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Nintendo: Revolution oder Untergang?

Mit „Revolution“ hat sich Nintendo ja einen hochtrabenden Decknamen für den GameCube-Nachfolger ausgedacht.

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Eine kurze Geschichte der Videospiele

Die Geschichte der Videospiele beginnt bereits in den späten 1940er Jahren mit wissenschaftlichen Tüfteleien.Die erste bekannte von ihnen war “OXO”, ein Tic-Tac-Toe-Spiel, in dem man gegen den Computer antrat.

Firmenpräsident Iwata gibt sich in Interviews fast schon prophetisch und die Fachpresse schürt das Feuer der Neugier mit ominösen Spekulationen. Doch was ist es, das Iwata-San da als „Paradigmenwechsel“ anpreist, was angeblich ohne herkömmlichen Controller bedient wird und was vor allem Nicht- und Ex-Spieler ansprechen soll?

Hat Nintendo tatsächlich eine spielerische Revolution in petto? Eine, die Big N zurück an die Spitze der Heimkonsolenhersteller katapultieren könnte? Eine, nach der nichts mehr so sein wird, wie es war? Oder wird die Modellbezeichnung später wieder abgeschwächt wie seinerzeit beim N64, das zuvor noch protzig als Ultra 64 angekündigt wurde? Erleidet Nintendo vielleicht abermals Schiffbruch, wie einst mit der Todgeburt Virtual Boy? Gräbt man sich am Ende gar sein eigenes Grab?

Viele Fans rechnen jedenfalls mit dem Schlimmsten. Man befürchtet irgendeinen Unterhaltungsapparat für anspruchslose Gelegenheitsspieler, ein weiterentwickeltes EyeToy , ein schnurloses Gametrak, ein hochgezüchtetes Bemani, eine interaktive Set-Top-Box oder ein hypnosefähiges Tamagotchi. Man vermutet das Ende des gemütlichen Couchspielens, sensorischen Bewegungszwang, den Untergang der Fingerakrobatik, die Abkehr sämtlicher Dritthersteller, die Metamorphose von Mario in ein übergewichtiges Pokémon…

Doch woher kommt die ganze Skepsis? Ist es die Angst vor etwas Neuem ? Das Fehlen verlässlicher Fakten? Das verlorene Vertrauen in das letzte, immer mehr Marktanteile verlierende Branchenurgestein? Das komische Gefühl, wenn ein vormals erzkonservatives Unternehmen plötzlich die Konkurrenz als solches bezeichnet und von Umwälzung und Fortschritt spricht?

War es denn nicht Nintendo, das den Aufsprung auf den Online-Zug bis heute komplett verpennt hat, das am längsten an der veralteten Modultechnologie festgehalten und damit Sony erst zu einem Konkurrenten gemacht sowie seine Haus- und Hofentwickler kampflos seinen Rivalen überlassen hat? Und jetzt will man plötzlich neue Märkte erschließen?

Dabei sind Videospiele doch bereits in fast jedem Haushalt, begeistern Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Wen will man da noch als neue Käuferschicht rekrutieren? Kleinkinder? Linkshänder? Senioren? Einsiedler? Mädchen? Was ist mit den Millionen, die bereits mit Nintendo groß geworden sind und einfach nur Mario, Link & Co. mit bewährter Spielbarkeit in revolutionärer Grafikpracht erleben wollen – müssen die um die Erfüllung ihrer Wünsche bangen?

Wohl kaum. Eine Videospielkonsole bleibt eine Videospielkonsole. Auch der Revolution wird einen oder mehrere Prozessoren, Grafik- und Soundchips, Speicherbausteine und gängige Schnittstellen besitzen. Auch Nintendo kann nur mit Wasser kochen und weiß, dass eine wirkliche Revolution sowohl Entwickler als auch Kunden vergraulen und für Big N das Aus bedeuten könnte. Daher ist der Revolution in technischer Hinsicht bestimmt so konzipiert, um mit Xbox 2 und PS3 mithalten zu können, um bei Cross-Plattform-Entwicklungen nicht außen vor zu bleiben und um ganz gewöhnliche Spiele in zeitgemäßer Optik und mit herkömmlichem Gameplay wiedergeben zu können.

Und überhaupt, was ist aus heutiger Sicht schon eine Revolution? Dance Dance Revolution, Matrix Revolutions, revolutionärer Vierfachscherkopf – überall Revolutionen und doch keine radikalen Veränderungen… Was 1789 noch ein neues Zeitalter einläutete, ist heute nicht mehr als abgedroschener Marketing-Jargon, bei dem im Prinzip jeder schon zufrieden ist, wenn es am Ende mehr Controller-Ports oder -Tasten als bei der Konkurrenz gibt…

Es wird doch niemand ernsthaft eine Revolution im eigentlichen Sinne erwarten: Dass Nintendo z.B. eine Spielkonsole mit Hirnstrom messender Gedankensteuerung, dynamischem Geruchssynthesizer oder holografischer 3D-Projektion in Arbeit hat. Na ja, wünschen würde man es sich vielleicht, aber bis dahin werden sich wohl noch so einige Revolutionen als harmlose Revolutiönchen entpuppen.

Falls es aber doch zur großen Mai-Revolution in Los Angeles kommen sollte, werde auch ich wie ein kleines Mädchen bei der Wiedervereinigung seiner Boygroup kreischen, bis zur Taubheit meiner Hände frenetisch applaudieren, mehrmals theatralisch in Ohnmacht fallen und Iwata-San persönlich für den Innovationsnobelpreis vorschlagen.

Jens Bischoff
4P|Freier Redakteur

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