Der PS3-Auftritt von Hatsune Miku im letzten Winter hat starken Eindruck bei mir hinterlassen. Während ich mit J-Pop zwar normalerweise nur wenig anfangen kann, werde ich bei Rhythmus-Spielen schwach und ertrage dann sogar Melodien, die mich unter anderen Umständen aus dem Raum treiben würden. Doch bei Project Diva F 2nd war das Zusammenspiel aus visueller Umsetzung und fordernden Knopfdrückens im Takt enorm motivierend. Dementsprechend neugierig war ich, wie Sega und Crypton Future Media den Superstar auf dem 3DS interpretieren.
Und das Cover hätte mir eine Warnung sein müssen. Denn anstatt der jugendlichen Vocaloid-Heldin, die einem auf PlayStation 3 begegnet und einen vermutlich auch aus dem jüngst angekündigten PS4-Ableger anstrahlen wird, begrüßt einen eine Hatsune Miku mit übergroßem Kopf und Kleinkind-Körper. Quasi das, was man mit Chibi-Stil assoziiert. Oder auch das perfekte Beispiel, wie virtuelle Kunst und reale Gimmicks einander beeinflussen. Denn während Hatsune Miku zuerst von der japanischen Good Smile Company für ihre Nendoroid-Figuren genutzt wurde, verwendet man hier für dioe Darstellung der Figuren genau das kennzeichnende „Großkopf-Kleinkörper“-Design, das als Hauptmerkmal der Nendoroids auszumachen ist.
Inhalt vs. Aufmachung
Und dieses Design stört mich. Ich kann zwar eingeschränkt nachvollziehen, wieso man sich auf dem 3DS dafür entschieden hat. Ich kann auch die sauberen Animationen würdigen, mit denen die disproportionierten Figuren auf dem Bildschirm tanzen, singen und jauchzend frohlocken. Doch ich finde es schlichtweg zu kindisch. Zudem kollidiert es mit dem Hauch der Laszivität, der Hatsune in ihrer „normalen“
Form umgibt und der hier bei einigen Tanzbewegungen sowie den mitunter knapp geschnitten Kostümen ebenfalls angedeutet wird. Nur, dass es hier für mich ebenso wenig funktioniert wie aufkandidelte drei- bis fünfjährige Mädchen bei irgendwelchen Schönheitswettbewerben – wobei dort mein Unverständnis noch deutlich größer ist. Hatsune ist eine Kunstfigur und lebt hier eine andere Facette ihres künstlichen Daseins aus. Allerdings eine Facette, mit der ich nicht warm werde.
Doch ungeachtet dessen habe ich immer wieder den Weg zurück zu Project Mirai gefunden. Grund dafür ist natürlich die immer noch gute bis sehr gute Basis des Rhythmusspiels. Wie man es kennt, muss man im Takt der Musik die richtige Taste drücken (teils zusammen mit einer Stick- bzw. Digikreuz-Bewegung) oder mit dem Stylus das richtige Feld auf dem Berührungsbildschirm antippen bzw. eine Auf- oder Ab-Bewegung durchführen. Im Vergleich zum letzten Auftritt ist der Schwierigkeitsgrad aber generell moderater. Es gibt immer noch Songs, die einen mit ihren Tempo-Wechseln und generellen Anforderungen auf Trab halten – doch die Frustgrenze liegt deutlich niedriger als in Project Diva F 2nd. Da die Eingaben jetzt einer zweidimensionalen „Schlangenlinie“ bzw. Achterbahn folgen, anstatt wie z.B. auf der PS3 von allen möglichen Richtungen auf den Bildschirm zu fliegen, ist der Fokus zielgerichteter, die Konzentration wird besser gebündelt.
Nur weil das ganze Spiel einfach(er) gemacht wurde, um auch sechsjährigen Kinder nicht zu überfordern, die einen 3DS zu Weihnachten geschenkt bekommen haben, wird das Spiel nicht automatisch besser.
Dass die Erkennung der Wischbewegungen manchmal ungenau ist, ist auch mein größter Kritikpunkt. Ansonsten ist dieses Spiel das beste Rhythmusspiel seit langem, meiner Meinung nach. Die beiden Project-Diva-Teile steckt es locker in die Tasche, vor allem weil hier die Songauswahl gelungener und der Schwierigkeitsgrad ausgewogener ist.
Aber der Grafikstil ist tatsächlich Geschmackssache, das stimmt^^ Ich stehe zum Glück auf niedlichen Japano-Kram, deswegen stört es mich nicht.