Kombo(t) sie alle zu Tode!
Wenn Juliet nicht gerade ihrer Familie hinterherjagt, um weitere Geburtstagsgeschenke zu bekommen, oder den Zombie-Endbossen den Garaus macht, ist sie mit Sägen beschäftigt. Aber Sägen ist nicht gleich Sägen, es gibt 1001 Tricks zu kaufen, zu erlernen und einzusetzen. Vertikal, horizontal, in der Luft, mit Schwung, mit Regenbogen – in Lollipop Chainsaw RePOP führt ihr wilde Tänze auf und reiht eine Kombo an die andere.
Killt ihr gleich mehrere Zombies auf einmal, muss das Spiel natürlich in SlowMotion schalten und das Ganze perfekt in Szene setzen. Gliedmaßen fliegen durch die Luft, Blut spritzt, es ist alles so wunderbar jugendfrei und unnötig. Willkürliches Tastenhämmern funktioniert genauso gut wie einstudierte Befehle – es wird nie langweilig.
Das liegt vor allem daran, dass das Spiel in jedem Level das Gameplay mit einer neuen Mechanik oder einer neuen Situation aufbricht. Plötzlich ist eure Kettensäge ein Maschinengewehr, plötzlich müsst ihr einen Schulbus eskortieren, plötzlich müsst ihr Zombies mit dem Mähdrescher überfahren, plötzlich steckt ihr Nicks Kopf auf einen Zombie und steuert diesen.
Ihr könnt Lollipop Chainsaw REPOP vertrauen, es hat nicht vor, euch zu langweilen. Ist es zu leicht? Ja, auf jeden Fall, aber wer die Herausforderung braucht, stellt den Schwierigkeitsgrad einfach höher. Alle anderen genießen den bescheuerten Trip.
Es ist so unfassbar drüber
Ich kann mich nicht erinnern, in welchem Spiel ich jemals hintereinander gegen einen Metal-Musiker, einen Wikinger und eine Hippie-Braut kämpfen musste. Da der Metzler sich von jeglichen Sinnes- oder Logikgrenzen befreit hat, hat er auch die Freiheit, alles zu tun, was er will – und auch alles miteinander zu kombinieren, wie er will.
Und trotzdem ist es kein Trash (eben ein Werk des berühmten Designers Suda51). Jedes Mal freue ich mich auf den Blödsinn des nächsten Levels, kaufe mit meinen Münzen am Shopping-Terminal ein (während Lollipop, Lollipop vor sich hin trällert), säge mich durch Zombies und bin gespannt, ob der nächste Endboss den letzten übertrumpft. Und ja, das tut er.
Dabei ist die Levelstruktur unglaublich schlauchig und manche Assets sind wirklich hässlich. Das ist eben ein PS3-Spiel und daran ändert das Remaster auch nicht viel. Alles ist schärfer, aber manche Dinge hätten auch pixelig bleiben können. Doch das Spiel möchte einen Spaßpreis und keinen Schönheitspreis gewinnen – was ich absolut akzeptieren kann.
Ein anderes Thema dagegen nur zähneknirschend: Der Fanservice erzeugt schon erheblichen Fremdscham in mir, wenn mir jede Minute Juliets Brüste oder Hintern ins Gesicht gedrückt werden. In 90 Prozent ihrer Outfits ist sie sexy oder fast nackt. Es ist definitiv ein Spiel, das aus der Zeit gefallen ist.
Zugegeben, der Sexismus ist hier in dieser ohnehin übertriebenen Welt leichter zu ignorieren als in Stellar Blade, in der die Fleischshow überhaupt nicht reinpasst und die eigentlich so glaubwürdige Welt in eine pubertäre Lächerlichkeit zieht. Aber gut, ich wollte es nur gesagt haben: Lollipop Chainsaw RePOP hätte die Begaffung gar nicht nötig, seine Talente liegen im Spieldesign, das auf Grind verzichtet, auf Streckung, auf Nebenquests, auf Open Worlds, auf RPG-Elemente, auf alles, was ein Spiel länger und komplexer, aber nicht unbedingt besser macht.