Und dennoch bin ich nach etwa einer Stunde an den Punkt gekommen, an den mich diese primitiv gestaltete sowie schnell durchschaute Welt gefangen nehmen konnte. Großen Anteil daran hat die klar strukturierte Geschichte, die Frank mit Hilfe seiner Kamera auch in Form von an Batman angelehnten Beweis-Sammlungen zusammenträgt: Hier muss man Beweise fotografieren, dazu mitunter die Tatorte penibel durchkämmen und von den Sichtfiltern der Kamera (unter anderem Infrarot) Gebrauch machen, um alles zu entschlüsseln. Das ist zwar weder innovativ noch besonders anspruchsvoll, aber dennoch eine willkommene Tempo-Änderung. Hangelt man sich nur an den Zielen entlang, die für den Hauptstrang nötig sind, entgehen einem zwar die Psychopathen und die einer oder andere durchaus interessante Nebenaufgabe. Allerdings fällt einem bei dieser Schleuse dann nicht auf, dass das Potenzial der offenen Welt abseits von irgendwelchen Audiologs, bestimmten Fotos, die man schießen sollte oder neuen Blaupausen für Waffen (sprich: der übliche Sammelkram) hier weitaus weniger genutzt wird als noch im Vorgänger. Neben der Story hat auch die zur Schau gestellte und mittlerweile vollkommen überhöhte Gewalt ihren Anteil daran, dass ich mich durch die knapp acht bis zehn Stunden gemetzelt habe. Obwohl es mitunter hektisch werden kann, ist es für mich beinahe wie Zen Gaming: Man kann wunderbar entspannen und den Kopf komplett abschalten, während man die Untoten nach allen Regeln der Kunst zerlegt und tiefrote Pixelpfützen auf der Straße zurück lässt.
Leider ist das Fotografieren samt Selfie-Funktion, für das man Frank sogar verschiedene Gesichtsausdrücke zuweisen kann, fernab der Beweisaufnahme nur ein beiläufiges Element. Hier bleibt mindestens so viel Potenzial ungenutzt wie bei der Struktur der offenen Welt oder der Technik im Allgemeinen. Obwohl nominell der gleiche Entwickler wie beim Vorgänger verantwortlich ist und die Welt kleiner scheint, nutzt die Kulisse auch auf PlayStation 4 ihr Potenzial nicht aus. Hält man Willamette neben das San Francisco des letztjährigen Watch Dogs 2, sind die Unterschiede deutlich. Schade: Aus einem Open-World-Pionier auf der 360, der gekonnt japanisches Bosskampf-Design mit westlichen Elemente vermengen konnte, ist mittlerweile nur noch ein Mitläufer geworden. Anstatt auch nur in irgendeinem Bereich neue Standards setzen zu können, bietet man zwar kompromiss-, aber auch gehalt-, hirn- sowie anforderungslose Action von der Stange.
Alle Inhalte integriert
Immerhin beinhaltet Franks Komplettpaket alle seit der Premiere veröffentlichten Download-Inhalte. Und dazu gehören nicht nur kosmetische Ergänzungen oder neue Waffen wie die X-Fäuste oder die Zuckerstangen-Armbrust, sondern auch neue Spielmodi. Bei Super Ultra Dead Rising 4 Mini Golf z.B. ist der Name Programm: Auf überdimensionierten Kursen mit Rampen und anderen Versatzstücken versucht man mit bis zu vier Spielern nicht nur, die Zombies in Schach zu halten und damit den Kill-Zähler nach oben zu treiben, sondern auch noch mit möglichst wenigen Schlägen einzulochen, damit man sich mit seiner Punktzahl an die Spitze der Tabelle setzen kann. Mit sechs Kursen á vier Löchern ist der Umfang zwar nicht besonders üppig. Dennoch sorgt die teils explosive sowie mit Untoten prall gefüllte Jagd auf Bogeys und Birdies für kurzweilige Unterhaltung. Ebenfalls gelungen ist die zeitlich nach dem Story-Ende angesiedelte Mini-Kampagne „Frank steht auf“, deren englischer Titel „Frank Rising“ einfach schmissiger klingt. Aus Spoiler-Gründen ist es schwierig, genauer darauf einzugehen. Doch mechanisch und inhaltlich ist dieses Kapitel eines der interessantesten der Kampagne, die man vorher tunlichst gespielt haben sollte, da Kenntnisse über bestimmte Ereignisse vorausgesetzt bzw. in kurzen Rückblenden bruchstückhaft angerissen werden.
