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Until Dawn: Rush of Blood (Action-Adventure) – Wie tief sitzt der Schreck in VR?

VR-Headsets und die darunter entstehende Immersion scheinen wie geschaffen für Horror. Man ist allein. Man ist im Dunkeln. Man ist mittendrin. Mit Until Dawn: Rush of Blood bringt Supermassive Games eine Variante des letztjährigen Gänsehaut-Spektakels auf Sonys VR-Plattform. Allerdings etwas anders als erwartet. Denn statt filmreifem Splatterhorror kombiniert man hier eine Geisterbahnfahrt mit dem eigentlich längst vom Aussterben bedrohten Lightgun-Shooter. Im Test klären wir, ob die Verbindung aufgeht.

© Supermassive Games / Sony

Betreten auf eigene Gefahr

Schon das Intro, in dem man im Schneckentempo in einem Wagen auf Schienen durch ein düsteres Gemäuer kutschiert wird, macht klar, auf was Rush of Blood setzt: Düstere Atmosphäre, eine dichte sowie verstörende Akustik und Schreckmomente, die man neudeutsch so gerne als „Jumpscares“ bezeichnet. Und im Wesentlichen hält der VR-Ableger von Until Dawn bis zum Ende der insgesamt sieben Kapitel dauernden Reise an diesen Elementen fest, reichert diese aber noch durch ein flaues Magengefühl induzierende Achterbahnfahrten an. Hier und da wird zwar an der Intensitätsschraube gedreht, so dass das Tempo der einzelnen Elemente stets variiert und man immer wieder überrascht wird. Doch Supermassive Games setzt hier nur selten auf subtilen Horror wie im „Hauptspiel“, sondern eher auf ein paar Monster, die einem gezielt ins Gesicht springen. Und natürlich auf haufenweise Futter für die zwei Knarren, die man auf seiner Geister- bzw. Achterbahntour gegen die auf einen zustürmenden oder mit Säure oder Feuer bewerfenden Gegner einsetzt.

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Rush of Blood zeichnet sich durch verstörende Kulissen und ein gelungenes Spiel von Licht und Schatten aus. © 4P/Screenshot

Denn für die VR-Interpretation von Until Dawn haben sich die Entwickler dem Lightgun-Shooter verschrieben. Und sie liefern ein in dieser Hinsicht in weiten Teilen überzeugendes Erlebnis ab, das man allerdings vorzugsweise mit zwei Move-Controllern spielen sollte, wenn man sich wirklich mittendrin fühlen möchte. Dabei ist die Bewegungs-und Treffererkennung nach einer initialen Einrichtung sehr gut. Allerdings ist es unter bestimmten Lichtverhältnissen passiert, dass mir beim Absenken der Knarren in eine bestimmte Position die Erkennung aus dem Ruder lief. Das ist zwar kein allzu großes Problem, da man jederzeit eine schnelle Neukonfiguration starten kann, doch wenn dies kurz vor hektischen Gefechten passiert, ist das ärgerlich.

Schnell, wuchtig, schnörkellos


Unterstützt von der gut reagierenden Steuerung und eingebunden in eine Kulisse, bei der beinahe aus fast jeder Richtung Feinde auf einen zustürzen können, kommt schnell eine angenehme Hektik auf, die weit über das hinausgeht, was man bei „klassischen“ Lightgun-Ballereien wie Time Crisis oder House of the Dead erleben kann. Man schaut sich panisch um, weil Geräusche suggerieren, dass die nächste Welle von rechts kommt, nur um dann festzustellen, dass sich zwei Killerclowns von links angeschlichen haben. Besonders fies sind auch die Spinnen im fünften Abschnitt, die von den Decken hängen können, urplötzlich neue Wege durch Dachluken usw. finden oder deren Miniversionen im Dutzend auf den Wagen zu krabbeln – für jemanden mit Spinnenphobie ist Rush of Blood

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Die VR-Variante von Until Dawn ist mal Achterbahn, mal Geisterbahn und immer Lightgun-Shooter. © 4P/Screenshot

ungeeignet. Es sei denn, man hat sich die Pistolen mit der Leuchtmunition aus den zahlreichen an der Strecke verteilten Kisten mit temporären Upgrades gesichert. Dann nämlich kann man die vermaledeite achtbeinige Brut gleich gruppenweise ausräuchern – herrlich.

Allerdings hält sich abseits von ein paar Bossen, die sich an den Gegnern aus dem „großen“ Until Dawn orientieren, die Variation der Kontrahenten in Grenzen. Vor allem bei den längeren der sieben Abschnitte, die teils alternative Routen bereithalten, hätten mehr Feindtypen oder andere Zusammenstellungen Wunder gewirkt. Dafür jedoch begegnet man immer wieder Situationen, in denen man auf dem Wagen sitzend Hindernissen aus dem Weg gehen muss. Blutbedeckte Felsen z.B. zeigen an, wo sich vorherige Gäste verletzt haben. Und um diesem Schicksal zu entgehen, sollte man schleunigst den Kopf bzw. Oberkörper bewegen – manchmal muss man sich auch unter Vorsprünge, wild schwingende Haken oder Sägen retten bzw.  von oben tropfender Säure aus dem Weg gehen. Wenn man dazu gerade noch im Augenwinkel eines der zahlreichen abzuschießenden Geheimnisse entdeckt, feuert was das Zeug hält, dann wieder nach vorne schaut, nur um in eine hässliche Fratze zu starren, die einen mit einem schrillen Schrei anbrüllt und man schließlich flucht, weil man das Magazin nachladen muss und einem wertvolle Zehntelsekunden fehlen, macht Rush of Blood vieles richtig.

