Sowohl der Blade Runner-Film als auch das Adventure waren nicht nur ewig dunkel, verregnet und trostlos, sie vermittelten trotz allem auch den Eindruck einer lebendigen Zukunftswelt, in der sich skurrile Typen wie menschelnde Androiden, kaputte
Eigentlich hat das Spiel alles, was ein richtiges Cyberpunk-Adventure ausmacht, dennoch bleibt es bei den Ansätzen. |
Gesetzeshüter und verrückte Wissenschaftler tummelten. Doch das Ganze war nicht nur unterhaltsam, es ging auch um die philosophische Frage: Was macht einen Menschen aus? Obwohl vermutlich niemand ernsthaft in der verseuchten Welt leben wollte, wurde die negative Utopie Kult. Fiktive Begriffe wie Voight-Kampff Test, Replikant oder Tannhäuser Tor waren wegweisend und werden längst auch in anderer Science-Fiction verwendet. Was bleibt bei Goin‘ Downtown in Erinnerung?
Eigentlich zu große Fußstapfen. Goin‘ Downtown versucht in sie hinein zu kommen, was aber nur stellenweise gelingt. Ansätze sind vorhanden, aber die Welt ist nicht so ausgefeilt, obwohl es technische Spielereien gibt. Philosophisch ist daran leider wenig, da die Motive des Helden im Nebel bleiben. Ist es pure Neugier, die ihn antreibt? Das Abenteuer ist düster, es könnte aber noch ne Ecke düsterer sein. Das wird aber durch die blaustichige Cel Shading Comic-Grafik verhindert, bei der die Umgebung nie richtig verlaust aussieht. Man muss allerdings bedenken, was Silver Style vorher für Adventures gemacht hat, denn die waren zuckersüß. Für das kleine Berliner Studio ist das also ein Fortschritt, was die Bandbreite seiner Schauplätze anbetrifft.
Undurchsichtige Story
Doch der Reihe nach: Fangen wir mit der Story an, die nicht das Niveau von Blade Runner erreicht. Wen wundert’s? Sie beginnt zwar mit einem Paukenschlag, da ihr den Protagonisten gleich mal auf einem elektrischen Stuhl antrefft. Wie konnte
Die Story bleibt bis zum Schluss nebulös, was der Motivation abträglich ist. Der Barbesitzer ist aber jemand, der euch weiterhilft. |
es soweit kommen? Was hat er verbrochen? Ihr spielt die Vorgeschichte nach, die aber mit Konkretem zu lange hinterm Berg hält. Danach geht es nur mehr schleppend voran, da ihr zu lange im Dunkel tappt. Gut die Hälfte des zehn Stunden langen Point&Click-Adventures zieht vorbei und ihr blickt immer noch nicht durch. Zumindest ein paar Hinweise hier und da wären schon nett gewesen, stattdessen seid ihr mit Nachforschungen beschäftigt, die keine Fragen beantworten sondern ständig neue aufwerfen.
Als Jack, der Held von Goin‘ Downtown, eines Tages im Jahr 2072 vor seine Wohnung tritt, findet er eine junge Frau, die dort bewusstlos liegt. Der abgehalfterte New Yorker Bulle nimmt die gefallene Schönheit ohne Hintergedanken mit auf sein Zimmer, nur um ihr zu helfen. Als er am nächsten Morgen erwacht, liegt die Frau in einer Blutlache auf dem Trottoire, denn sie fiel über Nacht aus dem Fenster. „Selbst gesprungen“ wie es bei der Polizei schnell heißt, weil man sich den Papierkram ersparen will. Die Tote entpuppt sich nämlich als Prostituierte, die vom Ansehen her am unteren Ende der gesellschaftlichen Skala rangierte. Für so einen Fall gibt es nicht mal ein Erfolgshonorar vom Staat und doch geht Jake die Frau nicht mehr aus dem Kopf. Er ermittelt auf eigene Faust weiter.
