Bis zum Abwinken
Die Crimewelle will einfach nicht verebben. Ständig gebiert sie neue Ableger, bei denen Verbrechen als technische Akte dargestellt werden, die man mit reiner Physik lösen kann. Für Dinge wie Persönlichkeit des Verbrechers, strafrechtliche Hintergründe oder soziale Umstände bleibt keine Zeit, weil schon der nächste Spezialeffekt dran ist. Die nächste Lungenarterie muss von einem Geschoss zerrissen, der nächste Eispickel ins Gehirn getrieben werden. Der Zuschauer ist hautnah dabei, wenn das Blut durch die Schläuche schießt. Bluteffekte unter dem Deckmäntelchen der Verbrechensaufklärung, die einzig dem Voyeurismus dienen. Anders ist es nicht zu erklären, dass solche Serien scheinbar auf allen Programmen laufen.
In Unsolved Crimes gibt es hingegen kaum Szenen, die aufstoßen, obwohl es fast immer um Mord geht. Selbst als eine zerstückelte Leiche gefunden wird, ist das nicht sonderlich gruselig Auch wenn ihr fast wie CSI den abgehackten Kopf, Arme und Beine im Inventar mitschleppt, zieht sich der aseptische Eindruck durchs ganze Spiel. Nicht einmal ein vermülltes Zimmer ist richtig abstoßend. Kein Wunder, denn das DS-Modul ist ab 12 Jahren freigegeben und kann daher auch nicht zu heftig rangehen.
Retro statt Hightech
Eines ist für die heutige Verbrechensaufklärung unerlässlich – Hightech. Seien es nun Spurenauswertung, Massengentests oder Rasterfahndung, alles moderne Technik. Anders bei Unsolved Crimes, das in den 70ern spielt, als noch gute alte
In New York ist ein Job bei der Mordkommission frei, bei dem es Schreibtischarbeit satt gibt. Die dicken Fälle kommen erst später. |
Polizeiarbeit gefragt war. Damals gab noch der Ermittler den Ton an und nicht der Kriminaltechniker. Durch die Auswertung von winzigen Hautschuppen kann heutzutage festgestellt werden, ob ein Verdächtiger am Tatort war oder nicht. Damals musste man den Typ ausquetschen, bis er es selbst zugab, oder jemanden finden, der ihn gesehen hatte bzw. sein Alibi zerstören, was ihm Spiel oft genug vorkommt.
Allerdings bietet Unsolved Crimes keine echte Retro-Atmosphäre. Vereinzelt gibt es mal Anleihen wie einen Ford Mustang oder die Musik von früher, die im Hintergrund dudelt. Aber es kommen keine machomäßigen Typen mit engen Schlaghosen wie bei Starsky & Hutch vor, die rauchen und fluchen, was das Zeug hält. Das liegt sicher auch daran, dass das Spiel weitgehend emotionslos ist. Nicht einmal, als die Schwester eurer Kollegin entführt wird, kommen große Gefühle auf – die Show muss weitergehen. Für die Charaktere, seien es Polizisten, Täter oder Opfer, bleibt wenig Zeit; sie bleiben an der Oberfläche und sind damit auswechselbar.
Stelle als Bulle
Ihr beginnt als kleiner Beamter in der New Yorker Mordkommission, der sich erst noch bewähren muss. Natürlich fängt alles mit kleineren Fällen an, wie etwa beim Tutorial, ohne gleich auf die Entführung einzugehen. Ihr klärt dabei, ob es wirklich ein Raubüberfall war, obwohl die Spuren was anderes sagen, und sucht den Mörder eines Spielsüchtigen, der scheinbar Selbstmord beging. Das ist oft recht einfach, denn schon zu Beginn der Fälle ist jeweils etwas faul. Ihr müsst euch auf einen Verdächtigen festlegen, was nicht sehr schwer ist, da es nur ein paar wenige gibt. Vernehmen dürft ihr die Leute nicht, das übernimmt der virtuelle Chef und ihr bekommt das Protokoll. Nach dem Fall erhaltet ihr eine Gesamtbewertung. Lagt ihr richtig? Dann gibt’s ein ‚A‘. Hier liegt ein gewisser Wiederspielwert, da ihr ja besser als beim letzten Mal sein wollt.
Insgesamt sind es acht Fälle, die vom Mord bis zur Entführung reichen. Der Fokus liegt auf den Tötungen, aber es steckt immer mehr dahinter. So entpuppt sich ein Krankenhaus als eiskalte Versuchsanstalt, wo heimlich Arznei getestet wird. Die eigentlich spannende Handlung geht spät los, weshalb sich die ersten Fälle wie Kaugummi ziehen. Dabei wird ein bekanntes Model Betsy Blake entführt, das ihr finden müsst. Die Storyeinsprengsel sind eher dürftig, so seht ihr etwa, wie Betsy entführt wird. Dabei müsst ihr euch das Nummernschild merken, was eine der „Actionsequenzen“ ist. Halb so wild, wenn ihr es nicht wisst, ladet ihr einfach neu, da ihr überall speichern könnt.
Stimme der Wertung zu. Die Charaktere sind platt wie eine Flunder, man sucht Hinweise und beantwortet Fragen. Mehr bietet das Spiel nahezu nicht.
Habs und finds auch nicht so toll. Da spiel ich wirklich lieber Ace Attorney.