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Payday 3 (Shooter) – Mayday, Mayday, wir verzweifeln an Payday 3!

Komm, Michael. Du kannst das. Zieh es einfach durch. Das ist ein Spiel wie jedes andere auch. Finger an die Tastatur und los. Tipp es einfach herunter und dann hast du es hinter dir. Jesses, Starbreeze Studios, du killst mich einfach zweimal. Erst musste ich Payday 3 spielen und jetzt auch noch darüber schreiben. Es ist eine große Lüge, dass es Spaß machen würde, Tests über schlechte Spiele zu schreiben. Klar, wenn das Spiel einem egal ist, ist es nur ein Job wie jeder andere. Wenn es ein kurioses Debakel ist, kann es sogar ein süßes Vergnügen sein. Wenn man sich allerdings darauf gefreut hat und nur ein Scherbenhaufen zurückgelassen wurde, ist es reiner Schmerz.

Trotz aller zurecht gelegter Witze und Vergleiche liegt irgendwo auch salzige Enttäuschung darin. Aber es ist nun mal so – um auch in der Cops- & Crime-Sprache zu bleiben: Egal ob gelungene oder gescheiterte Polizeieinsätze, beide verdienen Berichte. Bei den Gelungenen flammt alles noch mal in euch auf, es ist wirklich so passiert und man ist verdammt stolz darauf. Bei den Gescheiterten werdet ihr permanent und eiskalt von “Warum?”-Salven durchlöchert. Ja, es ist wirklich so passiert und jetzt muss es auch noch für die Nachwelt festgehalten werden. Also, liebe Nachwelt, das ist Payday 3. Ein Bankraub-Spiel, das ihr euch nicht kaufen solltet. Denn die einzigen Bankräuber wären in dem Fall die Entwickler.

© Overkill Software / Prime Matter

Das Gameplay: Kalt erwischt werden und dann einheizen, als gäbe es kein Morgen mehr (Spoiler: gibt es auch nicht)

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Die Schauplätze, so wenig es auch sind, machen ihren Job gut. Sind atmosphärisch, interessant gestaltet und liefern komplexe Arenen. © 4P/Screenshot
Einmal in einer Mission angekommen, startet das vierköpfige Verbrecher-Team in unmittelbarer Nähe zum Missionsziel. Das kann entweder eine Bank, ein Museum, eine Lagereinheit oder ein Club sein. Das Team hat die Möglichkeit, zuerst erst den Schauplatz auszukundschaften und sich ein paar Vorteile zu verschaffen. Oder eben direkt loszulegen. Oder aufzufallen und kalt reingeworfen zu werden. Ohne Koordination tritt in der Regel Fall drei ein, zumal die Steuerungseinschränkungen in Zivil (kein Springen möglich) Spieler auch in extrem blöde Situationen manövrieren können. Ich vermute: Der inkonsequente und unausgereifte Stealth-Part dient nur dazu, den Spielern gleich zu Anfang ein hilfreiches “Wir haben’s verbockt”-Gefühl mit auf den Weg zu geben und jegliches Teamgefühl im Keim zu ersticken.

Womit ich aber zum einzigen Aspekt komme, der in Payday 3 wirklich Spaß macht: Das Ballern. Die Waffen fühlen sich wuchtig an, die Schüsse knattern, treffen ihr Ziel, schicken es zu Boden und füllen den Raum mit Leichen. Der Abzugfinger kommt nicht zur Ruhe, da die Polizei ihre Klonarmeen von Kamino schickt. Realismus ist definitiv was anderes und stellenweise fühlt es sich auch so an, als ob Serious Sam von Banküberfällen in der Hölle träumen würde. Wobei der Heist und seine einzelnen Schritte nur den Rahmen für die Ballerorgie abstecken – wirklich clever fühlt sich hier gar nichts an. Ballerig, aber nicht clever. Die Auftraggeber brauchten anscheinend nur mordende Krawallbürsten. Sehr interessant, das heißt es also, wenn in Filmen die Rede von Handlangern für die schmutzigen Jobs ist.

In brenzligen Situationen, in denen das Team von Cops umzingelt wird, als seien es Zombies – in hitzigen
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Call of Duty auf Drogen: Wenn man mal den chaotischen Heist-Rahmen außer Acht lässt, macht der Shooter-Aspekt ordentlich Laune. © 4P/Screenshot
Umständen, in denen jede Kugel zählt, jeder Rücken gedeckt werden muss, Teammitglieder immer wieder zu Boden gehen, gerettet oder im Stich gelassen werden müssen – in diesen Momenten, in denen der innere Badass das Denken und Lenken übernimmt und reflexartig blöde Sprüche klopft, da scheint das ursprüngliche Potenzial von PayDay 3 kurz durch. In einer Diskothek zwischen Lichtern und Parkett Schüsse auszuteilen, kriechend einem Kugel-Hurrikan auszuweichen, ganz knapp zu entkommen, das ist Call of Duty auf Drogen, spannend, atmosphärisch und großartig. Bis es schließlich aufhört.

