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Divinity: Original Sin (Rollenspiel) – „Schnick, Schnack, Schnuck!“

Taktische Schere-Stein-Papier-Duelle – ich hab‘ mir das immer anders vorgestellt. Zumindest dachte ich nicht, dass ich mal ganz buchstäblich Schnick, Schnack, Schnuck spielen müsste. Jetzt stehe ich jedenfalls da, es geht um Leben oder Tod, und wie entscheiden die Streithähne darüber? Genau: „Schnick, Schnack, Schnuck!“ Warum sie das tun? Weil es im Rollenspiel Divinity: Original Sin immer um Entscheidungen geht. Nicht nur im Streitgespräch, sondern auch im Kampf und beim Aufdecken eines geheimnisvollen Mordes.

© Larian Studios / Larian Studios / Daedalic Entertainment (PC) / Focus Home Interactive (PS4, Xbox One)

Alte Fantasy, moderne Physik

Denn was dieses Divinity an erwachsener Fantasy, filigraner Erzählung und leider auch einem mitreißenden Soundtrack fehlt, macht es durch seine Liebe zum klassischen Pen&Paper-Rollenspiel wett – eine Art Rollenspiel, das durch viele Handlungsmöglichkeiten das verspielte Alter Ego weckt. Ein Alter Ego, das sich Kisten einfach schnappt und durch die Gegend schmeißt. Das einen Kürbis als Kopfschutz missbraucht. Und das Wasserpfützen herbei zaubert, sie durch Hitze zum Dampfen bringt, mit einem elektrisch geladenen Pfeil drauf schießt und sie so zu statischen Fallen macht. Hossa!

Ich kann kochen, muss Waffen reparieren, Ausrüstung herstellen: Das erklärte Vorbild von Swen Vincke, dem Gründer des Entwicklerstudios Larian, ist Ultima 7 und dessen spielerisch offene Welt. Angestaubt wirkt Original Sin deshalb lange nicht, denn zum einen sind die damals etablierten Werte aktueller denn je – herrlich, wie ich Wegpunkte durch Lesen des Tagebuchs aufspüren muss, anstatt einem Dauerpfeil zu folgen – und zum anderen verleiht ihm die Physik einen modernen Anstrich. Das gilt für Rätsel, in denen Feuer oder Wasser Wege öffnen.

Stellungstaktik

Das gilt vor allem aber für taktische Kämpfe, in denen die Elemente mächtigen Schaden anrichten können. Mit Öl oder Gift gefüllte Fässer sind z.B. eine große Gefahrenquelle. Und falls kein Öl vorhanden ist, zaubere ich eben eine Pfütze herbei. Jeweils einen Begleiter dürfen beide Helden zudem anheuern, der sie so lange begleitet, bis er das Zeitliche segnet oder aus der Gruppe entlassen wird.

Die Anzahl der Kämpfer ist wichtig, weil ihre Stellung zum Feind die Höhe des angerichteten Schadens beeinflusst. Flinke Attentäter können ihre Gegner sogar umlaufen, um ihnen mit Messerstichen in den Rücken zu fallen. Ganz allgemein hilft schon das Umklammern eines Gegners

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Außerhalb eines Kampfes kann man schleichen: Sichtkegel zeigen an, wohin Gegner blicken. © 4P/Screenshot

mit mindestens zwei Figuren.

Auf dem kürzesten Weg…

Wer wann eine Aktion ausführt, entscheidet die Schnelligkeit. Angriff, Bewegung und Zauber darf ich dann beliebig kombinieren – je mehr Aktionspunkte einem Kämpfer zur Verfügung stehen, desto mehr kann er tun. Nicht verbrauchte Punkte spart er für die nächste Runde. Der interessanteste Kniff ist aber: Das Spiel läuft für Roderick oder Scarlett in Echtzeit weiter, falls nur ihr Partner in einen Kampf gezogen wird. Unheimlich gerne lasse ich deshalb einen von beiden Gegner auf sich ziehen und umlaufe mit dem anderen das Areal. Erst wenn sie nah genug ist, wird auch die zweite Figur ins Gefecht gezogen, könnte aber auch jederzeit fliehen.

