Wann ist es genug? Wie weit kann jemand gehen, bevor man die Nerven verliert und zuschlägt – selbst wenn es das Leben der eigenen Familie gefährdet? Rodrik Forrester geht am Stock und muss als Lord miterleben, wie er und seine Angehörigen schikaniert und seine Ländereien geplündert werden. Was sich in der zweiten Episode andeutete, wird nochmal in schmerzhaften Situationen verschärft: Die Whitehills haben den Familiensitz nicht nur besetzt, sondern sie demütigen die Forresters – selbst der Tod von Ethan wird von besoffenen Wachen in der Halle nachgespielt. Schaut man sich das stoisch an oder immt man den Kelch und schmettert ihn in dieses grinsende Gesicht?
Man muss in der Rolle von Rodrik viele dieser Entscheidungen treffen, wobei ein direkter Angriff aufgrund der eigenen militärischen Schwäche nie denkbar ist und die Aussicht auf politische Allianzen vielleicht nur dann besteht, wenn man die Füße still hält und das Theater über sich ergehen lässt. Trotzdem lässt Telltale auch dazwischen etwas Luft für die eigene Initiative, für die letzten Möglichkeiten, die eigene Wut zumindest in Tapferkeit zu verwandeln. Es gibt eine richtig starke Szene, in der man vor aller Augen auf’s Ganze gehen kann – oder eben nicht. Spätestens dort zeigt sich, wie gut das Drehbuch diese Entscheidungen inszeniert als auch erzählerisch integriert. Und davon gibt es sehr viele.
Von der Wüste in den hohen Norden
Es geht in dieser dritten Episode natürlich nicht nur um Rodrik in Ironrath: Satte vierzehn Mal wechselt die Perspektive auch zwischen Gared an der Mauer, der zum Ranger geweiht wird, zu Mira in King’s Landing, die mit den Intrigen am Hof klarkommen muss, sowie dem exilierten Bruder Asher im Süden, der von der Lost Legion gejagt wird und eine Söldnertruppe anheuern soll. Alle haben ihre eigenen Konflikte auszutragen, wobei es oftmals um Freundschaft auf der einen und die Verpflichtung gegenüber der Familie auf der anderen Seite geht. Noch kann man nicht absehen, inwiefern Telltale aus diesen Entscheidungen letztlich auch fatale oder siegreiche Folgen gedeihen lässt.
Im Gegensatz zur zweiten Episode wird endlich auch der mysteriöse Faden rund um „Northern Grove“ weitergesponnen – auch das Thema Wildlinge wird überraschend eingeflochten. Es gelingt dem Drehbuch zudem, die tragische Familiengeschichte immer weiter mit dem großen Schicksal der Sieben Königreiche zu verknüpfen: Tyrion wird verhaftet, Jon Snow will zu Crasters Bergfried ziehen und die Lady der Drachen feiert samt einem Auftritt Drogons ihre Premiere.
Bei allem Lob für die Story: Telltale bleibt sich spielerisch weitgehend treu. Das verwundert natürlich nicht mitten in dieser Staffel. Es gibt also kaum kreative Interaktionen in den sehr kleinen Gebieten und man muss lediglich in einigen ansehnlich choreografierten Reaktionstests heikle Gefechte meistern. Aber gerade das teilweise banale Abgrasen von Hinweisen oder das stoische Anklicken von Verszeilen zeigt mal wieder auf, wie viel selbst einfaches Erkundungs- und Rätselpotenzial in dieser Art des Adventures verschenkt wird. Immerhin gibt es einen Hauch von Rätsel: Man bekommt einen Gegenstand, kann ihn untersuchen, einsetzen und damit etwas finden. Dass man sich darüber freut, hat allerdings mehr damit zu tun, dass es für Telltale (zumindest in Game of Thrones) so ungewöhnlich ist als dass es besonders anspruchvoll designt wäre – schade.
Und ja sie ist in der Serie mehr als überhyped. Es gibt andere weibliche Charaktere, die sympathischer sind.
Nicht zu vergessen die überhypteste Figur der gesamten Buchreihe/Serie (vor allem Serie)