Leichte Rätsel
Die Aufgaben, die sich euch stellen, sind auch nicht so spannend, wie sie sich zunächst anhören. Obwohl sie bisweilen durchaus abwechslungsreich daher kommen: Ihr müsst schon mal einen Fastfood-Automaten bedienen, ne Giftschlange „melken“ oder euch telefonisch bei Sekretärinnen bis zum Chef durchwursteln, was aber Ausnahmen sind. Die allermeisten Rätsel sind aber solche, wo ihr einen oder mehrere Gegenstände aus dem gut zu bedienenden Inventar anbringen müsst. Die abgestufte Lösungshilfe ist also in den meisten Fällen gar nicht nötig, da die Rätsel schnell gelöst sind. Wie oft müsst ihr nur zu jemandem fahren, um was zu holen? Das wird auch nicht dadurch viel spannender, wenn ihr von Tag in die Nacht wechseln müsst, zumal das schon bei anderen Titel von Silver Style vorkam.
Bisweilen sind die Rätsel aber zu offensichtlich. Dass ihr mit eurer ersten Verhaftung exakt die Summe verdient, die ihr für die Bezahlung einer Reparatur braucht, ist schon seltsam. Hätte man hier nicht ein paar Anläufe dafür brauchen dürfen, zumal es Spaß macht, die Verdächtigen hops zu nehmen. Das kommt aber nur einmal im Spiel vor, obwohl der Held
Während ihr recht einfache Aufgaben erledigt, kommt ihr ganz schön rum in der Stadt. Die Schnellreisefunktion sorgt für Entspannung. |
chronische Geldnot leidet. Auch das Kabel, das ihr zum Telefonieren braucht, liegt genau vor eurer Nase, so dass suchen entfällt. Positiv fällt auf, dass großes Gefummel meist nicht nötig ist. Wenn ihr alle Gegenstände für die Lösung habt, geht es intelligenterweise auch gleich weiter. Wenn ihr also alles habt, um eine Tür zu öffnen, geht die auch wie von Zauberhand auf. Ansonsten alles linear wie eh und je, denn ihr müsst alles hübsch der Reihe nach machen, wie der Macher es sich gedacht haben.
Obwohl es zum Setting gepasst hätte, hat man sich Action-Sequenzen gespart. Das geschah wohl mit Rücksicht aufs Adventure-Publikum, das Action stets skeptisch gegenüber steht. Dennoch kommen Kämpfe vor, die ihr aber nicht direkt steuern könnt. Das geschieht vielmehr über einen Wortwettkampf ähnlich wie bei Monkey Island, bei dem derjenige zuschlägt, der den besseren Spruch bringt. Hört sich gut an, wurde aber nur mau umgesetzt. Zu schnell findet ihr heraus, wie der Hase läuft und der viel stärkere chinesische Gegner liegt im Staub. Auch wenn Jakes flinkes Bike die Annahme nahe legt, es gibt keine Fahreinlagen. Zum Glück gibt es eine Schnellreisefunktion, so dass ihr nicht unbedingt beim Motorradfahren zuschauen müsst.
Philip K. Dick würde sich im Grab umdrehen.
Na das klingt doch alles gar nicht mal so übel. Anscheinend nicht ganz so düster und tiefgriefend, Rätsel auch nicht zu hart, klingt insgesamt nach einem netten Spielchen für zwischendurch.
Ich mag ja manchmal diese etwas flacheren Spiele (und auch Filme), die einen nicht völlig vereinnahmen und komplett in ihren Bann ziehen und nicht mehr loslassen auch ganz gerne.
30€ sind sicherlich schon ein fairer Startpreis, werde wohl aber noch bis zum Herbst warten wenns das Ding evt. schon für 10€ gibt und ich wieder mehr Muße für ein Adventure habe.
Mir kommt es auch so vor, als wäre Blade Runner nicht ganz sooo toll gewesen, wie es hier dargestellt wird.
Ich finde, Goin Downtown ist ein bißchen kurz - ansonsten hat mir das Spielen aber einen riesen Spaß gemacht.
ich finde auch, dass Blade Runner unerreicht ist. Und wenn einer ein passenderes Cyberpunk-Adventure kennt, mit dem man Goin' Downtown eher vergleichen könnte, soll er es ruhig sagen.
Ich habe bislang noch kein Testmuster von The Abbey. Die Probleme sollen aber eher bei Vista auftauchen, soweit ich gelesen habe.
Gruß,
4P|Bodo