Sichtlinien beeinflussen die Erreichbarkeit von Zielen, unglückliche Charaktere „fangen“ schlecht gezielte Zauber ab, Anführer stärken die Moral der Truppe: Taktisch ist das Abenteuer ebenso abwechslungsreich wie fordernd und besonders durch die vielseitige Physik motivierend. Verärgert habe ich allerdings Verbündete beobachtet – keine Mitglieder meiner Gruppe – die auf dem kürzesten Weg zum Feind wie Lemminge durch ein Feuer laufen. Mit Brandherden, Wasserdampf oder giftigen Nebeln haben Gegner zudem Schwierigkeiten. Gelegentlich wollen sie die Gefahrenquellen umgehen, laufen kurz darauf aber wieder drauf zu. Meist stellen sich die Widersacher taktisch sinnvoll auf, Glanzleistungen vollbringen aber weder Freund noch Feind.

  1. Ok, habe eben auf YT im Larian Channel das Vergleichsvideo gesehen und das sieht beindruckend aus. Ich würde es gern noch einmal spielen und dann auch beenden :-)
    Bei Stunde 50 war die Luft raus vor allem, und das wurde mit der Enhanced Version geändert, weil der Progress zum Ende hin verloren geht.
    Skill und Itemsystem wurden ja stark überarbeitet.
    Wenn es nicht direkt am 27 raus kommt wäre nicht schlimm weil a) Halo und b) ich nicht da bin

  2. Aye, die Enhanced Edition kommt auf jeden Fall auch für die PC-Version.
    Und nein, die muss man dann nicht erneut kaufen. Bei Steam wird dann noch die Enhanced Edition auftauchen.
    Genau wie bei Wasteland 2.
    Aber bin mir gerade nicht sicher, ob sie ebenfalls am 27.10. erscheinen wird.

  3. WulleBulle hat geschrieben:Hiho....ist ja schon was her der letzte Beitrag hier. Wollte mal fragen, ob das Spiel jetzt "aus der Beta" raus ist und man es bedenkenlos kaufen kann?
    Für einen Freund und mich ist auch der Multiplayer wichtig. Aber auch im SinglePlayer Part sollte es keine Störungen geben.
    Vielleicht ist jemand so nett und listet einige Dinge auf, die sich verbessert haben und gibt ein kurzes Statement zum Allgemeinzustand des Spiels ab.
    Vielen Dank für die Mühe.
    Je fehlerfreier das Spiel läuft, desto besser erinnert es einen daran, dass man vor 20 Jahren bereits glaubwürdigere AI, bessere Dialoge und eine interaktivere Welt hatte. Mit jedem Pixel, der an Grafik draufgekommen ist, scheint man an allen anderen Fronten vergessen zu haben, wie man eigentlich ein RPG macht. Und gerade weil Divinity sehr plakativ mit einigen Anleihen aus den goldenen Jahren dieses Genres um den Block wackelt, tut es nur umso mehr weh, keinen Tag-Nacht-Zyklus zu haben, keine echte offene Welt, keine Tagesabläufe der NPCs... und dafür Sprachsamples, die wiederholt werden, bis einem die Ohren bluten.
    Da kann ich ja gleich den ganzen Tag im Forum abhängen :Blauesauge:

  4. Es ist schon länger offiziell erschienen und nicht mehr Beta. Auch nach release gab es noch einige Patches, unter anderem ein größeres Inhaltsupdate das nochmal neue Companions mit Backstory hinzugefügt hat. Ich hatte aber schon beim durchspielen der Releasefassung keine Bugs. Das Spiel kann bedenkenlos gezockt werden.

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