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Mortal Shell (Action-Rollenspiel) – Seelenverwandter

Wenn über ein Jahrzehnt nach Demon’s Souls vier Triple-A-Veteranen ein Studio gründen, um ihr eigenes „Souls“ zu verwirklichen, dann verdeutlicht das, wie stark der Einfluss von From Softwares Reihe bis heute ist: Sie hat quasi ein Subgenre innerhalb der kampfbetonten Action-Rollenspiele etabliert. Angesichts all der Nachahmer fragt man sich natürlich, ob die Briten von Cold Symmetry für knapp 30 Euro etwas Kreatives hinzufügen können? Mehr dazu im Test zu Mortal Shell.

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Stimmungsvoll, aber etwas statisch

Weniger motivierend ist, dass es in der über Unreal Engine befeuerten, solide bis gut texturierten Kulisse fast keine physikalischen Auswirkungen gibt: An einigen Stellen kann mal eine Holzbarriere einschlagen, um z.B. durch Tunnel zu kriechen oder dahinter einen Schatz zu finden. Man kann Kisten oder Zelte anonsten nicht zerstören, sichtbare Gegenstände nicht aufnehmen, zudem gibt es kaum Interaktion mit der Umgebung und kaum Rätsel. Man freut sich daher regelrecht, wenn man dann die erste Bodenplatte findet, die scheinbar etwas bewirken kann, wenn man vorher ein paar andere Mechanismen auslöst. Und man freut sich noch mehr, wenn es ab einem bestimmten Punkt auch einen düsteren Wechsel in der Weltkonzeption gibt, den man auch selbst herbeizaubern kann – falls man mehr Anspruch in bekannten Gebieten und weitere Einblicke sucht.

Recht lange  ist man mit derselben Klinge unterwegs, bevor man sie an der Werkbank in fünf Stufen verbessern kann. Wenn man das macht, was sehr nützlich ist, ergibt sich ein anderes Problem: Die Freude über andere Waffen wie etwa den zweihändigen Streitkolben oder Hammer und Meißel wird gedämpft, wenn man das geweihte Schwert bis dahin schon auf Stufe 5 gebracht hat, denn so ist es einfach mächtiger und nützlicher.

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Es gibt nur wenige Rätselelemente wie dieses. © 4P/Screenshot

Immerhin kann man die anderen Waffen auch in fünf Stufen sowie mit Spezialattacken aufrüsten, nur dass das wiederum dauert und nicht zwingend notwendig ist. Jedenfalls ist das kein Spiel für Freunde des Ausrüstungsmanagements, es gibt lediglich sehr wenige Waffen und keinerlei alternative Rüstungen. Man kann beim Händler auch nichts verkaufen, sondern lediglich gegen Tar ein paar Dinge einkaufen; immerhin kommt später noch ein zweiter „Shop“ hinzu, bei dem man auch gegen Einsicht nützlichere Artefakte erhält.

Reduzierte Charakter-Entwicklung

Die Charakter-Entwicklung ist recht reduziert und über lange Phasen gibt es eine zu starke Ähnlichkeit zwischen den vier Hüllen: Zwar haben sie alle drei unterschiedliche Werte bis maximal 10 Punkte in den Bereichen Haltbarkeit (=Leben), Ausdauer und Entschlossenheit, aber sie teilen sich alle Bewegungen und Angriffe. Um es platt zu formulieren: Es gibt da neben dem Krieger keinen Fernkämpfer, Magier oder Dieb – die einzige Waffe auf Distanz, eine sehr coole Panzerballiste, können alle an der Werkbank freischalten.

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Was lauert dort? © 4P/Screenshot

Beim Entwickeln des Charakters braucht man neben Tar auch Einsicht: die gibt es zufällig nach Kämpfen oder als Beute. Und im Gegensatz zum universellen Tar ist diese exklusiv an die Hülle gebunden, die sie nutzt. Sprich: Habt ihr mit Harros bisher 5000 Tar und 20 Einsicht gesammelt und wechselt zu Salomon, hat er zwar auch diese 5000 Tar, aber vielleicht nur 3 Einsicht.  

Hüllen spielen sich zu ähnlich


Selbst wenn man bei der Lady die zehn Fähigkeiten einer Hülle entwickelt, dauert es recht lange, bis sich diese auf das Spielerlebnis auswirken, zumal nur sieben davon exklusiv sind, davon einige recht überflüssig und nur wenige wie etwa das Vergiften oder der Erwerb von Entschlossenheit bei Gesprächen mit NSC sofort markante Unterschiede bieten. Zudem teilen sich alle vier Hüllen den freischaltbaren Tritt, den Härtesprung (von oben fallen lassen und in der Luft verhärten für Bereichsschaden) und das Extraleben. Apropos: Warum muss man soetwas Schnödes wie den Tritt tatsächlich bei allen vier Hüllen freischalten?

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Cool: Party mit einem speziellen Banditen… © 4P/Screenshot

Zwar kann man die Wahl der Hülle durchaus mit seinem Spielstil kombinieren: Salomon ist z.B. mit seinem erhöhten Entschlossenheitsgewinn ideal für Konterspieler, Eredrim taugt als starker konventioneller Krieger mit reichlich Leben und Tiel ist mit seiner Ausdauer für schnelle flinke Attacken und giftige Hinterhalte geeignet. Aber wer sich derart auf einen Charakter konzentriert, ihn also ebenso wie das Schwert gezielt maximiert, hat kaum einen Grund die anderen noch zu entwickeln. Hier hätten noch speziellere Unterschiede, vielleicht auch hinsichtlich der Erkundung, für länger anhaltende Motivation und mehr Experimentierfreude über die 20- 25 Stunden sorgen können.

