Aufgehübscht und eingedeutscht
Für mich lag dieses Spiel lange auf einem Pile of Shame und ich hatte es zwischenzeitig lediglich mal angezockt. In Europa war es erst zwölf Jahre nach seinem Release in der Wii-Bibliothek Virtual Console verfügbar. Grafisch fand ich die 3D-Modelle der SNES-Version schnell unattraktiv und auch die Menüs wirkten extrem aus der Zeit gefallen. Das Remake macht damit auf jeden Fall Schluss: Knuffige Mario-Optik paart sich mit smoothen Texturen und flüssiger Acht-Wege-Steuerung, dazu gibt es ein übersichtliches Menü und ein paar nette Cutscenes. Das Spiel wurde zum ersten Mal mit einer deutschen Textfassung bedacht, was auch mit ein paar Namensanpassungen einherging, zum Beispiel Smithy zu Schmiedrich oder Booster zu Borsto. Lediglich zu einer Sprachausgabe hat es nicht gereicht; selbst auf mariotypische Ausrufe wie „Let’se go!“ und „Wa-hoo!“ müsst ihr verzichten.
Die Zwischensequenzen ziehen sich zum Teil etwas, besonders dann, wenn anderen NPCs Geschehnisse erzählt wurden, die euch als Spieler bereits bekannt sind. Ärgerlich ist auch, dass bereits gesehene Szenen nicht übersprungen werden können. Wenn also ein Bosskampf direkt nach einer längeren Zwischensequenz folgt und ihr in diesem k.o. geht, müsst ihr euch den Sermon noch einmal anhören. Da der Schwierigkeitsgrad jedoch äußerst moderat ist, sollte euch das nicht allzu häufig passieren. Falls doch, könnt ihr den Modus sicherheitshalber auf „Locker“ herunterfahren. Einen schwereren Modus gibt es dagegen leider nicht.
Eure Reise führt euch unter anderem zu Mallows Großvater Weisequak in die Heimat des Froschvolks Quappenquell, zu den fleißigen Bergarbeitern in Mauldurf oder ins Wolkenreich Nimbusland. Durch die Wälder, Wüsten, Höhlen und Untergrundlabyrinthe bewegt ihr euch in isometrischer Perspektive und könnt auch Springen und Geheimnisse entdecken. Sobald ihr einen Gegner berührt, wechselt das Bild in den Kampfmodus. Nach erfolgreicher Schlacht werden Goldmünzen eingeheimst und Erfahrungspunkte verteilt. Wann immer ein Charakter im Level aufsteigt, könnt ihr einen Bonus auswählen, der zusätzliche HP, Angriffs- und Verteidigungspunkte, oder Magie verleiht.
Zwischendurch gibt es immer wieder auch ein paar Minispiele, die ihr wiederholen und euren eigenen Rekord ausbauen könnt. Am Krösus-Fluss sammelt ihr unter anderem Froschmünzen, die ihr in Quappenquell gegen seltene Items eintauschen könnt, bei der spaßigen Lorenfahrt in Mauldurf könnt ihr versuchen, eure Bestzeit zu knacken und auf Yoshi’s Insel dürft ihr mit eurem grünen Dino-Freund ein Wettrennen veranstalten. Darüber hinaus gibt es viele kleine und zum Teil anspruchsvolle Rätsel: Musikalische Kaulquappen müsst ihr richtig auf einer Tonleiter arrangieren (theoretische Kenntnisse in Musik sind hier echt von Vorteil), die schaurigen Gestalten in Monsterschlupf schicken euch auf eine Suche nach drei Flaggen durch das Land und obendrein sind Dutzende unsichtbare Schatzkisten in der ganzen Welt versteckt, die ihr nur findet, wenn ihr von unten gegen sie springt.
Ohrenschmaus und Augenweide
Besonders hervorzuheben ist bei Super Mario RPG der Soundtrack von Yoko Shimomura. Der war schon in Originalspiel genial und wurde für das Remake neu eingespielt. Wer möchte, kann im Menü zwischen der SNES- und der neuen Version wechseln und hören, wie sich der Sound über die Jahre verändert hat. Stücke wie „Let’s go down the Wine River“ am Krösus-Fluss oder die Musik in Borstos Turm haben mich neu bezaubert und auch die Songs während der Kämpfe und nach einem Sieg brachten mich immer wieder zum Mitwippen. Gerade stetig wiederkehrende Melodien sollten in solchen Spielen nicht nervig werden, sondern bestenfalls einen positiven Ohrwurmcharakter entwickeln.
