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Figment 2: Creed Valley (Action-Adventure) – Reise ins Unterbewusstsein

Figment 2 ist ein bildhübsches Indie-Abenteuer, das mit seinem Mix aus Kämpfen und Knobeln rund fünf Stunden lang unterhält. Und es ist ein ziemlich seltsames Spiel: Surrealistisch angehauchte Grafik und das Thema einer Reise in den menschlichen Verstand treffen auf einen läppischen Schwierigkeitsgrad samt halbgarem Zweispieler-Modus, der wie für sehr junge Zocker gemacht scheint. Doch können die etwas mit der Geschichte rund um unerfüllte Lebensträume und Denkblockaden anfangen? Im Test gehen wir der Sache auf den Grund.

© Bedtime Digital Games / Bedtime Digital Games

Teil 2?

Das erste Figment, ebenfalls ein schönes Knobel-Abenteuer aus Iso-Perspektive, erschien bereits 2017 für PC, 2018 wurde es für Konsolen umgesetzt – einen Test auf 4Players hatten wir zwar nicht, ein bisschen Aufsehen gab es aber schon für diesen Indie made in Dänemark. Figment sowie der jetzt erschienene Nachfolger Figment 2: Creed Valley stammen vom Mini-Studio Bedtime Digital, das erstmals 2014 in Erscheinung trat – mit seinem Denkspiel Back to Bed, bei dem es auch schon darum ging, spielerisch in die Gedanken oder Träume eines Menschen einzutauchen.

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Dusty überquert eine Brücke – die Tasten geben sanft nach, und Töne von sich. Ein schönes Detail. © 4P/Screenshot

Das englische Wort “figment” heißt sowas wie “Hirngespinst”, und tatsächlich sind die Levels, durch die sich Hauptfigur Dusty (ein komischer Knilch in einem Tierkostüm) und sein Vogelbegleiter Piper bewegen innerhalb des menschlichen Verstandes angesiedelt. Darauf deuten unter anderem die Gebietsnamen und Protagonisten der Spielewelt hin – man plaudert z. B. mit kleinen Wesen, die Gedanken symbolisieren. In puncto Inszenierung erwartet euch aber kein Spaziergang durch schleimige Gehirnkorridore, sondern ein bunter, märchenhafter Mix aus Surrealismus und Fantastik – hier ein Hauch von René Magritte, dort ein bisschen Hieronymus Bosch und ein bisschen “Codex Seraphinianus” des italienischen Grafikers Luigi Serafini steckt auch noch drin.

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Figment 2: Creed Valley ist eine Augenweide – und grafisch deutlich ausgefeilter und aufwändiger als Teil 1. © 4P/Screenshot

Die Häuschen sind windschief, überall gibt es lustige Details, hervorlugende Tröten, aus Fenstern glotzende Augen oder zauberhaft erklingende Klaviertöne, wenn man über eine aus schwarzen und weißen Tasten gebaute Brücke schlendert. Obendrein veranstalten Boss wilde Tanz-Performances und der Bürgermeister des Unterbewusstseins rappt euch was vor. Figment 2 ist schrill und kreativ – an Einfällen bei der Gestaltung der Spielwelt hat es Bedtime Digital in jedem Fall nicht gemangelt. In spielerischer Hinsicht sieht die Sache aber schon anders aus: “Einfallslos” als Schlagwort für den Spielablauf von Figment 2 wäre vielleicht etwas hart, aber banal oder überschaubar muss man ihn meiner Ansicht nach schon heißen. Man scheucht Dusty per Analogstick durch die Welt, kann mit einem Holzschwert Hiebe verteilen, per Ausweichrolle Attacken umgehen und auf Knopfdruck mit Dingen oder NPCs interagieren. Das war’s auch schon, und natürlich könnte man mit diesem Toolset vielgestaltige Aufgaben erledigen – doch außer ein paar Schalterrätseln, wo Dusty bunte Lampen in Fassungen steckt, oder eine Brücke aktiviert, passiert mit spielmechanische einfach zu wenig…

