Kenner der Serie sollten die Kampagnen- und Schlachtschwierigkeit allerdings eine Stufe erhöhen, zumal die KI einige Kniffe scheinbar nicht nutzt. Aber endlich gibt es auch öfter Invasionen von der See: Die Engländer landen also mit ihrer starken Flotte an der Küste und laden ihre gefährlichen Rotröcke ab, um einen Überraschungsangriff durchzuführen. Schön ist auch, dass eigene schwache Flotten, die man mal eben für eine Invasion in einem Hafen zusammen gezimmert hat, gnadenlos versenkt werden – dann steht man mitten in Feindesland und darf sich ohne Rückfahrtschein erstmal halten. Trotz dieses Fortschritts ist nicht alles Gold, was da an Kartenbewegungen glänzt. Man vermisst immer noch etwas mehr Gnadenlosigkeit und Effizienz beim Gegner, allerdings hat sich sein Verhalten auf der Karte klar verbessert.
Und im Gelände? Hier kann man ebenfalls einen Fortschritt erkennen, wenn auch nicht so deutlich. Lobenswert ist, dass ein Feind mit Artillerie diese jetzt auch tödlich einsetzt: Wenn man nicht aufpasst, wird einem der General schon eine Minuten nach der Aufstellung aus dem Sattel geschossen – man muss ihn und seine Truppen schneller bewegen. Seltsam dämlich ist, wenn die KI ihre Kanonen relativ ungeschützt neben einer Stadt aufbaut, die gerade von mir belagert wird; ein viel zu leichtes Fressen für Dragoner. Außerdem ist es ärgerlich, dass die eigenen Kanoniere noch so gerne in die eigenen Leute oder einen Hügel feuern.
Verbesserte SpielmechanikGemetzel in den Gassen: Preußen und Franzosen kämpfen um jedes Gebäude – leider kann man sie nicht alle besetzen.
Aber Vorsicht: Mit dieser Taktik kann man die KI zwar zermürben und den General zu Sturmangriffen verleiten, aber in späteren Gefechten, gerade wenn es in ausgeglichen Schlachten mit schweren Truppentypen, Dragonern und Husaren zur Sache geht, werden diese leichten Plänkler auch schnell aufgerieben. Schön ist jedoch, dass die bewegliche Kriegführung in diesem Spiel als taktisches Element ganz entscheidend sein kann, denn damit wird man dem Szenario auch militärhistorisch gerecht. Und wie gewohnt kann man im großen Maßstab auf die automatische Aufstellung zurückgreifen, wenn man seine Armee schon im Vorfeld für eine Zangenbewegung oder den frontalen Beschuss ausrichten möchte.
Kleine Baustellen
Etwas nervig ist immer noch die Positionierung der Truppen im kleineren Maßstab: Zum einen kann man klare Deckungen wie kniehohe Mauern oder Zäune nicht immer intuitiv genug von beiden Seiten nutzen – das Kontextsymbol bleibt zickig bei einer Richtung. Zum anderen ist die Wegfindung innerhalb der eigenen Reihen ein Graus: Wer eine Einheit mal eben im Laufschritt von seiner linken auf die rechte Flanke schickt, muss beobachten, wie sie plump durch die Formationen marschiert. Natürlich kann man dem vorbeugen, wenn man die Truppen vor der Schlacht schon optimal platziert oder zwei Wegpunkte setzt, aber spätestens wenn das Gefecht läuft, wäre eine klügere automatische Bewegung komfortabler und authentischer.
Den Häuserkampf sowie die Rolle der Siedlungen in der Schlacht hat Creative Assembly nur halbherzig angefasst: Man freut sich zwar darüber, dass in Gebäuden stationierte Truppen jetzt effektiver sind, was das Halten und Nutzen der Stellung angeht. Aber die Darstellung des Stürmens und Besetzens erinnert immer noch an Lemminge im Krieg, zumal es einige Clippingfehler von der Fahne im Dach bis zum Mann in der Mauer gibt. In den Straßen kommt es zwar zu einem dramatischen Zittern in der Perspektive, wenn die Kanonenkugeln einschlagen und ihre Krater hinterlassen, aber vor Gebäuden sieht man manchmal nur zittrige Kolonnen vor der Tür und dann einen schnöden Balken, der die Stärke des aktuellen Kampfes symbolisiert – schade. Auch das Erstürmen von Siedlungen geht erstens noch viel zu leicht von der Hand und sieht zweitens weniger spektakulär aus als das große Panorama von Pulverdampf und Säbeltanz im offenen Gelände.