Achterbahnfahrt der Technik

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Immer wieder muss mit plötzlichen Schreckmomenten gerechnet werden. Und hinter der VR-Brille gibt es kein Entkommen… © 4P/Screenshot

Während die Kulisse hinsichtlich der Bildrate absolut keine Wünsche offenlässt (alles andere wäre angesichts der Dynamik und der schnellen Achterbahnsequenzen fatal), hinterlässt das Artdesign bei mir gemischte Gefühle. Auf der einen Seite bietet es mit seinen zahlreichen Anspielungen an das Horror-Abenteuer aus dem letzten Jahr viele bekannte Aspekte: Wer Until Dawn gespielt hat, wird einiges in der Umgebung wiedererkennen. Doch beim Figurendesign, den Umgebungsdetails oder den Animationen der Standard-Gegner ist man bei weitem nicht so detailliert und filigran. Und sobald es an Explosionen und Feuerdarstellung geht, hatte ich Zweifel, dass zum einen eine PS4 verwendet wird und zum anderen tatsächlich die Macher des Originals hier verantwortlich zeichnen.

Anders sieht es bei Lichteffekten aus. Mit den Taschenlampenkegeln, deren Zentrum gleichzeitig das Ziel der Schusswaffen darstellt, hat man eine überzeugende dynamische Lichtquelle, um die immer wieder erdrückende Dunkelheit zu zerschneiden. Und häufig kann man erst mit der Beleuchtung bestimmte Hindernisse sehen, bevor man sich an ihnen den virtuellen Schädel stößt. Und selbst mit den angesprochenen Schwächen im visuellen Detail schafft es Supermassive Games, hinter dem Headset eine bedrückende Atmosphäre aufzubauen, die einen letztlich immer wieder auf die Achterbahn zerrt und auch für Zuschauer am „Social Screen“ spannend ist.

  1. leifman hat geschrieben:...eben und darum ging es mir, denn es hat sich leicht angehört als wenn die psvr eine derartige minderqualität aufs parkett bringen würde, dass es klar ist warum sie so günstig ist...
    Gut, so war es definitiv nicht gemeint, da hatte ich wohl etwas übertrieben.

  2. casanoffi hat geschrieben:Und ob die OR rein vom sachlichen Wert her tatsächlich das doppelte kosten muss, möchte ich auch nicht unbedingt mit Blut unterschreiben...
    eben und darum ging es mir, denn es hat sich leicht angehört als wenn die psvr eine derartige minderqualität aufs parkett bringen würde, dass es klar ist warum sie so günstig ist.
    dies sehe ich halt im direkten vergleich zumindest mit der rift nicht.
    greeting6

  3. leifman hat geschrieben:nur sprachst du von der oculus und nicht der vive und da sehe ich halt nicht wo das mehrgeld gegenüber der psvr sinnvoll angelegt ist.
    Gut, "sinnvoll" ist persönliche Präferenz.
    Und ob die OR rein vom sachlichen Wert her tatsächlich das doppelte kosten muss, möchte ich auch nicht unbedingt mit Blut unterschreiben...

  4. casanoffi hat geschrieben:
    leifman hat geschrieben:
    casanoffi hat geschrieben:...es hat schon seine Gründe, dass Sony sein Produkt fast zum halben Preis anbieten kann.
    ja? warum denn?
    Nicht warum, sondern welche muss die Frage sein :wink:
    ja welche gründe hat es bzw., warum kann sony günstiger anbieten? ;)
    nun, die auflösung der linsen mag zwar geringfügig höher sein, jedoch bietet nur sony 3 subpixel pro pixel, was den fliegengittereffekt so gut wie ausmerzt. die frage also, hat die geringe mehrauflösung einen entscheidenen vorteil?
    und klar, das vive bietet durch das präzisere tracking im raum einfach einen mehrwert der geld kostet.
    nur sprachst du von der oculus und nicht der vive und da sehe ich halt nicht wo das mehrgeld gegenüber der psvr sinnvoll angelegt ist.
    greetingz

  5. leifman hat geschrieben:
    casanoffi hat geschrieben:...es hat schon seine Gründe, dass Sony sein Produkt fast zum halben Preis anbieten kann.
    ja? warum denn?
    Nicht warum, sondern welche muss die Frage sein :wink:
    Die Linsen der OR bieten eine höhere Auflösung (1080×1200 statt 960×1080 je Linse) und das Tracking basiert auf Infrarot statt Lichtsensoren.
    Allein diese beiden Punkte machen schon einen Unterschied, der sich eindeutig im Preis bemerkbar macht.
    Das soll keine Kritik sein, schließlich muss Sony seine VR halbwegs bezahlbar an den Mann bringen.
    Man stelle sich den Aufschrei vor, der aus der Community gekommen wäre, wenn ein Stück Hardware mehr als die Konsole selbst kosten würde ^^
    Die Oculus hat eine etwas andere Käuferschicht.
    PC-Freaks scheuen sich weniger davon, sehr viel Geld für Hardware hinzulegen.
    Und ein OR-fähiger PC kostete immer noch mehr als die OR selbst.

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