Um die eingangs gestellte Frage gleich zu beantworten: In diesem Fall träge. Sogar sehr träge gestaltet sich der von PolyAmorous entwickelte Ausflug durchs tiefe Höhlen- und Bunkernetzwerk, in dem die Deutschen einen erstaunlich großen Rückzugsraum erschaffen hatten. Um ein Spiel handelt es sich bei Paradise Lost nicht wirklich: Stattdessen schreite ich selbst bei gehaltener Lauftaste mit quälend langsamer Geschwindigkeit über den linearen Pfad mit kleinen Abzweigungen und drücke bei weiß aufleuchtenden Kreisen aufs Knöpfchen. Wenn’s hoch kommt, wird gleichzeitig ein Stick zur Seite gedrückt (am PC ist alternativ eine Maussteuerung möglich).
Die einzige Herausforderung besteht hier darin, in der oft dunklen Umgebung die nächste weiße Kreismarkierung zu finden und mich im passenden Winkel davorzustellen, da sich die leicht haklige Eingabe als etwas zickig erweist. Auch verstreute Briefe und Audiologs lassen sich konsumieren, wodurch ich wichtige Hintergründe zum Verständnis der Story lerne. „Begehbare Graphic-Novel“ oder der negativer belegte Begriff „Walking-Simulator“ dürften das Genre vermutlich passend einordnen.
Eher Erzählung als Spiel
Nachdem der Zweite Weltkrieg hier 20 Jahre länger andauerte, liegt Europa im Schutt der gnadenlosen deutschen Nuklearangriffe. Aus der Ego-Perspektive übernehme ich die Rolle des zwölfjährigen Szymon, der sich auf der Suche nach seiner Mutter und einem mysteriösen Mann auf einem Foto befindet. Bei meiner Ankunft in der unterirdischen Stadt erscheinen die hohen Grotten und riesigen Maschinenparks zunächst komplett verlassen.
Doch schon bald nehme ich mit Hilfe fortschrittlicher Kommunikations-Terminals Kontakt zu einem mysteriösen Mädchen namens Ewa auf. Kann ich ihr trauen? Hat sie Verbindungen zu polnischen Rebellen, welche die Anlage offenbar irgendwann eingenommen hatten, von denen mittlerweile aber ebenfalls jede Spur zu fehlen scheint? Noch überraschender ist allerdings, welch enormer Fortschritt im unterirdischen Bunkerreich erreicht wurde. Ich will nicht zu viel verraten, aber der verstorbene Verschwörungs-Youtuber Axel Stoll wäre vermutlich stolz auf die Technik der „Grottennazis“ aus Paradise Lost.
Erstaunliche Fortschritte
Sie haben schließlich bereits in den Sechziger Jahren Probleme geknackt, an denen sich selbst die heutige Forschung noch die Zähne ausbeißt. All das natürlich ohne Rücksicht auf Verluste und inklusive zahlreicher Gräueltaten im Sinne der menschenverachtenden rassistischen Ideologie, wie sich immer wieder in den Forschungsunterlagen zeigt. Die technische Umsetzung dieser Errungenschaften wirkt zunächst ähnlich lächerlich wie Stolls Geschwurbel oder in der Filmkomödie Iron Sky. Das gilt vor allem, weil die Geschichte primär ernsthaftere Themen wie das Familiendrama vermitteln möchte – inklusive Rückblenden mit Erinnerungen an die Mutter.
Ich hab in Videos Hakenkreuze gesehen - sind die in der deutschen Version enthalten, bzw. ist diese Thematik inzwischen zulässig? Ich erinnere mich, dass es vor kurzem ein Spiel hab, wo auf jeden Fall eine Ausnahme gemacht wurde, und alles unverändert blieb.
Doch arg wenig. Ich fand es gut, gab ja auch genug Schriftstücke mit Story zu finden. War gut aufgebaut, man wusste nie ob Awa eine KI oder ein Mensch ist.
Ein informativer und hervorragend formulierter Test, finde ich.
Vielen Dank!