Die offene Natur bietet zwar stimmungsvolle Panoramen, wirkt im Detail aber lange nicht so faszinierend wie die fein ausgearbeitete Kulisse in Ubisofts Steinzeit-Abenteuer, an dem natürlich ein viel größeres Team arbeitete als an diesem Indie-Titel vom Berliner Neuling „ION Lands“. Die Abstriche bei der Detailverliebtheit sorgen aber trotzdem dafür, dass ich schon früher die Nase voll vom Sammeln hatte. Zudem musste ich mit einer GeForce GTX 970 sogar die Grafikdetails auf die mittlere Stufe reduzieren, damit es nicht mehr zu gelegentlichen Rucklern kam. Auch Clippingfehler stören ab und zu die Immersion. Auch in
No Man’s Sky
konnte die bizarre Tier- und Pflanzenwelt meine Faszination länger aufrechterhalten. ION braucht häufig Nachschub für Sprints und seine Schwebedüse, die korrosionsanfällige ANI dagegen Rostschutz. Um meinen Schützling zu schonen, kann ich ihn während eines Wüstensturms zwar in einer verlassenen Hütte abstellen, was ein wenig Voraussicht erfordert.
Die meiste Zeit über bin ich auf dem Weg zu diversen Zielpunkten aber mit faden Sammelaufgaben beschäftigt. Der Weg zu Rohstoffen der Umgebung wird mir dabei auf dem Kompass gewiesen. Dabei begegnen mir zwar einige Gefahren, das etwas hölzerne Kampfsystem kann die Monotonie aber kaum auflockern. Gegner wie archaische Holzriesen oder geheimnisvoll glühende Energieschwärme unterstreichen zwar gekonnt die mysteriöse Stimmung, stellen meist aber kaum eine Bedrohung dar, da ich sie ziemlich einfach abhängen kann, sie mit gezielten Laserschüssen verscheuche oder ihnen einfach das kleine metallene Kampfknäuel ANI auf den Leib hetze. Meine philosophierende Begleiterin möchte sich schließlich für ihre Bergung revanchieren und setzt den Gegnern ebenfalls mit Strahlenwaffen zu, wenn ich sie in den Kampfmodus versetze.
Auf zu neuen Aufgaben!
Im Gegenzug hilft ION seiner nicht gerade geländetauglichen Blechpartnerin durch das zerklüftete Terrain. Am Rande von Gebirgsschluchten suche ich immer wieder metallische Oberflächen, um dort kurzfristig Portale zu öffnen. Oder ich schnappe mir ANI mittels Energiestrahl und „trage“ sie über unebene Abhänge. Das funktioniert auch, während ION die Hindernisse per Schwebedüse überquert: Praktisch, aber ebenfalls nicht besonders herausfordernd. Manchmal funkt zudem die etwas hölzerne Steuerung dazwischen, die übrigens trotz Schulterkamera primär auf Maus und Tastatur ausgelegt wurde.
Die Controller-Variante wurde nur halbherzig umgesetzt und muss für manche Funktionen erst einmal manuell belegt werden. Nach und nach werden einige Spezialfähigkeiten freigeschaltet. Dazu gehört etwa eine Lichtsonde zur Ablenkung oder auch Statusverbesserungen wie eine verstärkte Roboterschutzhülle. Mit Hilfe von Portalen schicken die gestrandeten Mutterschiffe das Duo an immer entlegenere Orte, um z.B. in der Wüste Generatoren wieder fit zu bekommen. Statt die Fähigkeiten der beiden für knifflige Rätsel oder Kämpfe zu nutzen, konzentrieren sich die Aufgaben aber meistens auf die Beschaffung und Konstruktion wichtiger Technik. Titel wie das vertikal konzipierte Grow Home haben ein ähnliches Thema spielerisch deutlich kreativer umgesetzt.
O.k. habe es jetzt durch und kann die meisten Kritikpunkte anerkennen, würde sie aber weniger hoch gewichten. Vermutlich haben auch die zahlreichen Patches etwas geholfen. Habe knapp 15h zumeist meinen Spaß gehabt - aber auch immer wieder über mechanische Unzulänglichkeiten geflucht und einige Male deshalb neu laden dürfen...
Für mich fühlt es sich JETZT wie ein Mitt-60er an, dem man im Sale gerne eine Chance geben darf.