Ich erinnere mich noch gut daran, als ich damals zum ersten Mal „Vollgas“ in Aktion erlebt habe: Das Adventure sah mit seinem erwachsenen Zeichentrick-Stil unfassbar cool aus, die Inszenierung wirkte filmreif und auch die deutsche Sprachausgabe hinterließ mit bekannten sowie professionellen Sprechern einen überdurchschnittlich guten Eindruck. Vor allem aber ist mir das Biker-Abenteuer von Tim Schafer deshalb in Erinnerung geblieben, weil es zu den wenigen Titeln aus der LucasArts-Bibliothek gehört, das ich damals nicht durchgespielt habe – und das, obwohl der Umfang mit seinen vier bis fünf Stunden schon 1995 eher mickrig ausfiel. Mich konnte die recht ernst angehauchte Geschichte des Bikers Ben und seiner Motorrad-Gang längst nicht so begeistern wie der Abstecher ins verrückte Tentakel-Tollhaus, die Reisen nach Monkey Island und Atlantis oder die interstellare Reise in The Dig. Lag es vielleicht am vergleichsweise niedrigen Rätselanspruch? Tatsächlich hat Full Throttle mit seinen vielen Zwischensequenzen und übersichtlichen Interaktionsmöglichkeiten inhaltlich mehr Ähnlichkeiten mit den Werken aus dem Hause Telltale als mit den klassischen Point’n’Click-Adventures der mittlerweile geschlossenen Kult-Spieleschmiede. Und genau wie dort wurde auch hier schnell klar, dass Charaktere sowie die Geschichte einen höheren Stellenwert einnahmen als das eigentliche Spiel. Immerhin hat man diesbezüglich sowohl damals als auch heute einen guten Job abgeliefert, sofern man sich mit der eher auf seriös getrimmten Handlung rund um das Biker-Milieu anfreunden kann. Etwas Umgewöhnung erforderte die Steuerung: Schon bei Sam & Max hatte die alte Verbenliste ausgedient und wurde durch Symbole ersetzt, die sich durchschalten ließen. Hier erfolgen die Befehle dagegen über eine grafische Oberfläche, die beim Anklicken von Objekten als Overlay erscheint. Dabei beschränken sich die Interaktionen auf Greifen/Benutzen, Ansehen, Sprechen und…Treten. Das Inventar wird ebenfalls grafisch dargestellt und überlagert auf Knopfdruck den
Spielbildschirm. Als alter Adventure-Hase war das gewählte System damals etwas gewöhnungsbedürftig, ging dann aber ähnlich gut von der Hand wie heute. Selbst mit einem Controller geht die Bedienung in Ordnung, auch wenn sie nicht an den Komfort mit der Maus heran reicht.
Mit dem üblichen Sammeln von Zeugs, kleinen Rätseleinlagen und Dialogen im Multiple-Choice-Verfahren ist es hier nicht getan. Denn auf dem Sattel geht es auch actionreich zur Sache: Vielleicht haben mich schon früher diese weniger gelungenen Kampf-Abschnitte abgeschreckt, bei denen man sich während der Fahrt auf dem Highway mit anderen Bikern einen ziemlich nervigen Schlagabtausch liefern musste. Was man damals aufgrund der sehenswerten Inszenierung vielleicht noch als stylisch empfinden konnte, wirkt heute nur noch wie eine veraltete, billige und irgendwie schlimme Mechanik, auf die man gerne verzichten würde. Nur gut, dass sich diese Sequenzen in Grenzen halten – trotzdem ist man jedes Mal froh, wenn sie vorbei sind.
Gute Restaurierung
Von diesen Schwächen einmal abgesehen hat sich das Team bei Double Fine für das Remaster ähnlich eindrucksvoll ins Zeug gelegt wie schon bei der Neuauflage zu Day of the Tentacle. Die Grafik wurde ordentlich aufgepeppt, es wird eine optionale Hervorhebung von Objekten geboten (Hotspots) und der Bildausschnitt für das neue 16:9-Format passend erweitert. Trotzdem bewegt man sich stilistisch immer noch sehr nah am Original, so dass dessen Flair erhalten bleibt. Um sich selbst davon zu überzeugen, kann man jederzeit auf Knopfdruck zwischen alter und neuer Grafik umschalten – eine Funktion, die man ebenfalls schon vom DOTT-Remaster kennt. Genau wie dort lassen sich außerdem optionale Entwickler-Kommentare aktivieren – alleine für die Einblicke und Anekdoten dürfte sich für Fans des Originals schon die Anschaffung lohnen, doch auch Neulinge sollten ihre Freude daran haben, den Ausführungen von Schafer & Co zu lauschen.
Bei den Dialogen innerhalb des Spiels wird diese allerdings von den mitunter stark verrauschten Samples getrübt – zumindest, wenn man die deutsche Sprachausgabe eingestellt hat. Das englische Original klingt deutlich klarer und wirkt damit qualitativ besser. Das gilt wohlgemerkt nur für die Aufnahmequalität! Wie eingangs erwähnt können sich die Profi-Sprecher der deutschen Version hinsichtlich ihrer Performance absolut hören lassen und stellen damit eine gute Alternative zur Originalversion dar.
Mir persönlich wäre es ehrlich gestanden sogar am liebsten, wenn man gar keine Remakes von Lucas Arts-Adventures mehr machen würde.
Bisher war es nämlich jedes Mal so, dass man nach dem Release des Remakes die Originale nirgends mehr kaufen kann und die kann ich außer auf dem PC dank ScummVM noch auf etlichen anderen Geräten, insbesondere auf ein paar Handhelds, spielen.
Full Throttle ist neben The Dig der Tiefpunkt der Lucas Arts-Adventures. Im Gegensatz zu Grim Fandango oder DotT werde ich die Finger von dem Remake lassen. Interessant als Remake wären für mich noch die Indy-Titel - aber ich vermute, Lizenzrechte werden das vereiteln.
Das ist mal ein Remake das mich sehr anspricht. Werde ich mir devinitiv noch holen wenn ich mal nicht weis was ich zocken soll. Ich hab zwar relativ viel Lucas Arts Games gespielt, aber da war ich noch recht jung und da hat mich das Rocker Setting nicht so angesprochen. Vom Trailer her wirkt das Remake gut gemacht, freu ich mich schon drauf.