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Game of Thrones – Episode 6: The Ice Dragon (Adventure) – Starke Regie, schwaches Finale

Mit der sechsten Folge „The Ice Dragon“ hat Telltale Games das Kapitel rund um Game of Thrones geschlossen. Moment, nicht ganz: Die zweite Staffel ist ja bereits angekündigt. Warum das sinnvoll ist klären wir ebenso wie die Frage nach der Einschätzung dieses Episoden-Adventures. Dabei gehen wir nicht näher auf erzählerische Details dieser sechsten Folge ein, sondern wollen diesen Abschluss nutzen, um die gesamte Reihe zu bewerten.

© Telltale Games / Telltale Games

Marmor, Eis und Eisen bricht…

…aber unsere Familie nicht? Wer die Forresters in diesem Game of Thrones über sechs Episoden begleitet und seiner Familie getreu dem Motto „Iron from Ice“ dienen will, muss viele harte Entscheidungen treffen. Schon zu Beginn, aber spätestens in der fünften sowie sechsten Episode gibt es je nach Spielweise schmerzhafte Konsequenzen, wenn man vielleicht im naiven Trotz den Helden spielen oder alle Beteiligten irgendwie retten will. Und was macht eigentlich einen guten Anführer aus? Ehrenhafter Stolz oder verschlagenes Schauspiel? All das ist möglich, all das wird Folgen haben. In den vielen Dialogen sind es nicht immer die offensichtlichen Anwtorten, die einem später helfen – man muss einige Klischees des Guten hinter sich lassen, wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt. Hilflos muss man vielleicht mit ansehen, wie Erzfeinde in der eigenen Halle morden oder wie aus freundlich lächelnden Verbündeten plötzlich wölfisch grinsende Verräter werden.

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Wird das Geheimnis um „Northern Grove“ gelüftet? © 4P/Screenshot

Telltale Games nimmt keine Rücksicht, wenn es um die Opfer der politischen Ränkespiele geht – egal ob sympathischer Krieger oder unschuldiges Kind. Es wird recht schnell klar, dass in diesem gefährlichen Spiel jeder betrogen werden und natürlich sterben kann. Man hat irgendwann das Gefühl, dass die größten Gefahren nicht in den blutigen Kämpfen mit ihren Reaktionstests, sondern in den heiklen Gesprächen mit all den Strippenziehern liegen. Oder gar in den eigenen Reihen. Aber auch abseits des politisch Brisanten gibt es viele emotionale Situationen, in denen es vielleicht um ein Versprechen, um die Freundschaft oder die Liebe geht. Hier wirkt dieses Game of Thrones angenehm erwachsen. Und damit inszeniert dieses Episoden-Adventure genau das, was man von den gnadenlosen Romanen des George R.R. Martin kennt.

Von der Mauer bis zur Wüste

Für diese Konsequenz verdient Telltale Games ein ebenso großes Lob wie für die

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Nicht nur im hohen Norden kommt es in der sechsten Folge zu dramatischen Entscheidungen. © 4P/Screenshot

erzählerische Leistung, diese Geschichte der Forresters glaubwürdig in das große Ganze der Sieben Königreiche einzuflechten – keine leichte Aufgabe! Zwar erinnert dieses Haus des Nordens in einigen Bereichen an die Starks – vor allem in der überregionalen Verwicklung der ganzen Familie. Wer die sechs Episoden spielt, erlebt nicht nur die Story einer Familie in einem lokalen Kontext, sondern reist zur berühmten Mauer und noch weiter in den Norden, trifft nicht nur in King’s Landing bekannte Persönlichkeiten wie Tyrion oder Cersei Lannister, sondern bekommt auch ein Gefühl für die außenpolitische Dimension, weil man auch auf dem Kontinent weit im Süden mit Daenerys Targaryen zu tun hat.  

Um dieses breite Spektrum an Themen und Regionen anzubieten, versetzt mich Telltale Games in verschiedene Rollen, so dass mit der Szene auch die Perspektive und vielleicht das Geschlecht wechselt: Als Zofe Mira muss ich mich am Königshof ganz anders verhalten als ihr Bruder Asher als Söldner oder etwa Gared Tuttle an der Mauer. Hinzu kommen markante Nebenfiguren wie etwa die Söldnerin Baksha oder gar ein Wildling, so dass viele Konflikte und Kontroversen entstehen. All diese Charaktere sind nicht nur gut geschrieben, sie bieten auch interessante Einblicke in diese Low-Fantasywelt, in der Politik und Stahl statt Dämonen und Magie regieren. Trotzdem macht Telltale Games von Beginn an neugierig mit dem Familiengeheimnis um den mysteriösen „North Grove“. Gibt es neben Drachen tatsächlich noch anderes Sagenhaftes?

Schwaches Finale und bekannte Defizite

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Ihr könnt das Schicksal der Forresters beeinflussen. © 4P/Screenshot

Nach all dem Lob, folgt die Kritik, die mit dem schwachen Finale dieser sechsten Folge beginnen muss. Ja, was die dramatische Zuspitzung der Ereignisse angeht, kann ich der Regie zunächst ein Kompliment machen. Aber ohne auf Details einzugehen, bleiben einfach zu viele Fragen in dieser Familiengeschichte offen. Es ist sehr enttäuschend, dass Telltale Games hier so deutlich auf die zweite Staffel hinarbeitet, anstatt das Kapitel um die Forresters wirklich befriedigend abzuschließen. Neben diesem schwachen Finale bleiben auch die bekannten Kontrapunkte bestehen: Lediglich in Folge vier kommt mal der Hauch eines Rätsels  auf, aber ansonsten enttäuscht das Abenteuer mit sehr anspruchslosem Geklicke, ohne dass man mal sein Hirn einsetzen oder clever kombinieren müsste.

