Einfache Prinzipien sind oft die fesselnden: Tetris, Pullblox oder Captain Toad spielen allesamt mit dem menschlichen Bedürfnis nach Ordnung auf engstem Raum. Wenn man nach ein paar Experimenten endlich doch alles fein säuberlich entworren hat, sorgt das für erstaunlich viel Genugtuung. Auch der Pixel-Plattformer Recursion Deluxe nutzt diese Motivation. Nachdem Sarah (oder wahlweise ihr männliches Gegenstück Paul) eine Bruchlandung auf einem Planeten voller gefährlicher Bienen-Aliens hingelegt hat, muss sie Schlüssel zusammenraffen, Schalter umlegen und Barrieren verschwinden lassen, bis sie über das rettende Fähnchen das nächste Level erreicht. Das Ziel ist, wieder nach Hause zu gelangen. Die in kleinen Zeichnungen erzählte Geschichte spielt aber so gut wie keine Rolle. Interessant wird der Spießrutenlauf durch zwei schlichte, aber wirkungsvolle Tricks: Da auf dem fremden Planeten andere physikalische Gesetzmäßigkeiten herrschen, kann ich rechts aus dem Bildschirm herausspringen und erscheine am linken Rand wieder im Bild.
Falle ich unten in einen Abgrund, plumpse ich oben wieder ins Bild. Das Prinzip erinnert natürlich ans gute alte Bubble Bobble oder Pac-Man, hier nutzen die Entwickler es aber intensiv für ihre Puzzles. Ist auf der linken Seite eine Plattform zu hoch, löse ich z.B. ein paar Tür-Rätsel, um nach rechts oben zu gelangen, beherzt über den Bildrand hinaus zu springen und lande auf der linken Anhöhe. Danach kann ich hoch genug springen, dass mein Kopf gerade so am unteren Bildrand erscheint, wo ich einen grünen Schlüssel erreiche. Dieser lässt wiederrum eine Barriere verschwinden, die mich zu vier weiteren farbigen Schlüsseln führt – usw.
Not the bees!
Der zweite Trick stellt schlicht und einfach die Schwerkraft auf den Kopf, wenn ich einen entsprechenden Pfeil berühre. An der Decke wird eine auf den ersten Blick sinnlos konstruierte Treppe plötzlich begehbar. Aber Vorsicht: Auch die putzigen Alien-Zombies fliegen mit nach oben und rennen den Helden blitzschnell über den Haufen. Im Gegensatz zu den kopffüßigen Untoten ist Sarah nämlich beinahe wehrlos: Lediglich mit Hilfe von Schaltern kann sie Wände erscheinen lassen, die im richtigen Moment Störenfriede zerquetschen. Beim Abhängen nerviger Anhängsel empfiehlt sich also gutes Timing, zumal die Entwickler ohnehin eine schöne ausgewogene Mischung aus Knobeln und Geschicklichkeit erreicht haben.
Mal raucht mir der Kopf, weil ich eine Reihe ineinander verschachtelter Mauern verschwinden lassen muss und zwischendurch immer wieder an der Decke oder durch die Bildschirmränder spaziere – anderswo muss ich einfach schnell genug einen Abhang hinunter düsen, um den zahlreichen Bienen auszuweichen. Die putzigen flatternden Rieseninsekten erweisen sich schnell als echte Plage. Schon wenn ich nur eine Sekunde lang ins Rätsel vertieft an der falschen Stelle stehen bleibe, kann es passieren, dass eine Biene durch den Bildrand geflattert kommt und ich den Level neu starten muss. Langsam kann ich nachvollziehen, wie sich Nicolas Cage inmitten des Bienenschwarms von The Wicker Man gefühlt haben muss! Einsteiger sollten sich aber nicht abschrecken lassen: Die Puzzles bleiben im Gegensatz zu Titeln wie The Witness nämlich meist einsteigerfreundlich. Auch später steigt der Schwierigkeitsgrad sanft an, so dass es in der letzten Welt noch mal schön knackig wird. Mit ein paar Experimenten und logischem Nachgrübeln kam ich aber trotzdem meist irgendwann auf die Lösung.
Spießrutenlauf zwischen Zombies und Schaltern
Vor allem die auf den ersten Blick simple Komposition der kleinen Räume hat mich immer wieder herausgefordert. So schwer kann das doch nicht sein…irgendwo muss es doch weiter gehen, verdammt! Selbst wenn sich neben mir nur eine hohe Plattform, zwei Schalter und einen Zombie befanden – irgendwann entdeckte ich doch noch eine Kleinigkeit, die ich auf den ersten Blick übersehen hatte. Ach sooo, ich muss dort nach rechts in den Abgrund springen und erreiche dann tatsächlich die grüne Brücke, die ich gerade nebenbei mit einem Schalter erschaffe! Solche Momente sorgen für ein herrliches Gefühl des Triumphs über die fremde Welt. Es wird allerdings an jeder Ecke deutlich, dass hier ein sehr kleines Team am Spiel gesessen hat, welches sich nur auf die elementaren Elemente konzentriert hat.
Es gibt keine alternativen Modi, keine Bestenlisten oder andere Arten der Abwechslung. Da die Levels streng linear angegangen werden, kann ich zwischendurch nicht mal in andere Levels hineinschnuppern, um den Kopf freizubekommen. Auch die Spielzeit von rund drei Stunden ernüchtert, für besonders clevere Spieler liegen aber immerhin optionale Bonus-Sterne an schwer erreichbaren Orten. Auch das Basteln eigener Levels wird durch einen mitgelieferten externen Editor möglich. Außerdem gibt es laut den Entwicklern eine Twitch-Einbindung mit Abstimmungsmöglichkeiten; durch die eingebaute Stoppuhr werden Speedruns ermöglicht.