Das Spielgefühl erinnert mich stark an meine Kindheit, als ich mir noch keine C64 leisten konnte, aber schon genug Geld zusammengekratzt hatte, um mir einen anderen Heimcomputer zuzulegen: Einen Sinclair ZX Spectrum +2, dem ganze 100 Spiele beilagen. Viele davon besaßen einen starken Erkundungsfokus und bizarre Spielmechaniken, deren Anleitung sich auf wenige nichtssagende Zeilen beschränkte. Warum kann ich nur an bestimmten Stellen schießen? Was bewirken die kreisförmigen Strahlen? Wieso greifen mich nur manche Exemplare der kugelrunden außerirdischen Flummiviecher an? In den kommenden Tagen spukten mir pausenlos derartige Fragen im Kopf herum.
In der Welt von Future Unfolding gibt es keine Flummi-Aliens oder ähnlich futuristische Dinge – dafür aber eine metaphysisch anmutende Naturkulisse. Auch hier sehe ich zu Beginn den Wald vor lauter Bäumen nicht. Bei einem Druck auf den Action-Knopf passieren wundersame Dinge, die ich mir zunächst nicht erklären kann und auf die ich auch nicht zu tiefgreifend eingehen werde, um euch nicht den Spaß am Entdecken zu verderben. Er ist nämlich beinahe die einzige Motivation im verwunschenen Wald: In der Rolle eines Menschen aus der Draufsicht laufe ich umher, experimentiere mit allerlei wundersamen Mechaniken und lege bei erfolgreich gelösten Rätseln neue Abschnitte, Seen und Höhlen frei. Irgendwann im Laufe des Spiels versteht man auch, wie man einen Durchgang in den zufallsgenerierten Umgebungen abschließt, um in ein neues Areal zu gelangen.
Beruhigende Idylle
Falls ihr euch jetzt verwirrt am Kof kratzt, versuche ich, etwas konkreter zu werden: Nähere ich mich etwa einem Schaf und drücke den Action-Knopf, freunde ich mich ähnlich gut mit ihnen an wie Jeff Minter. Danach dackeln sie mir treu hinterher. Nach der Lösung eines kleinen Rätsels lässt sich ihre Zutraulichkeit auf alberne Weise nutzen, um Höhenunterschiede zu überqueren. Auch frei stehende, besonders buschige Büsche werden nützlich: Am Rande von Klippen lassen sie sich auf Knopfdruck als Trampolin nutzen. Die Anordnung von Bäumen, geheimnisvollen Monolithen oder getarnten Schaltern spielt ebenfalls eine Rolle. Manche Tiere lassen sich als Helfer einspannen, jagende Spezies sollte man dagegen vorsichtiger umschleichen, wenn man nicht scharf darauf ist, gefressen zu werden – was passend zum entspannten Konzept aber keine schlimmen Konsequenzen nach sich zieht. Die einfach gehaltene Steuerung geht ähnlich gut von der Hand wie am PC und auch grafisch habe ich weder auf der PS4 Pro noch auf der PS4 Amateur größere Unterschiede ausmachen können. Im Gegensatz zum Spielrechner lassen sich auf Sonys Konsolen allerdings keine Qualitätsstufen der Grafik anpassen.
Immer wieder kommt es zu richtig schönen Aha-Erlebnissen, wenn man nach einigen Minuten des Probierens wieder ein Geheimnis der obskuren Welt enträtselt hat. Die Entwickler haben extra eine eigene Engine gebastelt, um zweideimensionale Grafiken mit lebendigen Elementen wie 3D-Schatten anzureichern. Das Ergebnis bietet ein ganz eigentümliches, magisches Bild eines Waldes, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Die bunte Vegetation wiegt sachte hin und her, wenn das Männchen sie streift. Auch die verschnörkelt über den Schirm züngelnden Magieffekte und der entspannte Soundtrack tragen viel zur Stimmung bei. Oft wurd es mir allerdings schon zu ruhig: Immer wieder mal stand ich eine Weile lang auf dem Schlauch, so dass mir beim minutenlangen Abklappern der Umgebung beinahe die Augen zugefallen wären. Ein weiterer Nachteil ist, dass ein Großteil der überschaubaren Mechaniken relativ früh entzaubert sind. Wer weiterspielt oder in eine neu generierte Welt startet, entdeckt zwar noch weitere Phänomene, allerdings nutzt sich die Lust am Erforschen deutlich ab.