Super Mario RPG schickt euch auf ein kurzweiliges und buntes Abenteuer durch das Pilzkönigreich und verhilft dem damals in hohen Tönen gelobten Spiel zu einem verdienten Revival. Wer sich damals schon mit Mario auf das zu der Zeit ungewohnte Terrain gewagt hat, kann also eine optisch zeitgemäß runderneuerte Version erwarten. Wieder einmal ist Nintendos Liebe zum Detail und kleinen versteckten Eastereggs mit Verweisen auf andere firmeneigene Franchises zu bemerken: So befindet sich in einer Kiste mit Spielzeugen eine Actionfigur von Samus Aran aus Metroid, ein Toad hingegen hat auf seinem Regal Modelle von F-Zero
Wer sich zum ersten Mal auf diese Reise begibt, darf sich auf ein paar witzige Begegnungen und neue Freunde freuen. Der zunächst etwas ängstliche Mallow ist ein süßer „neuer“ Original-Charakter, der im Laufe des Spiels sogar eine persönliche Quest bekommt. Geno wirkt dagegen sehr blass. Viel mehr als seine Herkunft und sein Wissen über die Sternenstraße bekommen wir nämlich nicht serviert. Für einen Lacher gut sind auf jeden Fall auch immer die Bossgegner mit ihren oft schusseligen Schergen. Da hat man gemerkt, dass die Übersetzer sich kreativ austoben durften.
Mit circa 15 Stunden Spielzeit ist die Länge überschaubar, wer alle Rätsel lösen und Minispiele absolvieren möchte, investiert vielleicht noch die eine oder andere Extra-Stunde. Aber wie schon an der einen oder anderen Stelle erwähnt, ist das Abenteuer spielerisch keine große Herausforderung. Beispielsweise das Reisen ist gnadenlos einfach: Selbst innerhalb der Dungeons könnt ihr jederzeit die Weltkarte aufrufen und euch an jeden Ort teleportieren, an dem ihr schon wart. Auch hatte ich nie Geldsorgen und konnte meine Münzen stets mit beiden Händen zum Fenster rauswerfen. Immer die neuste Ausrüstung im Shop gekauft und Item-Vorrat aufgestockt – kein Problem. Dabei musste ich nicht einmal alle Gegner in einem Gebiet besiegen, geschweige denn grinden. Häufig bekommt man im Kampf eine Glücksmünze, mit dem man nach dem Sieg seine gewonnenen Münzen oder Erfahrungspunkte bei einem Hütchenspiel verdoppeln kann. Es gibt schlicht zu viele Möglichkeiten, wie ihr schnell und einfach stärker und reicher werden könnt.
Wer trifft den richtigen Ton?
In manchen Teilen ist das Spiel vielleicht ein Stück zu kindgerecht, etwa bei den übertriebenen Animationen in manchen Zwischensequenzen oder beim optionalen noch einfacheren Schwierigkeitsgrad – aber den muss man ja nicht nutzen. Auch die Selbstverständlichkeit, mit der Bowser und Mario Seite an Seite kämpfen – wobei der Koopakönig immer von seinen neuen Schergen spricht, was nie vehement dementiert wird – finde ich etwas zu einfach integriert. Das wird auch von den NPCs nach anfänglicher Verwunderung immer sehr schnell hingenommen und wenig hinterfragt – Mario wird’s schon richten. Aber ein bisschen mehr Tiefe in der Story oder bei manchen Charakteren hätte ich mir schon gewünscht.
Auf der anderen Seite sind gerade ein paar Rätsel echt knifflig. Toadzart lehrt euch zwar, wie man eine Tonleiter liest; die Kaulquappen in der etwas verzerrten Perspektive anzuordnen, ist aber gerade für Musiklaien nicht ganz einfach. An einem Punkt, an dem mir Mallows Großvater mein nächstens Ziel zeigen sollte, bin ich fast verzweifelt, weil er einfach nur gesagt hat, dass er jetzt etwas essen könnte. Zu dem Zeitpunkt hätte ich längst schon die Grillenpastete mit dem besonderen Froschgroschen kaufen können – dass dieser gestohlen und wiederbeschafft wird, ist auch früh im Spiel Teil der Story, mir wird aber nie gesagt, was ich damit machen soll.
Das sind aber nur kurze Downer in einem insgesamt gelungenen Spielerlebnis, das einen Fokus auf eine originalgetreue und in den richtigen Punkten aufgehübschte Neuauflage legt. Das Spiel hat das Potenzial, alteingesessene Mario-Fans ebenso abzuholen, wie die jüngste Gamer-Generation.
Gibt es immer noch das niedrige Levellimit, und wurde an den Stats etwas geschraubt?
Im Original war, glaube ich, kurz vor Level 30 Schluss, und magische Verteidigung war so wichtig, dass der Endboss, zumindest für mich, unmöglich war, wenn man falsch Punkte verteilt hat.