Und warum kann man mal ein mehrstöckiges Haus besetzen, aber dann wieder keine Kirche? Warum kann man überhaupt so wenige Gebäude in die Schlacht mit einbeziehen? Dass Napoleon die taktische Rolle der Siedlungen im Vergleich zum Gelände eher vernachlässigt hat, ist zwar durchaus korrekt. Aber er wusste um ihren Wert an Flanken und als Stellungsverstärkung – im Gegensatz zur KI im Spiel, die sie zu oft ungenutzt lässt. Schade ist auch, dass sich bei den Animationen im Siedlungsgefecht nichts getan hat: Man zieht seine Reihen per Maus in eine Position, aber die Soldaten nutzen nicht immer kontextsensitiv die Deckung von Mauern, Wänden oder Bäumen – hier würde man sich auch innerhalb einer Truppe ein flüssigeres Hinknien, an die Wand pressen und hinter den Baum hocken wünschen. Ein echter Nachfolger müsste authentischere und intelligentere Bewegungen anbieten. Die gibt es dafür innerhalb der offenen Schlacht: Es macht einfach Spaß, bei souverän wechselnder Schussreihe, panischem Moralverlust oder Reiterei im Keilangriff mitten rein zu zoomen und sich die Bewegungen anzuschauen – Kenner werden einige neue Animationen wie abgeworfene Reiter im tragischen Schlepptau ihrer Pferde entdecken, die das Schlachtfeldgefühl eindeutig bereichern.
Aggressive Verhandlungen
Frischer Wind weht nicht nur in der Infrastruktur (neben einem neuen Technologiebaum gibt es drei Städtetypen Industrie, Wirtschaft, Intellekt), sondern auch bei den Verhandlungen. Im Bereich der Diplomatie hat man zusätzliche Möglichkeiten, um Druck auszuüben: Man kann z.B. die Auflösung eines Bündnisses oder die Errichtung eines Handelsembargos verlangen; gerade Letzteres kann wirtschaftlich sehr hilfreich sein. Außerdem darf man jetzt während eines Feldzugs gegen einen
Bei Verschleiß ziert ein Totenkopf die Fahne – die Truppe verliert Männer und es drohen Desertationen. |
unliebsamen Feind ganz frech bei den Nachbarn anklopfen, ob sie nicht auch eintreten wollen – so kann man einen Krieg vom Zaun brechen und in seinem Verlauf noch an Kraft gewinnen. Gerade in der großen Europa-Kampagne fruchten diese diplomatischen Ergänzungen.
So nützlich diese neuen Möglichkeiten gerade für aggressive Naturen sind, so wenig hat sich doch an der Diplomatie im Allgemeinen getan. Immer noch wirken die Verhandlungen mit den anderen Mächten zu statisch: Erstens hat man es lediglich mit gemalten, nicht animierten Portraits zu tun, zweitens reagieren die Herrscher manchmal alles andere als lebendig oder gar logisch. Warum wird man z.B. von einem neutralen König angemault, wenn man bescheiden nach einem Bündnis fragt? Auch die Tatsache, dass man als Napoleon unterwegs ist, spielt in der hohen Politik kaum eine Rolle.
Creative Assembly überzeugt zwar schon im Tutorial mit vielen Details, was den Lebenslauf des kleinen Korsen angeht. Auch die militärischen Höhepunkte seiner Karriere werden in Gemälden samt Sprachausgabe sowie Zwischensequenzen thematisiert. Aber als Persönlichkeit bleibt der Korse doch etwas blass. Selbst als Polygonfigur auf dem Schlachtfeld wirkt er rein äußerlich nur wie ein General von vielen. Und warum nutzt man ein fast schon jugendliches Portrait des Korsen mit längerem Haar über das gesamte Spiel, während man ihn bei seinen ersten Einsätzen schon als kleinen untersetzten Mann mit Kurzhaar und Seitenscheitel auf der Karte darstellt? Es ist nur eine Kleinigkeit, aber es ist schade, dass sich die Darstellung des großen Feldherren nicht auch dynamisch an die Zeit anpasst.
Lieber Jörg Luibl,
Vielen Dank für diesen super Testbericht.
Ich habe mir gestern einen neuen Rechner bestellt und das erste Spiel das ich mir damit vornehmen werde wird nicht, wie erst erwartet The Witcher 3 sein, sondern Napoleon: Total War.
Dank dieses super Berichts
Grüße
Achja und noch immer gerne gespielt bei mir
sieht gut aus denke hol mir auch nochma nen total war game
Hab noch 2 Fragen:
1.Wie kann ich die Einheitenzahl höher als 160 schrauben ( iwelche .ini Datein oder so???)
2. Wo ist der Uniform editor? Hab ihn Noch immer nicht gefunden.