Was mich als alter Strategiehase an Ravenmark fasziniert, ist nicht in erster Linie die überraschend gut ausgearbeitete, mal spätantik, mal mittelalterlich inspirierte Fantasywelt namens Eclisse. Es gibt alte politische Konflikte zwischen Barbaren und Imperialen, fünf rivalisierende Reiche, intrigante Charaktere und naive Helden, die in einer langen Kampagne auftreten. Alles nicht besonders dramatisch oder gar packend, aber solide inszeniert. Es ist auch nicht die Fülle an Einheiten, die in einem edlen Codex vorgestellt werden – da gibt es zig Truppentypen von einfacher Miliz über Schwert- und Speerkämpfer sowie Kavallerie bis hin zu Schleuder, Armbrust-, Bogen- sowie Musketenschützen.
Es ist vor allem das Formations- und Befehlssystem, das mich von Anfang an begeistert hat. Man muss aus seinen militärischen Mitteln das Beste rausholen und kann dabei auf eine frische Gruppentaktik zurückgreifen, die vielen großen Strategiespielen abgeht. Denn hier erhält man nicht nur entscheidende Kampfboni, wenn man Truppen gleichen Typs in eine feste Formation bringt, sondern auch ganz neue Fähigkeiten je nach der Anzahl der zusammen geschlossenen Truppen. Es lohnt sich also, Ketten zu bilden: Die „Earthbound Swordsmen“ können ab zwei Einheiten z.B. die Schilde schließen, um Schaden abzuwehren; und ab drei Einheiten bekommen sie 30 Prozent mehr Rüstung gegen Pfeile.
Taktische Kombinationen
Manchmal kann eine erfolgreich etablierte Formation der Schlüssel zum Sieg sein: Die „Eartbound Bowmen“ bekommen ab zwei Einheiten z.B. eine weitere Salve, die richtig weh tut. Man kann zudem taktisch experimentieren: Es gibt Manöver, mit denen man die Gegner ein Feld zurück schubsen und dann nachsetzen kann. Und wenn man zuerst die Moral einer feindlichen Truppe senkt, diese danach mit einer berittenen Zweierformation der „Rookguard“ attackiert, wird sie sofort vernichtet – autsch! Allerdings nutzt auch die KI diese Manöver, so dass man gut auf seine Verteidigung achten sollte; ab der vierten Mission der Kampagne ist der Schwierigkeitsgrad richtig knackig. Das ist keine Casualstrategie, sondern etwas für anspruchsvolle Feldherren.
Außerdem sind Formationen quasi günstiger: Man hat nur eine begrenzte Zahl an Befehlspunkten für eine Runde, wobei jede einzelne Einheit, aber auch jede Formation einen verschlingt – man kann also mit Gruppenaktionen sparen. Aber Formationen haben auch einen Nachteil: Sie machen unbeweglicher im Gelände und sie sind anfälliger an den Flanken! Denn eine weitere Stärke des Spiels ist, dass Truppen, die von der Seite in einen Gegner stoßen, einen Schadensbonus bekommen. Um dem vorzubeugen, sollte man Formationen wiederum geschlossen über „Wheeling“ bewegen, so dass sie sich in Richtung Feind drehen. Und man sollte sie auch mal auflösen, um selbst in die Guerillataktik überzugehen.