Tatsächlich hatte ich lange Zeit so viel Spaß am Hochspringen und Herumstochern, dass ich den farbenfrohen Krimi als Kandidaten für unseren Gold-Award vorgemerkt habe. Ich habe dieses ebenso abstrakte wie lebendige Paradies in vollen Zügen genossen – schon alleine wegen des hervorragenden Soundtracks, den man jederzeit in einem hochklassigen Club auflegen könnte. Doch spätestens nach dem Finale, also der großen Verhandlung, war ich mit einem Mal enttäuscht. Denn dort wird klar, dass Paradise Killer trotz seiner Vorzüge nicht viel mehr ist als die „3D-Version“ einer gut geschriebenen, spielerisch aber sehr überschaubaren Visual Novel.
Dabei geht es mir nicht mal um die Gespräche, in denen man jede Figur im Grunde stets das Gleiche fragt und deren Ausgang man selbst durch Multiple-Choice-Verzweigungen nicht entscheidend lenkt. Das ständige Hin und Her zwischen den Charakteren ist interessant genug, um davon abzulenken. Es geht mir auch nicht um das private Plaudern mit den Verdächtigen, über das man offenbar die Beziehung zu ihnen verbessert, in Wirklichkeit aber nur dafür sorgt, dass sie irgendwann ein, zwei Hinweise preisgeben. Selbst die nahezu anspruchslosen Rätsel ziehen das Erlebnis nicht entscheidend herunter, auch wenn das alles gerne stärker ausgearbeitet sein könnte.
Sammeln statt konstruieren
Man erfährt auch nicht unbedingt, ob man eigentlich richtig lag. Der jeweilige Fall ist mit dem Ausführen des Urteils praktisch gegessen. Das hat natürlich seinen Reiz. Es sorgt aber auch für eine ernüchternde Beliebigkeit. Würde man im Nachgang der Verhandlung wenigstens die Konsequenzen der gefällten Urteile erleben… Das ist überhaupt eine der größten Schwächen: Man lernt die Charaktere nicht wirklich auf einer emotionalen Ebene kennen. Sie erzählen zwar von sich, insgesamt ist das Abarbeiten der immer gleichen Gesprächsoptionen aber zu sehr auf das Abtasten der Faktenlage optimiert. Zumal die Pappaufsteller fast immer an den gleichen Flecken stehen.
Mitdenken erwünscht?
Zu allem Überfluss war die große Verhandlung auch noch ein Kinderspiel. Nachdem ich etliche Stunden lang darum bemüht war einen Überblick über alle Handlungsfäden zu bewahren und nach jeder Unterhaltung einen genauen Blick auf die neuen Notizen geworfen hatte (schließlich kann man einstellen, dass sie extra angezeigt werden), fand ich es jedenfalls richtig ermüdend, das alles lediglich noch einmal vorgekaut zu bekommen, spielerisch aber kaum aktiv zu sein.
Wäre es wenigstens möglich, die verschiedenen Anklagen einzeln zu verhandeln anstatt in einem kompletten Rutsch und hätte sich nach den jeweiligen Verhandlungen die Dynamik unter den Figuren entsprechend den Entscheidungen verschoben – das hätten spannende Ermittlungen sein können! Allermindestens hätte den Entwicklern ein Grund einfallen können, aus dem man nicht endlos viel Zeit zum Beschaffen aller Informationen hat, sodass man abwägen müsste, welche Beweisketten man priorisiert und welche man vielleicht durchs Raster fallen lassen muss. Alleine das hätte den Ermittlungen einen ganz anderen Schwung verliehen.
Ich empfand leider auch, dass das Ende qualitativ der schwächste Part war und hätte mir mehr Freiheit gewünscht (gerade weil man bis dahin so frei ist). Aber dennoch fand ich sonst das ganze erfrischend und unterhaltsam.