Colonial Conquest inszeniert keine komplexe Strategie à la Hearts of Iron 3 oder Europa Universalis IV, sondern einfache Eroberungen im Risikostil – allerdings mit ein paar Finessen. Man spielt entweder bis zu 500, 1000 oder 1500 Siegpunkte oder im Endlosmodus, bis alle Feinde vernichtet sind. Es gibt drei Szenarien von „Standard“ über „1880 Race for the Colonies“ bis hin zu „1914 The Brink of War“. Je nach Wahl startet man ohne oder mit jenen Kolonien, die zur eingestellten Zeit der jeweiligen Nation gehörten. Ihr könnt auf Seiten der Amerikaner, Briten, Franzosen, Deutschen, Russen oder Japaner loslegen, die sich u.a. hinsichtlich Produktion, Offensive, Defensive sowie Rekrutierungskosten zu Land und zu Wasser unterscheiden – die britischen Truppen sind z.B. sehr stark, aber dafür auch sehr teuer. Dabei lässt sich offline die KI in zwei Stufen ab- oder zuschalten sowie online mit Freunden spielen.
Mit einem Budget sowie Truppen und Flotte ausgestattet, kann man im ersten Zug weitere Soldaten oder Schiffe ausheben; zudem lassen sich eigene Regionen befestigen oder neutrale Regionen finanziell unterstützen, damit dort vielleicht mehr Militär auf andere Eroberer wartet. Das Spiel ist in Jahreszeiten zu je vier Zügen eingeteilt, wobei sich zwar nicht das Klima auswirkt, aber die Aktionsmöglichkeiten variieren: Nur im Frühling gibt es z.B. frisches Geld, so dass man drei Züge lang nicht produzieren kann und entsprechend haushalten muss. Hinzu kommen Zufallsereignisse, so dass man vielleicht mal gratis ein Fort bauen kann.
Um ein Land zu erobern, bewegt man seine Armee einfach in die Nachbarschaft. Es gibt weder Waffengattungen noch Formationen. Die einzige „militärische“ Entscheidung, die man treffen muss: Wie viele Leute nehme ich mit? Da man ohne den kostspieligen Einsatz von bis zu einer Million Pfund für Spionage nicht weiß, wie viele Verteidiger nebenan stationiert sind, kann das auch ins Auge gehen – wer seine deutsche Armee mal eben blind nach Frankreich oder in andere wertvolle Hauptländer zieht, kann sie auf einen Schlag verlieren. Also kümmert man sich erstmal um die schwächeren neutralen Regionen und verfährt nach dem Ausschwärmprinzip: Volle Kraft voraus in ein schwaches Land und von dort aus weiter expandieren und annektieren.
Von der Nordsee bis nach Australien
Der Reiz von Colonial Conquest lag schon anno 1985 vor allem darin, dass man so die ganze Welt erobern konnte, aber auch aufpassen musste, was in der Heimat passiert. Und auch in dieser Neuauflage stehen einem über 130 Länder zur Verfügung, die man mit seiner Flotte bzw. Flotten in einem Zug erreicht – mit einer Bewegung kommt man also von der Nordsee sowohl ans Polarmeer als auch die Südsee oder Australien. Dabei muss man lediglich darauf achten, dass die Marine nur so viele Soldaten transportieren kann wie es ihrer eigenen Anzahl entspricht: 200 Schiffe fassen also 200 Truppen. Aber Vorsicht, denn die feindliche Flotte lauert auch irgendwo! Verliert man die Schlacht auf See, sind auch alle Mann an Bord verloren.
Landet man in einem Gebiet mit Verteidigern, kommt es dort zum Kampf, wobei mit kläglichen Animationen und kleinen Grafikfehlern lediglich die Zahlenstärken beider Seiten abnehmen,
bis nur noch eine Armee übrig ist – schwups, wird das Land eingefärbt und die eigenen Siegpunkte steigen an. Verliert man eine Schlacht, sinken sie wieder. Dabei werden in der Berechnung auch Forts oder geografische Aspekte wie Dschungel etc. zugunsten der Verteidiger einbezogen, aber Winter oder Sommer spielen keine Rolle für die Schlagkraft oder Manövrierfähigkeit. Eine ärgerliche Besonderheit ist, dass bei Invasionen aus mehreren Ländern die einzelnen Kräfte nicht am Ziel gebündelt werden, denn jede Bewegung wird auch innerhalb eines Zuges chronologisch ausgepielt – sprich: Die Schlachten werden nacheinander berechnet. So sollte man die Truppe mit der niedrigsten Mannstärke am besten als letzte einfallen lassen.
Wer fleißig erobert, darf dann in späteren Zügen mit mehr Einnahmen rechnen, denn jedes Land hat einen monetären Gegenwert, der genauso wie die Siegpunkte stark schwanken kann – Kamerun ist nicht so wertvoll wie Österreich. Die strategische Herausforderung besteht also darin, auf der einen Seite zu expandieren, damit man
genug Nachschub an Marine und Truppen bauen kann, aber auf der anderen seine Kräfte nicht zu weit auszudünnen – außerdem sollte man seine Produktionsländer schützen, denn nur dort kann man Nachschub bekommen. Das Schöne an der KI ist, dass sie durchaus „regional“ denkt, so dass man auch mal in Ruhe gelassen wird, wenn man die russischen Gebiete nicht attackiert und mit heftiger Gegenwehr rechnen muss, wenn man anderen Nationen etwas raubt. Trotzdem ist sie auf „Standard“ deutlich zu leicht zu besiegen, weil sie sich bei der Eroberung nicht clever genug anstellt; allen erfahrenen Spielern empfehle ich den zweiten Schwierigkeitsgrad „Hard“ – da sind die Gegner zwar nicht intelligenter, aber werden zumindest künstlich gestärkt. Und wer es noch spannender mag, spielt zu sechst mit Freunden. Allerdings geht das tatsächlich nicht online, sondern bisher nur an einem Bildschirm per Hotseat.
Ich hab es damals auf dem C64 wir bekloppt gespielt und erinnere mich noch, wie ich minutenlang meine russischen Truppen von einem in das andere Land gezogen hab. Und ich finde das Remake fängt das Original eigentlich prima ein, weil es am Prinzip nichts verändert, auch wenn das aus heutiger Sicht natürlich alles recht simpel ist. Nostalgiker können nur sicherlich noch 20 Punkte auf Eure Wertung draufrechnen
Danke Euch auf jeden Fall für den Test!