Auf dem Platz!
Captain Tsubasa: Rise of New Champions folgt nur an der Oberfläche den von FIFA und PES seit vielen Jahren zementierten Grundregeln: kurzer Pass, Steilpass (mit Dreiecks-Taste), Sprints (per R1), lange Pässe bzw. Flanken und natürlich Schüsse. All das geht sofort von der Hand, Fußballkenner müssen sich kaum ungewöhnen. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber fast schon auf: Denn es gibt zwar Einwürfe, Eckbälle und gelegentliche Abseitsstellungen, doch sonst pfeift der Schiri nicht – man kann, fast wie im NES-Kultspiel Nintendo World Cup, nach Herzenslust grätschen und bodychecken, dass die Gegner nur so herumpurzeln. Das Spielfeld fühlt sich lang an, leider bietet selbst die weiteste Kameraperspektive nicht die Übersicht, die Fußballspieler gerne für ihre Spielzüge haben. Auch reagieren die Kicker nicht so flink wie erwünscht: Rasante Pass-Stafetten sind fast nur möglich, wenn man blindlings mehrfach auf die X-Taste hämmert – wartet man ab, ob der erste Pass auch ankommt und will dann rasch in die Spitze weiterspielen, reagiert der Spieler oft nicht schnell genug.
Am wichtigsten ist aber die „Wille“-Anzeige, die bei über jedem Spieler angezeigt wird: Sie entscheidet, ob und wie oft bzw. wie lange der Sportler sprinten, grätschen oder tricksen kann. Das heißt in der Praxis: Hat man einen Sprint über die Außenbahn hingelegt und dabei zwei Mittelfeldspieler vernascht, reicht der Wille in der Regel nicht mehr für einen Übersteiger-Trick beim Verteidiger – dann ist ein Pass zum nächsten, vielleicht gerade willensstärkeren Mitspieler angebracht. Auch in der Verteidigung kommt das zum Tragen: Eine Lücke zulaufen und dann noch Grätschen ist nicht immer möglich, wenn die Leiste schon recht leer ist. Ist man in der Defensive, wechselt der eigene Cursor automatisch zu dem Spieler, der dem ballführenden Angreifer am nächsten ist; zusätzlich kann man aber selbst tauschen. Ein gewöhnungsbedürftiges System, das mich auch nach mehreren Stunden nicht vollends überzeugt hat und immer wieder dafür sorgt, dass ich auf der kleinen Karte kurz schauen muss, welchen Akteur ich gerade lenke. Im Spiel ist die (ausschließlich auf japanische verfügbare) Sprachausgabe übrigens völlig für die Katz – wer will schon die gelegentlichen Sprüche des Kommentator als Untertitel lesen?
Übrigens, und das ist ganz entscheidend, verfügt auch der Torhüter über eine Wille-Anzeige: Und er kann aus dem Spiel heraus am besten bezwungen werden, wenn diese schon geleert ist. Soll heißen: Ihr könnt den schönsten Spielzug machen, trotzdem wird der Mann zwischen den Pfosten einen normal abgegebenen Schuss mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach aus dem Winkel fischen. Das stellt die grundlegende Prämisse des Kombinierens, Freispielens und Abziehens gehörig auf
den Kopf – und ist ein dauerhaftes Ärgernis für Fußballfreunde. Aufgeladene Superschüsse, vor allem aus kurzer Distanz, können den Keeper zwar überwinden, wenn seine Leiste nicht fast leer ist, trotzdem fühlt sich das Toreschießen für Fußballkenner dann oft schal an. Die coolen Perspektiven, z.B. wie der Goalie mit dem Leder ins Netz fliegt, nutzen sich bald ab und können beiweitem nicht die Schönheit spontaner Treffer ersetzen. Denn darin liegt ja auch der Reiz eines Fußballspiels: An der Unberechenbarkeit, ob ein Ball am Tor vorbeifliegt, gegen den Posten kracht oder, am besten sogar noch mit Touchierung des Aluminiums, satt tönend in den Winkel kracht.
