Spielhalle trifft Moderne
Bereits zu den Hochzeiten des Genres um 1990 rief das Spielhallen-Original eine ganze Reihe von Nachahmern auf den Plan: Der Amiga-Titel Oops Up sollte z.B. mit der Lizenz des gleichnamigen Dance-Hits von Snap profitieren. Heutzutage verirren sich nur noch sporadisch Genrevertreter in die Download-Stores, welche allerdings auf eine Verfeinerung des Spielprinzips setzen. The Bug Butcher verwandelte das Schema vor einem Jahr in eine blitzschnelle Kombojagd in kleinen Räumen, die allerdings ganz schön schlauchen konnte. Spheroids von Eclipse Games (Tachyon Project) geht das Thema jetzt deutlich entspannter an und erinnert vom Spielgefühl her eher an die guten alten Zeiten. Man schreitet gemächlich durch seitlich scrollende Levels, die von allerlei unterschiedlichen Blasenkreaturen bevölkert werden. Da es sich um eine tödliche Seuche handelt, muss der junge Protagonist sie allesamt mit der Harpune erlegen, welche allerdings nur nach oben oder unten schießt. All zu leicht gestaltet sich die Jagd nicht, denn später tauchen Mutationen auf, die schneller umher rasen, mehr Schüsse aushalten, aggressiv auf den Boden stampfen oder sich sogar wieder zu großen Grinsekugeln vereinen.
Die renitenten Biester imitieren das Prinzip einer russische Matrjoschka-Puppe: Ein Treffer mit der Harpune und schon teilen sie sich in zwei hüpfende Bälle auf – danach in vier, in acht, bis sie schließlich wie eine Seifenblase zerplatzen. Plupp! Am meisten motiviert dabei das ungewöhnliche Handling der Waffe, schließlich windet sich das lange Seil langsam gen Himmel, so dass man die Flummi-Viecher auch schön seitlich abfangen kann. Dazu kommt, dass der Coder und Spieldesigner Eduardo Jimenez sich ein paar Plattformer-Mechaniken von der Indie-Konkurrenz abgeschaut hat, um damit sein Spiel zu bereichern. Die Idee geht auf und sorgt für Abwechslung: Mit zeitbegrenzten Antischwerkraftschuhen etwa stiefelt man an der Decke entlang und überrascht renitente Blasenansammlungen einfach von oben. Der Schwunghaken wird ebenfalls nützlich, obwohl sich seine Handhabung eine Spur holpriger als bei der Konkurrenz anfühlt. Eine Bereicherung sind auch die kleine Schalterrätsel, während derer man wie in Shantae: Risky’s Revenge zwischen zwei hintereinander liegenden Ebenen wechselt.
Mangel an Personal und Feinschliff
Merkt man dem Spiel allerdings an, dass es nur von einem dreiköpfigen Team erschaffen wurde, also fast wie in alten Amiga-Tagen. Offenbar wurden die Levels nicht genug getestet, denn manchmal bleiben Figuren in Türen hängen, so dass man erneut starten muss. In späteren Abschnitten wirkt zudem das Leveldesign nicht immer durchdacht, z.B. wenn sich Gegner unfair aus dem Nichts materialisieren. Offenbar wusste das Team um den fehlenden Feinschliff und gewährte dem Spieler im Gegenzug unendlich viele Leben, zahlreiche Checkpoints und lässt bereits besiegte Gegner beim nächsten Anlauf nicht mehr erscheinen. Wer es sich leicht machen will, kommt also auch mit Fleißarbeit ans Ziel. Das gilt natürlich nicht für Abschnitte, in denen Hüpfgeschick gefragt ist. Gegen Spielwährung gibt es Upgrades für eine schnellere Harpune oder mehr Herzchen-Container, sie wirken aber etwas lustlos übers Spiel gepfropft. In kniffligen Momenten können sie helfen, sind aber nicht wirklich notwendig, zumal ohnehin Extras wie eine Zeitlupe aus zerteilten Blasen rieseln.
Des Weiteren wirkt es ziemlich unprofessionell, wenn ein grafisch derart schlichtes Spiel unter einem durchgehenden leichten Ruckeln leidet, sogar in den später erschienenen Fassungen für Xbox One und PC. Dank „Play Anywhere“ bekommen Käufer einer Microsoft-Fassung die zweite übrigens gratis. Ähnlich verhielt es sich bei PSN-Kunden: Wer die Vita-Fassung erwirbt, bekommt das Exemplar für PS4 obendrauf (oder umgekehrt). Später soll auch eine Umsetzung für 3DS folgen.
Utz, utz, utz!
Ein Highlight ist dagegen der angenehm exotisch dudelnde Soundtrack, der schön die Stimmung der Schauplätze unterstützt. Er ist sogar druckvoll und basslastig genug abgemischt, um ihn auf spielaffinen Electro-Parties auflegen zu können. Immer wieder dachte ich darüber nach, wo genau ich die tief wummernden Breakbeats oder die schwungvoll quetschende Ziehharmonika in meinen nächsten Mixcloud-Sets verbauen könnte. Die Reise des Kammerjägers führt an Orte wie Indien oder das rutschige Moskau. In Japan rieseln stimmungsvolle Kirschblütenpixel durchs Bild, der Großteil der Kulissen bleibt im Vergleich zur Plattformer-Konkurrenz aber ziemlich schlicht. Im Gegenzug hebt sich das Design immerhin durch den eigenständigen Streifenlook ab.
Das Muster zeigt sich auch auf der seltsam kantigen Mütze des Helden. Zwischen den Einsätzen muss er immer wieder ins Labor seines zynischen Mentors Otto, dem einzigen Professor, der die Welt vor der Seuche retten kann. Die Drecksarbeit muss freilich der Spieler erledigen, was zu sympathischen (komplett englischen) Sticheleien zwischen dem Duo führt: keine echte Story, aber eine nette Ergänzung zum Durchatmen zwischen der Jagd. Nach der Beseitigung der Bedrohung gibt es übrigens kaum noch etwas zu tun. Kein Multiplayer, keine Bestenlisten, keine Herausforderungen. Sogar die leicht verdienten Erfolge beschränken sich auf Fleißaufgaben wie das Sammeln von 100 Münzen oder das Auslösen von 25 Zeitstoppern.