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Wessen Leiche liegt hier? Ihr trefft die Entscheidung. © 4P/Screenshot

Die spielerischen Defizite werden nur leidlich von den gut choreografierten Kampfszenen mit ihren Reaktionstests kompensiert, die immerhin für etwas Abwechslung sorgen, auch wenn sie nach dem Scheitern erneut die gleichen Kombinationen verlangen – zum Finale hin werden diese immer drastischer bis ins Extreme inszeniert, wenn sich Stahl durch Augen frisst oder Köpfe rollen. Dieser Fokus auf explizite Gewalt passt zwar zur Romanvorlage, aber Telltale Games lässt dafür die explizite Sexualität komplett weg, die bei George R. R. Martin immer wieder vorkommt. Hier hat man fast das Gefühl, ein prüdes Adventure zu spielen, obwohl es in King’s Landing genug schlüpfrige Möglichkeiten gegeben hätte.

Viel entscheidender ist allerdings, dass man während des Spielens dieser sechs Episoden in ein zu enges Korsett gezwängt wird. Die fehlenden Rätsel sind ja das eine, hinzu kommen so kleine Schauplätze, dass man kaum von Erkundungsreizen sprechen kann. Und obwohl man Gegenstände findet sowie eine Art Inventar hat, wirkt das angesichts der kaum vorhandenen Interaktionen wie ein überflüssiges Zugeständnis an alte Adventurezeiten. Last but not least sind die zweimonatigen Wartezeiten auf diese nicht mal zweistündigen Episoden viel zu lang, denn man wird komplett aus der Story gerissen. Da hätte man zumindest ausführliche Rückblicke statt diese oberflächlichen Zusammenschnitte zu Beginn einer Episode anbieten können.


  1. Da ich aktuell sowieso leicht GOT gehyped bin, war die Staffel der perfekte Lückenfüller.
    Nördlich der Mauer war es für mich am interessantesten. Ich hatte bei dem Namen der letzten Folge zwar mehr erhofft, aber das wäre dann vllt doch zu krass gewesen. :P
    Laut News ist die 2te Staffel ja schon sehr lange angekündigt. Wann soll es denn soweit sein?

  2. Ich hab das Spiel vor ca. 2 Monaten auch einmal komplett durchgespielt (3 Abende) und empfand es als massive Verschwendung von Lebenszeit.
    Es ist imho komplett sinnlos und 90% der Zeit gähnend langweilig.
    Einzig die gelegentlichen Dialoge mit Cersei/Tyrion waren spannend.

  3. Habs auch in einem Stück durchgezogen (also ... über mehrere Tage hinweg).
    Im Großen und Ganzen hat es mir sehr gut gefallen, von der Dramaturgie kam es der Serie wirklich nahe, auch die bekannten Figuren wie Tyrion oder Daenerys wirkten authentisch auf mich.
    Was mir aber nicht wirklich gefallen hat, war dieses "Vorgaukeln" von Entscheidungsmöglichkeiten. Ich habe es nur ein Mal durch, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es sowas wie unterschiedliche Enden wieder gar nicht gibt, oder?
    Also vollkommen egal, wie ich mich verhalte, im Endeffekt habe ich nur wirklich Einfluss, wer am Ende lebt und wer nicht - und zwar im Fall von vielleicht 2 oder 3 Hauptfiguren?
    Ich bitte um ein paar alternative Erfahrungen, ohne dass ich große Teile des Spiels sofort nachholen "muss":

    Spoiler
    Show
    Ich opferte Rodrik für Asher. Ergebnis: Die Staffel endet mit einem halbtoten, schwer verwundeten Asher. Hätte ich Asher geopfert, hätte die Staffel mit einem halbtoten, schwer verwundeten Rodrik geendet, richtig? So oder so, ich kriege einen "Krüppel"-Forrester?
    Ich entschied mich, die Whitehills in mein Haus einzuladen, gab der Tochter Gwyn mein Friedensversprechen und entschied mich für den Hinterhalt mit den Grubenkämpfern. Wie erwartet ging der schief, Ergebnis: Gwyn sticht auf Asher ein, der rettet sich und tötet Gryff und diesen schweren Krieger. Mutter Forrester stirbt. Beskha schnappt sich Ryon und entkommt.
    Lasst mich raten: Hätte ich mich fürs Gift entschieden, wäre Ludd Whitehill skeptisch geworden, meinetwegen hätte ein niederer Soldat den Wein getrunken, wäre krepiert, und eine Schlacht wie in meinem Fall wäre entbrannt?
    Und ... wenn ich das Versprechen an Gwyn eingehalten und den Hinterhalt abgebrochen hätte - lasst mich raten, die Grubenkämpfer wären unzufrieden geworden und hätten den Angriff von sich aus eingeleitet?
    Also, egal was ich getan hätte, einen anderen als einen kriegerischen Ausgang im Hauptstrang hätte es gar nicht geben können?
    Nachtrag: Hab ein bisschen...

  4. Habe das Spiel jetzt in ein rutsch fast durchgespielt und mir hat es richtig gut gefallen! Kann die schlechte Kritik nicht so richtig nachvollziehen. Gerade das offene Ende macht doch erst richtig Lust auf mehr und gehört zu GoT doch dazu.
    Ebenso was die Entscheidungen angeht. Schon TWD1 hat damals ein die "Freiheit" nur vorgegaukelt. Am Ende lief es daraus hinaus wie Telltale es wollte und nicht wie wir Entschieden haben.
    Mich stört es nicht das ich im echt eigentlich nur wenig Einfluss auf die Story habe. Mich hat es auch so gepackt und hat mich besser unterhalten als die 2.te Staffel von TWD.

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