Modi-Vielfalt
In puncto Spiel-Varianten lässt sich Captain Tsubasa: Rise of New Champions, das an anderer Stelle geizig ist (wenige Schwierigkeitsgrade & Kameraperspektiven), nicht lumpen: Neben den zwei Story-Strängen gibt es Versus-Matches für bis zu vier Kicker, einen ordentlichen Trainingsmodus mit einigen Tutorials sowie einen Bearbeitungsmodus für erstellte Teams. Auch im Archiv kann man ein bisschen Zeit verbringen: Zum Beispiel mit dem Anhören der Musikstücke oder Informationen zu all den Spielern der japanischen Teams und (wenigen) Nationalmannschaften.
Eine Vorab-Testversion für Switch stand uns nicht zur Verfügung. Die PC-Fassung ist derzeit mangelhaft: Momentan funktionieren Vollbild-Modus und randloser Fenstermodus nicht fehlerfrei und sorgen dafür, dass Beschreibungstexte der Buttons nicht auf den Buttons angezeigt werden – alles ist irgendwie verschoben. Abgesehen davon, dass der Online-Modus aufgrund nicht erreichbarer Server gar nicht funktioniert und man nur Offline-Partien spielen kann, gibt es massive Probleme bei der Bildwiederholrate – nein, nicht in Bezug auf die FPF-Performance bei 30, 60 oder unbegrenzt. Das Problem ist, dass das Spiel mit höheren Bildwiederholraten gar nicht flüssiger, reaktionsfreudiger oder geschmeidiger, sondern bloß schneller läuft. Stellt man auf 60 Bilder pro Sekunde um, dann laufen Menü, Zwischensequenzen und das Spielgeschehen einfach mit entsprechend höherer Geschwindigkeit. Stellt man gar auf „unbegrenzt“, ist alles nachzu lächerlich beschleunigt – von dem Gewackel bei der Aufstellung der Charaktere vor der Partie bis hin zur Torjagd. Bei der PC-Version ist hier etwas grundsätzlich schief gelaufen! Immerhin können Tastatur- und Controller-Steuerung angepasst werden.
Nun auch ganz durch: Storymäßig wird es mit dem eigenen Spieler auf jeden Fall deutlich besser sobald es in die internationale Richtung geht. Auch auf dem Platz macht es zumindest ein wenig mehr Spaß weil die Teams etwas mehr zu bieten haben, die Grundkritik vom vorherigen Beitrag bleibt aber leider.
Mit dem eigenen Charakter ist es leider auch nicht besser geworden: Spätestens nach der Einführung der Super-Schüsse ist der Charakter zumindest wenn man Torjäger ist absolut obsolet. Phasenweise habe ich noch versucht ihn möglichst viel machen zu lassen um hohe Wertungen und Stats zu bekommen, aber irgendwann im Turnier habe ich mich dann ernsthaft gefragt: Wofür? Hyuga kann mit seinem Neo-Tigerschuss auch einfach kurz nach dem Mittelfeld abziehen und fast jeder Torhüter hat keine Chance. Dagegen müsste ich mit meinem Spieler bangen innerhalb einer Spielhälfte überhaupt oft genug abzuziehen bis ein Torhüter keine Energie mehr hat. Und bei den späteren Teams wird das wirklich hart mit Standardschüssen das in der Zeit zu schaffen, da lieber 1-2 garantierte Treffer von Hyuga oder Tsubasa.
Außerdem macht es auch einfach keinen Spaß immer krampfhaft versuchen zu müssen einen bestimmten Spieler alles machen zu lassen, ich wollte mich da lieber treiben lassen. Hat dann auf jeden Fall deutlich mehr gefallen - dem Modus hätte es da besser getan diesen self-insert Protagonisten einfach zu lassen.
Alles in allem war es "ganz nett", aber vom Hocker gehauen hat mich das Spiel jetzt nicht. Wenn ich es richtig gelesen habe kann man nochmal den "New Hero"-Modus anfangen und da potenziell auch die Story lenken um gegen andere Teams zu spielen, aber meine Motivation dazu hält sich gerade in Grenzen. Eventuell nach einer Pause mal wieder. Am Online-Modus habe ich 0 Interesse, stelle ich mir nicht sonderlich spannend vor.
