Die Dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts stehen in der düsteren Vorstellung von Game Freak unter keinem guten Stern: Die Erde wird von Robotern angegriffen, die beinahe die komplette Menschheit vernichten. Wer überlebt, wird versklavt. Und es brechen auch in Reihen der Überlebenden Aggressionen aus. Wie z.B. bei der weißblonden Unbekannten, die man im Tutorial steuert und deren Ziel es ist, die 19-jährige Reika aus ihrem Gefängnis zu befreien. Doch aus unerfindlichen Gründen trifft sie im letzten Moment eine andere Entscheidung und versucht, Reika zu töten. Schwer verletzt wird diese von einem Wissenschaftler der Rebellen wieder hergestellt und kybernetisch „erweitert“ bzw. „verbessert“. Und das ist auch nötig, wenn man mit ihr die robotische Bedrohung aufhalten möchte. Auf ihrem Weg, das Geheimnis nicht nur der Roboter-Invasion, sondern auch ihrer unbekannten Meuchelmörderin aufzudecken, warten nicht nur haufenweise Gegner, sondern auch verdammt viele Umgebungsrätsel, von denen die meisten auf Manipulation der Umgebung im Rahmen von physikalischen Gesetzen beruhen.
So kann Reika mit ihrem mechanischen Arm nicht nur kräftig in der Vertikalen sowie Horizontalen austeilen und damit bestimmte Wände zum Einsturz bringen oder natürlich Roboter in ihre Einzelteile zerlegen. Sie kann alle zerstörten, losen bzw. herumliegenden Elemente, die mit gelber Nano-Flüssigkeit markiert sind gleichzeitig aufnehmen und so quasi ihren Arm um eine dynamische Abrissbirne erweitern. Sie kann die Trümmer auch zu neuen Gegenständen zusammensetzen, wobei die Baupläne erst in den Computer-Terminals der in dutzende Einzelbereiche unterteilten 2D-Plattform-Spielwelt gefunden werden müssen. Mit einem Würfel z.B. kann man nicht nur „Wippen“ manipulieren, sondern kann ihn auch benutzen, um höher liegende Plattformen zu erreichen. Mit der „Peitsche“ lassen sich weitere Wände zerstören, die mit dem „einfachen“ Schlag keine Schramme nehmen usw. Die Vorbilder Metroid und Castlevania werden spätestens hier spürbar: Sehr häufig ist mit neuen Einsatzmöglichkeiten oder Upgrades im immer größer werdenden Fähigkeitenbaum der Zugriff auf neue oder vorher nicht betretbare bzw. erreichbare Areale verbunden. Sehr schön: Neben 20 frischen Puzzleräumen sowie einem weiteren Schwierigkeitsgrad gibt es in der „Alt.“-Version von Giga Wrecker im Vergleich zum PC einen Roboter-Sidekick, der einen nicht nur mit lobenden Worten motivieren möchte, sondern an bestimmten Stellen auch Tipps geben kann, wie man die von den Designer als besonders schwierig gesehenen Rätsel angehen sollte. So soll Frust minimiert werden – eigentlich eine gute Idee.
Der Teufel im Detail
Doch spätestens mit dem ersten Boss und dem wie bei allen Endgegnern massiv ansteigenden Schwierigkeitsgrad hilft auch der mechanische Begleiter nicht weiter. Zwar lassen sich sämtliche Angriffsmuster erkennen und in der Theorie auch gegenwirken, doch es gibt mechanische Macken, die nicht nur bei der Erkundung der Abschnitte und den Kämpfen gegen die üppigen „Standard“-Gegner stören, sondern auch die Bosskämpfe plagen und mitunter empfindlich beeinflussen. Denn ausgerechnet Steuerung und Kollisionsabfrage leisten sich das Spielgefühl beeinflussende Schnitzer. Bei der Levelerkundung kann man sich noch einigermaßen an die sehr sensible und zu häufig gegen den Spieler entscheidende Kollisionsabfrage bei Sprungpassagen gewöhnen – bzw. man kann den Bereich beim Scheitern ohne großen Aufwand nochmals in Angriff nehmen. Doch wenn man zusätzlich einen sauber getimten Sprung mit einem Schlag verbinden muss, um den Weg zum nächsten Hüpfer freizulegen oder Trümmer von der Umgebung zu lösen und nach dem Sprung entweder der Schlag etwas zu spät ausgeführt wird man von einer Kante abrutscht, obwohl die Landung sauber war, nagt das an der Geduld. In bestimmten
Gebieten darf man zwar auch „die Zeit zurückdrehen“ und alles wieder in seinen Ursprungszustand versetzen. Dadurch wird der Frust etwas abgemildert und man muss auch positiv festhalten, dass dieser „Reset“ aktiv in Rätsel eingebunden ist. Dennoch wäre es eine sinnvolle Pflicht gewesen, zusätzlich auch das Kollisionsverhalten zu optimieren.
Ein Problem, das Giga Wrecker Alt. mit anderen physikbasierten Puzzlern teilt, ist der etwas übersensible Einsatz der Physik-Elemente. Es ist zwar gut gemeint, wenn Einfallswinkel eine Rolle beim Abprallverhalten spielen. Oder dass man seinen Schrottball durch Kautschukmasse in einen Flummi verwandeln darf, der dann realistisch durch den Abschnitt hoppelt. Oder dass einstürzende Flure von darunter liegenden Kreissägen formschön zerlegt werden. Doch mitunter geht dies zu Lasten des Spielflusses. Denn zusätzlich zu den ohnehin vorhandenen Problemen mit der Kollisionsabfrage sorgen die zwar realistisch wirkenden, aber innerhalb der Spielwelt etwas zu übertriebenen Reaktionen von Gegenständen mit der Umwelt für mehr Frust als Lust. Zu häufig ist die Toleranzzone, in der eine Aktion, Interaktion oder Objektveränderung stattfinden muss, sehr gering. Und mit der stets spürbaren Steuerungs-Latenz, wenngleich sie relativ gering ausfällt, werden manche Puzzle zu einer unnötigen Geduldsprobe. Man weiß genau, was man machen muss, scheitert aber zu häufig an der übersensiblen Mechanik. Das ist insbesondere bedauerlich, da sowohl das gelegentlich minimalistische Anime-Artdesign, das mit seinen teils knallbunten Hintergründen und gleißenden Effekten dem düsteren Story-Ansatz widerspricht, als auch die Geschichte per se durchaus ansprechen.