Mein Turm, mein Heim, mein Waffenarsenal
Auf den ersten Blick wirkte das Spiel wie ein schlechter Scherz: Es gibt nur einen schlichten Schauplatz? Mit einem kargen Gerüst, das aussieht, als hätte es jemand in fünf Minuten im Editor zusammengeklatscht? Und dann erst das Grafikdesign! Ich vermute mal, die Schattenschnitt-Kulisse soll postapokalyptische Coolness ausstrahlen, wirkt aber ähnlich schlicht und billig wie die simplen Soundeffekte, die kurzen Musik-Jingles oder das wild zusammengewürfelte Design der Gegner: Was haben gewöhnliche Kampf-Helis mit Riesen-Scorpionen zu tun, die meinen Reaktor-Kern mit Panzerfäusten angreifen? Oder mit kugelförmigen Drohnen im Dieselpunk-Stil? Die Geschichte kann das Wirrwarr nicht erklären – denn es gibt nicht mal ein Story.
Als ich den ersten Schock über das wirre Design und den allgegenwärtigen Minimalismus überwunden hatte, wurde aber schnell klar, dass der Entwickler Shoor Games schlicht keinen Wert auf Äußeres gelegt hat, sondern lediglich eine spannende Spielmechanik auf die Beine stellen wollte, die Tower-Defense mit klassischem 2D-Gemetzel verbindet. Dieses Vorhaben ist durchaus geglückt: Nach ein paar Matches hatte ich erste Mechaniken und Kniffe durchschaut, so dass es immer unterhaltsamer wurde, dem Ansturm der Gegnerwellen standzuhalten. Hier und da baue ich ein paar Plattformen neben das Gerüst, wo sie den Helis und fetten Boss-Panzern besonders effektiv Paroli bieten, ohne zu schnell zerlegt zu werden. Wer möchte, kann auch den Kern mit Platten schützen.
Fette Beute im Explosionchaos?
Außerdem lassen sich die Spielfigur, der Kern und allerlei Beute-Ausschüttungen aufrüsten. Sowohl der Shop als auch der Fähigkeiten-Baum bleiben übersichtlich, bieten aber trotzdem genügend Freiheit für persönliche Vorlieben und Experimente mit diversen Abwehrtaktiken. Eine wichtige Rolle spielen dabei die hohe Position des zu beschützenden Kerns und der kleine Aufzug in der Mitte des Gerüsts. Immer wieder ballere ich mich am Boden durch die Fußtruppen, um in brenzligen Situationen schnellstmöglich nach oben zu flitzen und meinen Automatik-Geschützen auszuhelfen. Wer seine Fähigkeiten-Punkte entsprechend investiert, kommt mit Verbesserungen von Laufgeschwindigkeit, Doppelsprung & Co. deutlich schneller zum Brennpunkt. Oder man lässt lokal einen Freund mit dem Gamepad einsteigen, der den kleinen Rambo-Verschnitt sinnvoll mit einer schwebenden Drohne unterstützt. Sie besitzt einen eigenen kleinen Fähigkeitenbaum und lässt sich z.B. zu einer praktischen fliegenden Plattform ausstatten, das den ersten Spieler schnell von A nach B bringt. Beide Spieler sind im gleichen Bildschirmausschnitt unterwegs und müssen daher zusammenbleiben. Damit es nicht zu einfach wird, werden die Gegner dabei eine Ecke stärker. Im Alleingang steuert man einfach per Maus und Tastatur, womit man die Gegner schnell und präzise anpeilt.
Zusätzlich regnet es ab und zu Bonus-Kisten, in denen zufällige Extra-Waffen wie eine Shotgun oder ein starker Revolver stecken. Später wird es verdammt brenzlig, wenn man geschickt Gegner vom Kern weglockt, in letzter Sekunde tödliche Raketen aus der Luft fischt und zwischendurch noch ein Auge auf die eigene Gesundheit behalten muss. Wer es etwas ruhiger angehen möchte, kann Schwierigkeitsgrad vorm Spielstart immerhin etwas senken. Wurde der Turm zerbröselt, muss man leider stets komplett neu starten – anders als bei Rogue Legacy, bei dem man z.B. sein Level und persönliche Eigenschaften an seine Nachfahren vererbt. Eine Motivations-Bremse ist auch der bereits erwähnte Minimalismus, der sich durchs komplette Spiel zieht. Nach ein paar Stunden wird das schlichte Szenario trotz immer wilderer Gefechte ziemlich fade – gerade im Vergleich zur liebevoll designten Konkurrenz wie Plants vs. Zombies oder dessen actionreicher Ableger Garden Warfare 2. Schade auch, dass Bestenlisten fehlen. Dazu kommen kleine technische Wehwehchen: Beim Beenden z.B. hängt sich das Spiel manchmal einfach auf.