Hurra, da hab ich sie, die Zunfthalle! Ein kurzes Grinsen fliegt nach rechts, wo meine Konkurrentin grummelt – plötzlich ist da eine gewisse Distanz auf der Couch zu spüren. Kein Wunder, denn ich habe kurz vor dem Ende eine der besten Karten gezogen. Sie kostet zwar sechs Baupunkte, aber dafür bekomme ich in der Abrechnung jeweils zwei Bonuspunkte für jede Plantage. Und da ich bereits zweimal Indigo, Zucker, Tabak und Kaffee ausliegen habe, wären das satte zehn Punkte.
Trotzdem kann ich mir meiner Sache nicht sicher sein, denn jetzt darf meine Gegenspielerin zuerst eine von fünf Rollen wählen. Rolle? Jup, in diesem Kartentaktikspiel kann man je nach Rollenwahl andere Aktionen mit einem Privileg ausführen: Der Baumeister errichtet Gebäude günstiger, der Ratsherr wählt aus fünf Karten, der Goldsucher bekommt eine umsonst. Wer zuerst wählt, hat also einen klitzekleinen Vorteil. Damit die Chancen dennoch gleich sind, wechselt der Startspieler jede Runde. Mehr zu Regeln und Mechanik in diesem Brettspieltipp.
Edle Umsetzung mit Zusatzfunktionen
San Juan wurde optimal für das iPad umgesetzt: Wenn man lokal spielt, wird man auf den Wechsel des aktiven Teilnehmers hingewiesen – man spielt also nicht auf geteiltem Bildschirm, sondern auf einem. Während im Hintergrund die Zwischenstände sowie Zusatzfunktionen berechnet werden, kann man im Vordergrund sehr intuitiv auf Karten zugreifen, sie auswählen und ablegen. Die Steuerung ist präzise, eine Hilfe oder interaktives Tutorial jederzeit aufrufbar.
Zwar wirken die Potrait-Zeichnungen des Hauptmenüs etwas altbacken, aber der Rest des Artdesigns verströmt Spielkartenflair und ist bereits wesentlich stimmungsvoller als jenes von Puerto Rico – das hässliche Entlein unter den iOS-Brettspielen. Selbst das Hintergrundgemurmel kann man laufen lassen. Man kann lokal mit Freunden oder der KI im Quartett sowie online über GameCenter um die Wette bauen. Die Computerintelligenz ist in drei Stufen regelbar; Kenner des Brettspiels sollten unbedingt Letztere wählen.