Holt uns aus dem Limbus raus!

Zehn bis zwanzig Minuten hält der Spaß an, den ihr euch nach dem Duell mit der Technik und den Servern so hart erkämpft habt. Doch dann schalten das Missionsdesign und die fehlende Teamkoordination ihn wieder ab. Fürs Ballern braucht man keine Absprachen, aber ohne kommt ihr hier niemals raus. Seid dazu verdammt, für immer auf Cops zu schießen, ihre Munition einzusacken und damit auf noch mehr Cops zu schießen. Die Missionen geraten in Blockaden oder Engstellen, lassen genaue Questbeschreibungen oder genaue Questmarker vermissen.

Es dauert zu lange, es geht nicht weiter, ihr überlebt nicht aus Instinkt, sondern nur aus purer Ratlosigkeit. Einmal will der richtige Code nicht gefunden oder nicht richtig eingegeben werden. Ein anderes Mal müssen wir das gesamte Museum ausrauben, um unter allen Leinwänden endlich das eine missionsrelevante Gemälde zu finden. Während der Helikopter unter der Last an Beute eigentlich abstürzen müsste. Oder wir verbarrikadieren uns in einem winzigen Büro und versuchen zu viert einen Safe zu öffnen, während sich vor der Türe ein immer größer werdender Schneeball an tödlicher Polizeigewalt bildet. Ja, wir haben hier definitiv gar nichts unter Kontrolle.

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Ein Museum ausrauben, eine Bank auf Diät schicken oder diesen Truck eskortieren – Potenzial gibt es viel, aber alles fühlt sich unfertig an. © 4P/Screenshot
Ist der Einsatz geschafft, will man nie wieder los. Als ob man in der Wüste fast verdurstet wäre, in einer Wüste aus Patronen. Aber immerhin trudelt der fette Batzen Kohle ein. Aber wofür sollt ihr sie ausgeben? Für neue Waffen, neue Kostüme und Co. natürlich! Nein, Verzeihung. Ihr habt die Frage falsch verstanden? Sie sollte eher lauten: Wozu? Denn selbst mit besserer Montur oder coolerer Clownsmaske ändert sich ja nichts daran, dass das Spiel in einer Stunde (mit zehn Minuten Warten auf eine Partie) höchstens dreißig Minuten Spaß macht.

Da kann man nichts schön reden. Da bringt es auch nichts, weitere Spielelemente aufzuzählen. Es ändert ja nichts am Gesamtgefühl. Unsere Spielweise entspricht exakt dem Spiel: Trockener Geldscheingeschmack – und dann ist der Geldschein noch nicht mal echt.
  1. Jerome Blake hat geschrieben: 03.10.2023 20:42 War das Studio nicht finanziell auf dem absteigenden Ast und war in der Notwendigkeit, jetzt einen kommerziellen Hit hinzulegen? War wohl nichts :ugly:
    Sie waren so um 2019 in finanziellen Schwierigkeiten und konnten sich nur über Wasser halten, indem sie alle anderen IPs und Rechte verkauft haben. Schätze die dadurch entstandene Notwendigkeit einer konstanten Finanzspritze, hat schließlich dazu geführt, dass man zwar viel Zeit und Energie in den InGame-Shop gesteckt hat, für das eigentliche Spiel aber dann nicht mehr viel übrig blieb.
    Und hey, Deep Silver steckt auch mit drin. Was jetzt natürlich Embracer jubeln lässt. :P

  2. Review Bombing, gegenteilige Meinungen zu den Entwicklern und ignorierte Antworten im Dev Stream, all das ist derzeit Payday 3 und noch einiges mehr!
    Sie haben es geschafft die besten Features des zweiten Teils wegzulassen wie das Crime.net und die Progression und einfach versucht das Rad neu zu erfinden, anstelle es einfach zu verbessern und stabiler zu machen.
    Böse Zungen behaupten gar das Starbreeze schon eine Weile auf einen Erfolg zum Fortbestand angewiesen ist doch derzeit scheint Payday 3 ehr zum Sargnagel zu werden.

  3. Also mal wieder ein unfertiger Vollpreis Titel, der natürlich mit Ingame Shop kommt, kein Endgame bietet bzw. nicht lange unterhält. Top. Spielt eigentlich noch jemand DIablo 4?

  4. dank Gamepass hab ich es mal installiert. Kam drei Bildschirme weit, dann hätte ich mich mit meiner Email registrieren müssen, konnte ansonsten nicht weiter und hab es deinstalliert. Bis dahin war es aber ganz gut.

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