und Driver: San Francisco (wieder tendenziell wohlwollende Besprechungen), die Hauptteile der Serie, habe ich alle ausgelassen.
Doch auch ich habe am Seitenstreifen stehend vernommen, wie Driv3r (2004), vorschnell und unfertig auf den Markt bruchlandete – und wie sich Driver: San Francisco (2011) auf die eigene Identität als offenes Rennspiel besonnen hat, damit nach Teil drei und Parallel Lines erfreulicherweise aus GTAs Schatten gerollt ist, wieder mit eigenen Stärken glänzen konnte. Als Spieler ist der ganze Fortsetzungs-Fuhrpark an mir vorbeigerauscht. Dafür schnurrt das Original jetzt umso wohliger in meiner Erinnerung.
Aber wenn ich mir eines von einem frischen Lack für die Driver-Reihe wünsche, dann dass die Serie seiner ursprünglichen Ära der Schlaghosen und Trompetenärmel treu bleibt – und vor allem der bockschwere Schwierigkeitsgrad aus Teil 1 wiederauflebt, aber bitte rein als Rennspiel. Nach dem Motto: Back to the road – gerne so, bis die Griffel den Controller vor lauter unmöglicher Fahrmanöver wieder schwitzig verkleben. Soll unser Steuermann mal schön hinter seinem Lenkrad bleiben – für mehr kann Ubisoft seine Watchdogs von der Leine lassen.
Quellen: Game File, Moby Games, YouTube /@Dodo Knight