Für mich ist Arkanoid der beste Breakout-Klon aller Zeiten. Ich habe Stunde um Stunde in die Zerstörung der bunten Steine gesteckt, mich wieder und wieder daran versucht, den Schläger am unteren Rand so pixelgenau zu platzieren, wie es der C-64 seinerzeit zuließ. Und ich habe den grandiosen Soundtrack genossen, für den seinerzeit Martin Galway verantwortlich zeichnete. Dementsprechend schlug mein Retro-Herz etwas schneller, als ich in der VR-Sektion des PlayStation Stores Proton Pulse Plus des Indie-Studios ZeroTransform entdeckte. Etwa eine Stunde später war das Vergnügen zwar bereits schon wieder vorbei. Doch was war das für eine Stunde! Vom ersten Moment an treibt der Chiptune-Soundtrack von Jake Kaufman (Shovel Knight, Red Faction Guerilla, Crypt of the NecroDancer Remix) den Puls nach oben (auch wenn er dynamischer sein und sich an den Spielverlauf anpassen könnte), während man über etwas mehr als 50 Abschnitte hinweg versucht, die vor einem aufgebauten Klötze zu treffen und damit aus dem Weg zu räumen.
Wie früher hat man dazu einen Schläger zur Verfügung, den man im Wesentlichen gemäß der Formel „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“ nutzen kann, um den Energieball abprallen zu lassen. Dieser rechteckige Schläger, der in VR geschätzt etwa einen Quadratmeter Fläche aufweist, wird über die sehr akkurat erfasste Kopfbewegung gesteuert. Übrigens braucht man sich in den variantenreich designten Räumen keine Gedanken machen, wenn man mit dem Schläger Wände, Boden oder Decke berührt. Man wird nicht gebremst, was hinter der Brille für eine leichte Desorientierung führen könnte, wenn der Kopf eine Bewegung vollführt, die vom Schläger auf dem Bildschirm nicht umgesetzt wird. Stattdessen „versinkt“ die verglaste, leicht durchsichtige Fläche in der Umgebung.
Mit Schnitt und Glück
Dies wird vor allem auch dann wichtig, wenn man den Ball mit einer Kopfbewegung anschneidet, um in einer schicken Kurve um ein Hindernis herum zu fliegen oder wenn man die äußerste Schlägerecke verwendet, damit man mit einem sorgsam gezielten Abpraller den letzten Stein vernichten kann. Ja: Es sieht unsauber aus, wenn man durch die Wände hindurch gleitet. Aber es fühlt sich richtig an – und das ist mir letztlich wichtiger. Zusätzlich kann man über einen Move-Controller einen „richtigen“ Schläger (mit Griff und so) aktivieren, der
den auf seiner Ebene verschiebbaren ersetzt und ebenfalls akkurates Zielen ermöglicht. Darüberhinaus kann man hier mit einer schwungvollen Bewegung die Geschwindigkeit modifizieren, wobei dies eher zum Nachteil des Spielers wird, da man für das Tempo Genauigkeit opfern muss.
Das Spiel ist über zwei Drittel etwas zu leicht, da erst die letzte der drei Welten anspruchsvoller wird und man bis dahin genug Leben zur Verfügung hat. Dennoch macht es Spaß, sich durch die neonbunten Räume zu „kugeln“ und den cleveren Designs zu stellen. Explosive Steine räumen ganze Mauern aus dem Weg, man kann Mehrfachbälle aktivieren oder hat statt des Energieballes eine Stahlkugel zur Verfügung, die alles in ihrem Weg abräumt – vor allem, wenn man sie mit einem weiteren Extra auf ihre dreifache Größe aufpumpt. Später kommen noch Teleport-Stationen hinzu, die die Kugel in ansonsten unerreichbare Areale bringen. Man kann ein Update sammeln, das nicht nur die Schlägerfläche vergrößert, sondern auch Laser zur Verfügung stellt, die in regelmäßigen Abständen feuern. Und es gibt am Ende jeder Welt einen Boss, der zig mal getroffen werden muss, bevor er das nächste Gebiet bzw. den Abspann freischaltet. Sprich: Im Rahmen der bescheidenen „Breakout“-Möglichkeiten wird eine Menge Abwechslung geboten.
Partikel und Zeitlupe
Da Proton Pulse Plus ohnehin über weite Teile ein niedriges Anforderungsprofil hat, hätte es die temporäre Zeitlupe gar nicht gebraucht. Andererseits ist sie technisch ansprechend umgesetzt, wenn gleichzeitig auch die Musik in einen „Slomo-Modus“ geschaltet wird und die reichhaltigen Partikeleffekte das Innere der Brille erleuchten, bevor die Normal-Geschwindigkeit wieder einsetzt. Überhaupt hinterlässt das minimaliste Neon-Design einen guten Eindruck. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass auf der PlayStation 4 Pro Supersampling eingesetzt würde, um die leider doch deutlich sichtbaren Kanten bei den abzuräumenden Blöcken auszuradieren. Doch die Optimierung für die leistungsstärkere PS4-Variante fehlt – zumindest derzeit. Und wenn man schon an visuellen Verbesserungen sitzt: Die gelegentlich unsauberen, da ein paar Frames überspringenden Fluganimationen des Balles beeinflussen zwar das Spiel in keiner Form, fallen hinter der VR-Brille aber unangenehm auf.