Hab jetzt auch mal ein bisschen auf dem PC reingezockt (hatte von den technischen Problemen zum Glück nur die erhöhte Spielgeschwindigkeit nach raustabben des Spiels, das ließ sich aber durch deaktivieren von V-Sync beheben):
Ich muss sagen, ich bin ziemlich enttäuscht. Bin nun mit der Tsubasa Episode durch und habe jetzt mit dem eigenen Charakter schon ein paar Matches gemacht, und sowohl außerhalb als auch innerhalb des Platzes finde ich das Spiel ziemlich unterdurchschnittlich.
Außerhalb des Platzes:
- Die Art, wie die Geschichte erzählt wird, hat das Niveau von Persona-Nebenquests. Nach den Naruto-Umsetzungen habe ich da weit mehr erwartet als die Charaktermodelle mit ein paar Lippenbewegungen an eine Hand voll verschiedener Hintergründe aufzustellen und dann ihre Geschichten kurz abzuklappern. Wenn dann mal Spiele von anderen "präsentiert" werden darf man nur lesen wie unglaublich etwas gerade ist und sieht dabei maximal einen Charakter auf einer Grastextur laufen.
- In der Geschichte mit dem eigenen Charakter wird das ganze nochmal eine Ecke schlimmer weil die Geschichte auch noch generischer und die Dialoge immer dümmlicher werden. Das wirkt alles einfach unglaublich lieblos dahingeklatscht.
- Die ganzen Freundschaftssysteme und aufleveln etc. sind einfach langweilig. Man hat keine Bindung zu irgendwas, ich klicke mich einfach durch das erstbeste was ich sehe und stecke die meisten Punkte in Power weil der Rest mir nicht sonderlich wichtig erscheint für einen Stürmer.
Auf dem Platz:
- Das Dribbel-System ist dämlich. Gibt es überhaupt einen Grund sich ernsthaft mit Passen oder sonstetwas zu beschäftigen? Wenn man zwei Leute ausgedribbelt hat kriegt man eh immer wieder eine volle Energieleiste, also lohnt es sich wesentlich mehr ab dem Mittelfeld 6 Spieler auszudribbeln und dann abzuziehen als irgendwelche Kombinationen zu machen. Ich gehe sogar bewusst auf gegnerische Spieler zu anstatt ihnen auszuweichen damit ich wieder länger sprinten kann.
- Spezifisch für die...
Hab mir die Mühe gemacht selbst nen Lesertest dazu zu machen, aus Sicht einen Serienkenners. Würde mich freuen wenn möglichst viele sich den mal ansehen und evtl Feedback da lassen.
Es ist halt so ein typisches "Anime Spiel". Wer die Serie auswendig kennt, der wird sich über die Nähe der Vorlage wahnsinnig freuen. Wer die Serie nur "oberflächlich" kennt, der wird auch nur halb so viel Spaß mit dem Spiel haben.
Ich kenne die Serie und mir macht das Spiel auf der Switch extrem viel Spaß
Da steckt teilweise so viel Liebe zum Detail drin. Hat sich jemand mal die Charaktere im Editor angeschaut? Da ist zum Beispiel Wakabayashi, der einen Skill hat, der es im erleichtert Bälle von "außerhalb des Strafraums" zu fangen (das ist eine Spezialität von ihm, was ihn unter anderem in der Serie ausmacht). Oder Misugi, der in den ersten 30 Minuten des Spiels erhöhte Statuswerte hat... danach aber mit reduzierter Kraft weiterspielen muss (weil er ja aufgrund seines Herzleidens nur 30 Minuten spielen darf).
Am krassesten ist aber Hyuga, der ordentlich abgeht wenn seine Mannschaft im Rückstand ist. Dann ballert der den Torwart mit dem Tigerschuss auch mal mit kompletter Willensanzeige um. Diese Nähe zum Anime ist der Hammer
Ob das spielerisch besonders fair ist, ist natürlich eine andere Sache. Aufgrund der Statuswerte sind manche Spieler und Torwarte halt schlichtweg "besser" als andere...
Aber es fühlt sich dadurch echt GENAU SO wie im Anime an. In diesem Spiel steckt wahnsinnig viel Fan-Herz
Und was die Willensanzeige beim Torwart angeht... Ich find die nicht besonders störend. Das ist halt Arcade Fußball. Das Dauerfeuern mit den Superschüssen find ich da ehrlich gesagt wichtiger, als "schöne und kluge" Spielzüge zu spielen. Muss aber jeder natürlich selbst entscheiden.