Videospiele werden immer größer und umfangreicher und parallel schrumpft meine verfügbare Zeit, mich mit ihnen zu beschäftigen. Trotzdem mache ich mir das Leben schwer und versenke meine verfügbaren Stunden in Aspekte von Games, die mir nicht mal wirklich was zurückgeben.
Eine wichtige Lektion hat mich dazu gebracht, diese Herangehensweise zu hinterfragen. Manchmal kann eine frische Perspektive den entscheidenden Unterschied machen und zumindest in meinem Fall hat sie mir gezeigt, dass es auch eine „falsche“ Art geben kann, zu zocken.
Schlechte Angewohnheit: Beim Zocken am liebsten nichts verpassen
Ich liebe Videospiele, aber wenn ich weiterhin so festgefahren an meiner Beziehung zum Gaming verharre, fehlt eventuell der frische Wind, um diese Liebe neu erblühen zu lassen. Ganz konkret rede ich davon, wie ich bisher vorgegangen bin, wenn ich ein Spiel starte und warum das vielleicht nicht mehr länger so funktionieren kann. Mein größtes Problem ist nämlich, dass ich mich weigere, auch nur das allerkleinste Detail zu verpassen.
Das heißt, ich lese jede einzelne Zeile Dialog, egal welcher Informationswert sich daraus ziehen lässt, laufe jeden Zentimeter einer noch so riesige Map ab, um sicherzugehen, dass ich alles gesehen und aufgesammelt habe und erlaube mir generell absolut nichts zu überspringen. Wenn man sich mal bewusst macht, wie viel Inhalt mittlerweile beispielsweise in einem vollwertigen RPG steckt, kann man sich wahrscheinlich vorstellen, wie mühselig und zeitaufwändig sich dieses Vorgehen gestaltet.
Spaß bleibt einfach auf der Strecke, wenn ich auf einer Passage, die offensichtlich nur als Übergang zwischen zwei Abschnitten dient, pflichtbewusst die unsichtbaren Wände zu meinen Seiten nach Abzweigungen und versteckten Items abtaste. Früher als Kind hat sich dieses Verhalten noch ausgezahlt, da ich so sicherstellen konnte, bei jedem neuen Spiel, das sich zu besonderen Anlässen in meinen Besitz verirrte, den Unterhaltungsfaktor möglichst lang aufrechtzuerhalten. Mittlerweile muss ich aber nicht mehr bis Weihnachten warten, um einen neuen Titel in meine Sammlung aufzunehmen.
Richtig spielen statt nur durchwühlen
Daher will ich heutzutage lieber den saftigen Kern eines Games genießen und nach angemessener Zeit weiterziehen. Mein aufwendiger Spielstil scheint aber so fest in meinem Innersten verankert zu sein, dass er sich parallel mit PC oder Konsole automatisch hochfährt. Allein Baldur’s Gate 3 hat dafür gesorgt, dass ich aus dieser Routine ausbrechen musste: Wer mit dem Riesen-RPG vertraut ist, weiß, dass Normalsterbliche nicht in die Verlegenheit kommen werden, jeden einzelnen Aspekt der Welt und der Geschichte selbst zu erfahren. Ich will nicht ausschließen, dass einige Hardcore-Fans sich dies zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben, aber solange ich vorhabe, noch andere Sachen auf dieser Erde zu sehen, will ich mich nicht dazu zählen.
Es hat nicht lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass ich nicht jeden Verlauf von Baldur’s Gate 3 erleben werde und wenn mieses Würfelglück mir mal einen Pfad verwehrt, ich dadurch nichts verliere, sondern eine individuelle Story forme. Wenn ich hier wie zuvor nur eine virtuelle Schnitzeljagd veranstaltet hätte, wäre mir der Reiz von Baldur’s Gate 3 wohl entgangen. So ist es mir nämlich beispielsweise mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild passiert, bei dem mich meine stundenlangen, teils ziellosen Erkundungstouren müde gemacht haben.
Wenn ich ein Spiel lediglich als Produkt ansehe, aus dem ich möglichst viel Wert rausholen muss, dann fühlt sich das eher nach Arbeit an. Das habe ich mittlerweile verstanden. Und Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Komplettierung von Super Mario Wonder hat mir zum Beispiel richtig viel Spaß gemacht, weil ich dafür nur wenig Zeit opfern musste und das Pacing nicht gelitten hat.
Mit dieser neuen Erkenntnis im Gepäck bin ich hoffentlich bestens ausgerüstet, um meinen Stapel an Backlog in Angriff zu nehmen. Denn ich weiß, dass ich richtig Bock auf jedes einzelne der Spiele habe, ich stand mir bisher nur selbst im Weg. Vielleicht kennt ihr ja auch das Problem, euch durch antrainierte Gewohnheiten das Zocken anstrengend zu gestalten. Für manche sind es Marotten wie meine, für andere der Drang zum Perfektionismus oder eine starke kompetitive Ader. Ab und zu kann es sich auf jeden Fall lohnen, aus der selbstgeschaffenen Tretmühle auszubrechen.