Zu guter Letzt darf man mit Franks Komplettpaket auch den Modus „Capcom Heroes“ im Dead-Rising-4-Universum willkommen heißen. Auf Xbox One und PC wird dieser Modus übrigens mit dem aktuellen Patch zur Verfügung gestellt. Hier erlebt man ebenfalls die Hauptkampagne, hat aber weder einen Fähigkeitenbaum zum Verbessern zur Verfügung noch darf man Waffen aufsammeln. Stattdessen schlüpft man in über 30 Kostüme bekannter Capcom-Helden, darunter nicht nur diverse Street-Fighter-Figuren wie Ryu oder Bison, sondern auch Figuren wie Dante, Viewtiful Joe oder Mega Man. Und mit jedem Kostüm gibt es ein neues Set an aufladbaren Fähigkeiten, die neben den je nach Figur unterschiedlichen Nahkampfangriffen genutzt werden können. Allerdings hat man nicht uneingeschränkt Zugriff auf alle Verkleidungen. Zum einen müssen die Capcom-Helden erst alle freigeschaltet werden, bevor man an Spielhallen-Automaten das jeweilige Helden-Outfit angelegt werden darf. Und zum anderen ist die Tragedauer zeitlich begrenzt, bevor man wieder zu Frank wird. Als Alternative zum herkömmlichen Story-Modus hat mir diese überkandidelte Variante tatsächlich besser gefallen. Vor allem auch, da der Arcade-Charakter, der Dead Rising 4 von Anfang bis Ende durchzieht, hier seitens Capcom komplett ausgelebt und gefeiert wird – ein Eindruck, der auch durch neue Sets an Sammelkram wie zu fotografierenden Capcom-Postern usw. verstärkt wird. Prinzipielle Probleme hinsichtlich Inszenierung, Technik etc. haben zwar auch hier weiterhin Bestand. Doch die Heldenriege sowie die Art und Weise, wie sie eingesetzt wird, ist sehr sympathisch und wertet das Gesamtpaket auf – auch wenn man sich damit noch weiter vom eigentlichen Kern der Dead-Rising-Serie entfernt.
Ich vermiss hier ein bisschen das "alte" Inventar der Vorgänger. Nicht, weil ich dort Heilitems einzeln auswählen kann, sondern wegen den Plastikflaschen mit Orangensaft. Die machten so ein befriedigendes Gluckergeräusch wenn man sie beim Laufen in der Hand hielt.
btw wenn du jemanden für den MP suchst, Zaunpfahl und so.
Habe mich sehr gefreut, dass es jetzt ein PS4-Release gibt und bin nach dem ersten Anspielen schonmal sehr zufrieden
Es ist zwar schon derber Klamauk und die Tonabmischung ist eine Katastrophe, aber wenn man weiß, worauf man sich einlässt, macht das Waffenbasteln und die Zombieschnetzelei schon mega Spaß!
Aber eine Frage wurmt mich extrem, vielleicht kann mir das ja einer der Spieler hier beantworten: Gibt es ein Inventar zum Sortieren der Nahrungs- bzw. Heilungs-Items? Oder kann ich wirklich immer nur das letzte aufgehobene Item gegen ein neues austauschen? Wenn ich z.B. eine Wasserflasche im ersten und einen Verbandskasten im zweiten Slot habe, dann aber einen neuen Verbandskasten finde, kann ich dann irgendwie auch die Wasserflasche austauschen?
Falls nicht, wäre das meiner Meinung nach ein ziemliches Manko beim Gamedesign, Onkel Google konnte mir da leider nicht behilflich sein.
Danke für die Charekter-Hinweise. Ist gefixt.
Das Problem mit dem direkten Sprung zum Fazit kann ich weder replizieren noch nachvollziehen.
Cheers,