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Wilson’s Heart (Adventure) – Herzlos

Schon bei seiner Veröffentlichung ist Wilson’s Heart eigentlich veraltet – und damit meine ich nicht die schwarz-weißen Kulissen des Krankenhauses, in dem Robert Wilson anno 1940 aufwacht. Überholt ist vielmehr das Bewegungsmodell, genauer gesagt die Tatsache, dass man dauerhaft am Platz steht. Ist der Horrortrip trotzdem eine Reise wert? Für unseren Test sind wir mit Oculus Rift und Touch auf Zeitreise gegangen.

© Twisted Pixel / Oculus VR

Wilson greift ein

Warum Wilson stehend gefesselt aufwacht, weiß man erst nicht. Er war auf eine Operation vorbereitet, durchgeführt wurde sie aber noch nicht. Das jedenfalls denkt der Patient und befreit sich von seinen Fesseln, in dem er kleine Bolzen aus den Gurten an seinen Unterarmen zieht. Die Mauer des großen Saals ist zum Teil zerstört, Betten und Boden sind mit Blut verschmiert, Klemmbretter erklären die Steuerung, wenn man einzelne Seiten von unten nach oben blättert – cool!

In einer Art Badezimmer ziehe ich Wilson zwei Saugnäpfe von den Schläfen, später öffne ich schwere Türen nur, indem ich beide Hände benutze und es wird sogar Bösewichte geben, gegen die ich mich mit beiden Fäusten wehre: Obwohl manche Aktionen, wie das Schließen einer gerade geöffneten Truhe, nicht vorgesehen sind, überträgt Twisted Pixel das buchstäbliche Eingreifen mit Oculus Touch ganz hervorragend in die Virtual Reality. Ein Umriss zeigt mir

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Was in dem verwüsteten Krankenhaus passiert ist, weiß Wilson anfangs nicht. Der VR-Grusel profitiert dabei von durchdachten Interaktionsmöglichkeiten. © 4P/Screenshot

dabei stets an, wo sich meine realen Hände befinden, falls sie von den gelegentlich vorgefertigten Animationen abweichen. So kann ich meine Bewegungen den im Spiel dargestellten Interaktionen anpassen, was das gedankliche Abtauchen in die virtuelle Welt erleichtert.

Alt, aber gut

Gleich zu Beginn gelingt den Entwicklern (Splosion Man, LocoCycle) dabei hervorragendes Gruselkino, das mit subtiler Musik, leisen Geräuschen und clever platzierten Schreckmomenten eine dicke Gänsehaut erzeugt. Ich will keinen dieser gelungenen Augenblicke vorwegnehmen, doch der Horror ist vor allem deshalb gut, weil er mit der Erwartungshaltung spielt, anstatt vorhersehbare Schrecksekunden zu drapieren.

Dabei stört es nicht einmal, dass man Wilson nur von einer festen Position zur nächsten teleportiert. Zum einen sieht man den entsprechenden Markierungen nämlich an, in welche Richtung er dann blicken wird, was die Orientierung stark erleichtert. Zum anderen befinden sich alle Positionen an logischen Wegpunkten, so dass Wilsons „Bewegung“ glaubhaft wirkt. Es gibt längst überlegene Alternativen zu diesem VR-Beamen – es funktioniert hier aber ganz ausgezeichnet.

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Zu schnell werden die Kreaturen der Finsternis allerdings zu zahnlosen Bösewichten, die sich noch dazu spielend leicht besiegen lassen. © 4P/Screenshot


Karikatur statt Fratze

Trotzdem kann Twisted Pixel die große anfängliche Spannung nicht halten. Im Gegenteil: Sie flacht erstaunlich stark ab. Warum? Es liegt vor allem an den Gefahren, die irgendwann keine geheimnisvollen Stimmen und Fratzen mehr sind, sondern erschreckend harmlos wirkende Karikaturen.

Die Wesen lauern ja schon bald nicht mehr im geheimnisvollen Dunkeln, sondern greifen Wilson einfach an. Man steht den Kreaturen dann meist in sicherer Entfernung gegenüber, während die ihre immer gleichen Angriffsschleifen ständig wiederholen. Zu allem Überfluss erfordert es fast kein Geschick, in großen Zeitfenstern die einzig möglichen wirkungsvollen Aktionen auszuführen – trotzdem dauern die Kämpfe doppelt und dreimal so lange wie sie sollten.

Immerhin blockt man ankommende Angriffe mit beiden Händen ab, teilt Fausthiebe aus, wirft Geschosse auf die Kreaturen und gelegentlich greift eine Kreatur tatsächlich unverhofft an oder taucht dort auf, wo man sie nicht vermutet. Das sind gelungene Höhepunkte – ab dem zweiten Drittel aber leider Ausnahmen.

  1. DrZord hat geschrieben: 05.05.2017 18:09 Ich kann leider mit der Teleportationslösung nichts anfangen. In Arizona Sunshine wurde die klassische Fortbewegung dazugepatcht. Wenn das hier auch passiert, ist es gekauft.
    Man muss schon sagen, dass es hier nicht funktionieren würde. Wilsons Heart ist start storygetrieben und muss daher den User gezielt auf die Interaktionen lenken. Mehr Bewegungsfreiheit ja, das wäre sicherlich wünschenswert, aber komplett freie Bewegung passt hier einfach nicht. Im Gegensatz zu Arizona Sunshine, was ja mehr "Open World" ist.
    Teleportation ist nicht per se gut oder schlecht sondern hängt vom Spielprinzip ab.

  2. DrZord hat geschrieben: 05.05.2017 18:09 Ich kann leider mit der Teleportationslösung nichts anfangen. In Arizona Sunshine wurde die klassische Fortbewegung dazugepatcht. Wenn das hier auch passiert, ist es gekauft.
    Apropos Arizona Sunshine? Kommt da noch ein Test? Ist ja doch eins der größeren Spiele.
    Ja, ist geplant. Der PSVR-Start wäre ein guter Anlass, auch noch die übrigen Fassungen unter die Lupe zu nehmen.

  3. Ich kann leider mit der Teleportationslösung nichts anfangen. In Arizona Sunshine wurde die klassische Fortbewegung dazugepatcht. Wenn das hier auch passiert, ist es gekauft.
    Apropos Arizona Sunshine? Kommt da noch ein Test? Ist ja doch eins der größeren Spiele.

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