Update oder Nachfolger?
Das erneut – wohlwollend formuliert – sehr klassisch gehaltene Hauptmenü legt nahe, dass es sich bei World Tour nur um einen DLC zum 2020er Flitzer Formula Retro Racing handelt, doch weit gefehlt: Das britische Mini-Studio Repixel 8 hat sich ins Zeug gelegt und einen echten Nachfolger fabriziert – die Streckenanzahl wurde mehr als verdoppelt, in Teil 1 konntet ihr auf acht Kursen das Gaspedal durchtreten, diesmal sind es 18 Stück geworden, die euch von San Francisco über Tokio nach Rom schicken. Manche Streckenlayouts orientieren sich an echten F1-Tracks, andere kurvige Schönheiten sind komplett ausgedacht. Insgesamt wird mehr optische Abwechslung als im Erstling geboten – es geht über riesige Brücken, in der Abendstimmung durch die Großstadt oder mit Karacho durch grüne Täler.
Grafisch werden erneut flächige Hintergründe und extrem grob modellierte Boliden aufgefahren – wie sein Vorgänger orientiert sich auch World Tour am spartanischen Look der allerersten 3D-Rennspiele, vor allem Segas Klassiker Virtua Racing stand erneut Pate. Die Rennen ziehen in butterweichen 60 Bilder bei 4k-Auflösung an euch vorüber, im Großen und Ganzen fand ich den softeren Look von Teil 1 aber einen Tick hübscher. Generell gilt natürlich: Wer mit dieser extrem stilisierten Retro-Optik nichts anfangen kann, der wirft seine Credits natürlich besser bei Need for Speed Unbound oder Forza Horizon 5 in den Münzschlitz.
Driften oder nicht?
Zwei Kategorien von Autos stehen in World Tour zur Verfügung, ihre jeweils fünf unterschiedlichen Modell-Varianten unterscheiden sich nur optisch. Die mit einem Formel-Flitzer symbolisierte Gruppe erinnert in puncto Fahrverhalten an den Vorgänger – die Schlitten driften nicht, das Pad vibriert bei starkem Lenkeinschlag und es macht tierisch Laune, damit in vollem Tempo durch die Kurven zu bolzen.
Gruppe 2 hat einen Sportwagen als Icon und driftet schon bei leichtem Lenkeinschlag ausgesprochen elegant über den Asphalt – hier hat mich das Fahrverhalten mehr an Hotshot Racing erinnert. Einen Brems-Auslöser oder ähnliches braucht es für Drifts nicht, die Wagen schleudern feinfühlig auch durch langgezogene Kurven. Hier rüttelt es dann auch nicht am Controller, das geschmeidige Kurvenfahren mit ausbrechendem Heck erinnert an das sanfte Gleiten eines Stücks Butter in der heißen Bratpfanne.
Generell finde ich es super, dass damit quasi zweierlei Arcade-Raser-Ansätze in einem Spiel geboten werden – allerdings komme ich mit den Drift-Karren bei weitem nicht an die Bestzeiten der anderen Wagen-Kategorie ran. Das finde ich schade, denn schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad ist es mit den Driftern selbst bei fast perfekten Runden – z. B. auf dem „Indiana Oval“ – nahezu unmöglich, in die vordersten Ränge zu fahren. Besonders deutlich wird dies im Modus „Eliminierer“ – ich habe keine Ahnung, wie es in Indiana mit einem Drift-Fahrzeug gelingen soll, weiter als auf Platz 6 oder 7 vorzufahren, wenn die Gegner bei jeder Zieldurchfahrt stärker werden.
Balancing und KI-Verhalten sind ohnehin die Stärken des Spiels nicht: Auf „mittel“ düse ich auf einem Kurs locker aufs Podium, auf dem nächsten ist es echt haarig, überhaupt in die Top-5 zu kommen. Auch hier habe ich das Gefühl, dass es Drift-Autos deutlich schwerer gemacht wird, Rennen zu gewinnen. Das kann doch nicht das Ziel der Macher sein! Dass die KI-Fahrer etliche üble Unfälle fabrizieren, fühlt sich kurz nach dem Start lustig an, doch ihre oftmals kruden Fahrlinien können im späteren Rennverlauf schon mal nerven – da wäre mir ein berechenbareres Verhalten lieber gewesen.
Ziemlich basic
Natürlich ist klar, dass Formula Retro Racing: World Tour auf puristischen Arcade-Fahrspaß nach Retro-Machart setzt, trotzdem hätten ein paar mehr Features, Einstellungen oder Komfort-Optionen zumindest mein Spielerlebnis deutlich angenehmer gemacht: Zum Beispiel eine Stoßstangen-Perspektive – wenn mich ein Spiel schon so stylisch driften lässt wie das erste Ridge Racer, dann würde ich das gerne ebenfalls in Ego-Sicht ausprobieren. Zudem hätte ich mich lieber mit dem rechten Analogstick umgeblickt, statt unkomfortabel per LB-Button den Rückspiegel zu aktivieren. Sichtbare Checkpoints auf der Mini-Map wären ebenfalls praktisch, und wenn dort die Punkte der Gegner nicht ab und zu verschwinden bzw. sich überlagern würden, fände ich das noch besser.
Auch ein paar kleine Tutorials für Online-Bestzeiten-Jäger, besser erklärte Menüs und Modi hätten dem sympathischen Rennspiel gut zu Gesicht gestanden. In puncto Spielvarianten gibt es den Arcade-Modus, in dem man die 18 stark designten Kurse nach und nach freischaltet, dann die erwähnten Eliminator-Variate, wo Überholt-Werden verboten ist, sowie ein freies Training ohne Rundenbeschränkung. Klasse finde ich den (etwas rudimentären) Grand-Prix-Modus, der sich an Mario Kart & Co. anlehnt. Hier wählt man einem Kurs nach dem anderen, die erzielten Punkte werden addiert – passenderweise lässt sich diese Spielart auch im lokalen Vierspieler-Splitscreen zocken.
Also wenn schon Remake, dann GT4. Endlich wieder ein originalgetreues Grand Valley und keine Karikatur davon.
Da du gerade von Gran Turismo sprichst, fällt mir ein, es wurden die Tage Cheatcodes per ingame Tastenkombination für Gran Turismo 4 entdeckt.
Ich möchte ein Remake von Gran Turismo 2
Aber ja. PS2-Xbox-Vanilla = Beste Racing Gen.