Kommentare

45 Kommentare

  1. Für Spieler die gerne bloodbourne und Co in schaffbar hätten, ist Mortal Shell echt die Lösung... Super Spiel, erinnern manchmal an goulsn ghoul 👌 Geb dem Spiel 90 Prozent 👍👌

  2. Habe es gestern angefangen zu spielen und schon locker 7-8 Stunden reingesteckt. Nach dem etwas holprigen Einstieg war ich mir nicht sicher, ob ich am Ball bleibe, aber mittlerweile kriege ich nicht genug davon. Als jemand der Dark Souls wegen der Setpieces und der Herausforderung mag, aber Bloodborne wegen seiner Stimmung und seinem flotteren, mehr auf Action fokussierten Kampfsystem bevorzugt, spricht mich Mortal Shell absolut an.
    Beim Leveldesign und den etwas bieder inszenierten Umgebungen ist es leider meilenweit entfernt von den großen Vorbildern, aber es enthält immerhin ein paar gelungene, Souls-untypische Elemente, die das Spielerlebnis etwas frischer gestalten.

  3. Ich finde das Art Design extrem cool.
    Werde es mir sicherlich demnächst gönnen - und mich einfach mental darauf vorbereiten, dass ich mich auf ein etwas anderes Kampfsystem einstellen muss ^^
    Bei Lords of the Fallen, The Surge oder Sekiro hab ich mich da ja auch sehr wohl gefühlt. Wollte bei diesen Spielen nur wegen diversen anderen Gründen nicht so für mich klappen (bei Sekiro letztendlich wegen dem Schwierigkeitsgrad u. a. bei den Bossen, der mich leider zur Verzweiflung trieb - dagegen empfand ich die Souls Spiele und Bloodborne ja fast schon als gechillt ^^).

    mcRebe hat geschrieben: 02.09.2020 00:25 Das stimmt schon, nur keine Karte hat auch seine Reize. ...Minecraft lebt davon! (Zumindest bevor man Karten craften kann) ;)
    Naja, HollowKnight war aber schon recht repetitiv. Ich musste immer die gleichen Viecher töten um genügend Seelen für nen Schlüssel oder ne Laterne zu bekommen. Das ging mir schon aufm Zeiger. Weil es im Grune schon sehr linear ist. Ohne Schlüssel keine neuen Areale. -.-" Ohne neue Areale keine neuen Bosse & Fähigkeiten. Ohne neue Fähigkeiten kein Weiterkommen.
    Ich tue mich in Sachen Orientierung nur sehr schwer, das ist auch im richtigen Leben so.
    Wenn ich da keinen Plan habe, hab ich halt wortwörtlich keinen Plan :P
    Ich finde es deshalb nicht als repetitiv, weil die Gegnervielfalt sehr groß ist und die Areale alle für sich sehr viel Abwechslung bieten (und es natürlich enorm viel zu entdecken gibt).
    Was die Linearität betrifft, wenn man die Wege nimmt, die man (ohne Hilfsmittel oder Schlüsselelemente) nehmen kann, muss man tatsächlich für nichts Gegner grinden (um sich z. B. die Laterne leisten zu können) - dann erforscht man eben andere Areale und wartet, bis man genug Kohle zusammen hat.
    Das gesamte Gebiet ist schon soweit offen, dass man sich das Grinden wirklich komplett sparen kann.
    Nur weiß man sowas natürlich nicht, wenn man es zum ersten Mal spielt ^^
    Auch ich habe beim ersten Mal geflucht, weil ich ewig lange Geos grinden "musste", nur um...

  4. casanoffi hat geschrieben: 01.09.2020 21:28 Hollow Knight ohne Map hätte ich nervlich nicht durchgestanden...
    Das stimmt schon, nur keine Karte hat auch seine Reize. ...Minecraft lebt davon! (Zumindest bevor man Karten craften kann) ;)
    Naja, HollowKnight war aber schon recht repetitiv. Ich musste immer die gleichen Viecher töten um genügend Seelen für nen Schlüssel oder ne Laterne zu bekommen. Das ging mir schon aufm Zeiger. Weil es im Grune schon sehr linear ist. Ohne Schlüssel keine neuen Areale. -.-" Ohne neue Areale keine neuen Bosse & Fähigkeiten. Ohne neue Fähigkeiten kein Weiterkommen. Naja egal. Hier gehts ja um Mortal Shell. ..Ehm ja, also die Gameplays machen mir schon den Mund wässrig :P

  5. mcRebe hat geschrieben: 30.08.2020 17:59 Geht mir genauso. Wobei das Spiel, welches du als Avatar hast z.B. so eines ist. ;) Hollow Knight fand ich etwas enttäuschend. Also ja; es ist mystisch und lockt zur Erkundung ein aber hatte etwas anderes erwartet (fordernde Kämpfe statt nur Beobachten und Button bashing).
    Was noch annehmbar war ist "Salt and Sanctuary" (https://www.4players.de/4players.php/di ... tuary.html). Hat mMn auch einen hohen Wiederspielwert!
    Ich fand die Kämpfe teils extrem fordernd, wobei das sicherlich auch an den Fähigkeiten jedes einzelnen liegt und in diesem Genre bin ich wohl nicht der beste seiner Art ^^
    Ist auch so ein Klassiker - die Bewegungen und Aktionen der Bosse genau kennen lernen, dann hat man gegen die harten einen Chance.
    Salt and Sanctuary fand ich auch sehr ansprechend, nur fehlte mir hier bitter böse eine Karte der Areale...
    Orientierung ist nämlich auch nicht gerade meine Stärke ^^
    Hollow Knight ohne Map hätte ich nervlich nicht durchgestanden...

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