Baby-Bayonetta
Der Untertitel „Cereza and the Lost Demon“ deutet es an: Diesmal erleben wir die Mädchenjahre von Platinum Games‘ kultiger Hexe Bayonetta, als sie noch Cereza hieß und Dämonen noch kein Teil ihres Lebens waren. Serienkenner wissen: Das sind jene Wesen aus Inferno, die Bayonetta für Finishing Moves mit ihren Haaren beschwört, in Bayonetta 3 wird ihnen sogar ein noch größerer spielerischer Stellenwert zuteil. Aber soweit sind wir, soweit ist Cereza noch lange nicht. Wir begegnen ihr nämlich im zarten Alter von zehn Jahren, als sie bei ihrer Meisterin Morgana in die Lehre geht, um eine starke Hexe zu werden und so ihre Mutter zu retten. Noch trägt sie also keine Knarren an den Stilettos, sie beherrscht weder brachiale Combos noch Ausweichen in Zeitlupe. Cerezas Abenteuer ist eine völlig andere Art von Spiel, das sich trotzdem immer wieder gelungene Reverenzen an die Bayonetta-Reihe erlaubt.
Allerdings kann man es durchaus fragwürdig oder unpassend finden, dass ein zehnjähriges Mädchen halterlose Strümpfe, ein sehr knappes Gothic-Kleid, Schmuck und Make-up trägt. Auf der anderen Seite ist die Darstellung enorm überzeichnet und im Anime-Bereich so durchaus üblich, Cereza wird auch zu keinem Zeitpunkt sexualisiert. Und man darf nicht vergessen: Letztendlich wird dieses Mädchen später zu Bayonetta – der Ikone lasziven Ausdruckstanzes und weiblicher Selbstbestimmung.
Zauberhafte Hexenschülerin
Ein thematisch netter Vorgriff darauf ist Cerezas Zauberkraft „Hexenpuls“: Zum Aktivieren mancher Schalter tanzt sie und aktiviert so ein Rhythmus-Minispiel. Ein Punkt rotiert im Kreis und auf seiner Bahn leuchten Symbole auf. Drückt den linken Stick entweder rechtzeitig in die angezeigte Richtung oder fahrt ein Stück Kreisbahn im richtigen Takt nach, was leider nicht immer auf Anhieb klappt. Das geht über mehrere Runden und wird bisweilen nervig, weil es trotz unterschiedlich schwieriger Kommandos doch immer irgendwie dasselbe ist…
Doch befassen wir uns zunächst mit der Ausgangssituation im Spiel: Der jungen Hexe ist es streng verboten, in den nahegelegenen Wald von Avalon zu gehen. Genau dorthin locken sie aber ein weißer Wolf und die Stimme eines Jungen in ihren Träumen. Denn dort soll sie, frustriert vom harten Training und ihrer eigenen Schwäche, die nötige Macht für ihre Hexenkariere erhalten. Dummerweise leben dort auch böse Feen, die Kinder entführen. Auf ihrer Suche nach vier Elementarkernen bemerkt Cereza rasch, dass sich ein Dämon nach fehlgeschlagener Zauberübung nicht an ihre magischen Haare, sondern an ihre Plüschkatze Cheshire gebunden hat. Der ist davon zunächst gar nicht begeistert und hat keinen Respekt vor seiner neuen Herrin, dummerweise ist aber nur sie dazu in der Lage, ihn wieder nach Inferno zurückzuschicken. Das Duo muss also wohl oder übel zusammenarbeiten – und genau das bildet den spielerischen Kern von Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon.
Ein ungleiches Paar
Cereza und Chesire bilden ein zunächst widerwilliges, aber starkes Team, das sich durch die Fähigkeiten der beiden permanent ergänzt. Das spiegelt das Steuerungskonzept trefflich wider: Mit dem linken Stick und den zugehörigen Schultertasten lenkt ihr das Mädchen, rechts steuert ihr den Dämon. Gleichzeitig! Das ist – thematisch passend – zunächst tatsächlich so sperrig, wie es klingt, und fordert eure Koordinationsfähigkeit – wer Platinum Games‘ Astral Chain gespielt hat, ist hier im Vorteil! Zum Glück bewegt Ihr nicht permanent beide Figuren gleichzeitig, oft lenkt ihr erst die eine, dann die andere, um kleine Aufgaben und Knobeleien auf eurer Erkundungsreise durch den Wald zu bewältigen und neue Wege zu erschließen, die die beiden gemeinsam beschreiten können. Spielerisch erinnert das Prinzip stark an die Lego-Games: Hier wie da wechselt ihr ständig zwischen verschiedenen Charakteren und nutzt deren Stärken, um auf Knopfdruck eine nett inszenierte Aktion auszuführen, anspruchsvoll ist das Ganze nur selten. Manche Hürden wiederum lassen sich gar erst später überwinden, wenn Cheshire die nötige Elementarfähigkeit erworben hat, wodurch sich Cerezas Abenteuer auch ein bisschen an Metroid anlehnt, was allerdings nie stark ausgeprägt ist und meist der optionalen Schatzsuche dient.