Kämpfe & Köpfchen


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Aus dem Weg! Bosse neigen dazu, Dusty durchs Level zu jagen – flieht und werdet am Ende mit einem Showdown belohnt. © 4P/Screenshot

Weil ich das erste Figment auch schon durchgespielt hatte, war ich nicht überrascht, dass es in Creed Valley erneut Kämpfe gibt – prinzipiell passen die Auseinandersetzungen mit Stock und Hechtrolle aber eigentlich nur so leidlich zur süßen Spielwelt, der trägen Hauptfigur und der Story. Aber sei’s drum, Kämpfe gehören nun mal zur spielerischen Grundausstattung des Telespiels, dann kloppe ich eben mit diesem anthropomorphen Wichtel und seinem Holzschwert auf kleine Robos und finstere Traumtänzer ein. Das klappt gut und ein, zwei nette Angriffsmuster der Unholde gibt es auch, generell sind die Schlägereien aber schon sehr simpel: Dusty hat keine besonderen Moves am Start und so richtig gut fühlt sich das Bearbeiten der Feinde nicht an; immerhin hinterlässt das Zurückschleudern von Raketen ein gutes Feedback und bei ein paar späten Fights muss doch mal blitzschnell zwischen Angriff und Ausweichen wechseln, um nicht im Projektilregen unterzugehen.

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Genau hinhören: Hier gilt es, ein musikalisches Rätsel zu lösen. Das macht Spaß, ist aber zu leicht. © 4P/Screenshot

Zwei Besonderheiten im Spielablauf finde ich noch erwähnenswert: Zum einen kann man auf pink leuchtende, und zum Teil geschickt versteckte Steine am Wegesrand einschlagen – dann purzeln pinke Orbs heraus, die kleine Episoden der Hintergrundgeschichte freischalten. Die dreht sich um eine kleine Familie, Stress in deren Privatleben und den Traum vom Eigenheim – für mein Empfinden ist das Ganze zu entkoppelt von der Spielwelt auf dem Bildschirm. Der zweite Kniff sind Statuen, die man per Schlag aktiviert und die dann das gesamte Level in einen anderen Status versetzen – plötzlich verschwinden dann Barrieren oder werden NPCs redseliger. Eine nette Idee, die auch manchmal sinnvoll eingesetzt wird – ich hätte mir da aber noch pfiffigere Kopfnüsse erwartet.

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Wechsel-Schalter: Durch eine Schlag auf die rote Apparatur rechts (die Mischung aus Zapfsäule und Totem) ändert ihr die Spielwelt – Türen gehen auf, Brücken verschwinden. © 4P/Screenshot

Überhaupt finde ich erstaunlich, dass die Entwickler sich so ein Szenario ausdenken, das sich mit Konzepten aus der Psychologie befasst – dann aber so wenig daraus machen: Wer sich damit nicht gut auskennt, der erkennt zwar den psychoanalytischen Ansatz bei den Figuren und Spielaufgaben, doch erfährt nichts weiter darüber. Letztlich muss ich mir selbst zusammenreimen, ob an Stelle X etwas Kluges dahintersteckt oder das gerade nur eine schrullige Figur in einem Videospiel ist. Oder ich lasse es ganz einfach und konzentriere mich darauf, meinen Spaß mit dem simplen Spielablauf und der sehenswerten Welt zu haben. Im Solo-Modus fliegt der plaudernde Vogel Piper immer neben Dusty her und liefert sich ein paar Wortgefechte – im Zweispieler-Modus kann ein anderer Spieler den Flattermann kontrollieren. Leider darf man als Piper nur ein paar Hiebe in den Kämpfen verteilen oder Orbs einsammeln – das unterfordert schon nach kürzester Zeit und ist nochmal deutlich langweiliger als der halbgare Unterstützer-Modus in einem Super Mario Odyssey.

  1. Ich habe den Vorgänger leider erst jetzt wahrgenommen (als es im Promo Zeitraum für den 2. umsonst war).
    Für euch ein Kritikpunkt, für mich ein absolutes Plus: das Spiel ist nicht zu schwer und kurz.
    ich habe (2Kids und Hund) nicht mehr die Zeit für überlange Epen.

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