Koordination im Kampf
Mehr Übung erfordert die Koordination von Mädchen und Dämon im Kampf: In typischer Bayonetta-Manier riegeln magische Barrieren eine Arena ab und fiese Feen greifen an. Da sich Cereza selbst nicht wehren kann, müsst ihr stets darauf achten, dass sie sich von Feinden fernhält. Zugleich solltet ihr Cheshire, der für euch das Kämpfen übernimmt, unter die Arme greifen, indem ihr Dornenfesseln wirkt und Gegner so einfriert. Dann verprügelt ihr mit Cheshire den Feind mit simplen Angriffsfolgen oder attackiert mit einem Elementarzauber, während ihr gleichzeitig alle anderen Gegner im Blick behaltet. Benommene Gegner befördert Cheshire mit einem mächtigen Biss ins Jenseits – eine kleine Hommage an Bayonettas Folterattacken!
Wird Cheshire allerdings selbst zu oft getroffen oder geht ihm durchs wilde Kämpfen die magische Energie aus, hüpft seine Stoffpuppenhülle hilflos herum. Sammelt sie mit Cereza ein und kuschelt sie ein bisschen, bis sich ihre Kräfte erholen, derweil weicht ihr noch feindlichen Attacken aus. Manchen Gegnern muss der Dämon in Pflanzengestalt erst einen Schild entreißen, Feinde mit Energiebarriere werden erst durch Stampfattacken des Stein-Dämons verwundbar, die Wasser-Form wiederum löscht brennende Unholde und fegt sie per Wasserstrahl schon mal in Abgründe.
Die Tastenbelegung und Handhabung der vielen Fähigkeiten ist gut gelöst, auch sind die Kämpfe stets fair. Attacken kündigen sich gut sichtbar an und Arenen lassen stets ausreichend Platz zum Ausweichen. Mit etwas Übung sind so schließlich auch die Kämpfe gut zu meistern, obwohl im späteren Verlauf ein zünftiges Feuerwerk auf dem Bildschirm abgeht – Bayonetta Origins ist immer noch ein Spiel von Platinum Games und auch hier bleiben sich die Action-Profis treu, wenngleich es nach den Kämpfen keine Abschlussbewertungen gibt.
Hmkay, ne Korrektur meinerseits, Atsushi Inaba, Produzent bei P*, hat vor drei Jahren mal nen Interview für IGN Japan gegeben. Laut ihm besäßen Nintendo und Sega jeweils die Hälfte der Rechte an der Bayonetta-IP - also insofern das nicht seltsam übersetzt wurde.
https://www.animenewsnetwork.com/daily- ... eshttps://release.forum.4pforen.4players.de156202
Self-publishing würde in Erwägung gezogen, sei aber eine Kostenfrage, es sei dafür sehr viel mehr nötig als bei ihrer Kickstarterkampagne für Wonderful 101 Remastered.
Letzteres gibt es seit 2020 auch außerhalb von Nintendo-Plattformen.
https://store.playstation.com/de-de/pro ... DERFUL101R
@Khorneblume
Sega ist da immernoch drin. Ich glaube die Rechte am Bayonetta IP selbst liegen weiterhin bei Sega.Winzige Korrektur.. Tut der eigentlichen Sache nichts... Aber:
Ich verstehe gerade den Gedanken nicht.
Dieses Spiel gibt es doch nur, weil jemand bei Nintendo die Entwicklung abgesegnet oder sogar angeordnet hat?
Hätte Platinum nicht erst dann ein Problem, wenn Nintendo weder Interesse an Spiel, noch an deren Mitarbeit zeigt? Dies ist ja kein Game, welches Platinum eigenständig publisht. Die Rechte an Bayonetta liegen derzeit komplett bei Nintendo. Ergo hat Platinum da vermutlich Mitsprache, aber ohne Nintendos Einverständnis gäbe es halt kein Cereza and the Lost Demon.