Geht’s nach der kritischen Rechnung nach Metacritic, nimmt Fallout: New Vegas gerade mal den fünften Platz im ultimativen Ödland-Ranking ein. 84 von maximal möglichen 100 Punkten staubt der Fallout-Ableger der Rollenspiel-Experten von Obsidian Entertainment (South Park: The Stick of Truth) ab. Laut Metascare-Ranking nimmt Fallout 3 den ersten Platz ein – sackt einen Score von 93 ein.
Abseits solcher Zahlenspielerreihen und Kritiker-Favoriten, wurden New Vegas und Fallout 3 jetzt von einem vergleichend nebeneinandergestellt, der es wissen muss. Videospielentwickler Josh Sawyer hat seine Karriere nicht nur bei den altehrwürdigen Black Isle Studios (Icewind Dale, Neverwinter Nights 2) begonnen, sondern ist inzwischen langjähriger Mitarbeiter bei Obsidian Entertainment in führender Position – und war mitunter leitender Designer bei Fallout: New Vegas. Jetzt verrät er, wieso Obsidian euch das Spielerleben absichtlich schwer gemacht hat.
Fallout New Vegas: Nur für die ganz Harten?
Josh Sawyer sitzt vor seinem Mikrofon, hinter ihm ragen ein Bücherregal und eine Wisconsin-Flagge auf. Etwa bei Minute 1:53 atmet der Mann tief durch – und sagt: „Fallout 4 war kein schwieriges Spiel. Skyrim ist auch kein schwieriges Spiel. Die Kämpfe in diesen Spielen sind weniger herausfordernd.“ Sawyer intoniert, als würde er damit eine kontroverse Aussage treffen. Dabei dürfte den meisten Spieler*innen altvertraut sein, was Sawyer weiter ausspricht. Man könne die gesamte Spielwelt von Skyrim nach Lust und Laune erforschen, ohne zu sterben – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen.
„Es ist wirklich ein reibungsloses Spielerlebnis“, führt Sawyers weiter aus – und ergänzt „Dasselbe trifft auch auf Fallout 3 zu. Es gibt viel Scaling im Spiel und innerhalb kurzer Zeit fühlt ihr euch ziemlich stark und ihr könnt über vieles wie eine Dampfwalze brettern.“ Zwar räumt Sawyers ein, es gebe Ausnahmen. Beispielsweise dann, wenn ihr unvorbereitet in eine Todeskralle reinrennt, „dann könnt ihr schnell sterben“. Aber im Großen und Ganzen sei Fallout 3 „kein besonders herausforderndes Spiel“.
Diese professionelle Einschätzung des Schwierigkeitsgrades eines Fallout 3 hat Sawyer in seiner leitenden Rolle bei Fallout New Vegas dazu bewogen, an das Scaling anders heranzugehen. Dazu erklärt ab Minute 4:05 im Video nachstehendes:
„Der Fokus bei New Vegas lag darauf, den Anfang ein wenig herausfordernder zu gestalten – und das Scaling ein bisschen zurückzuschrauben. Das ist einer der Gründe, weswegen es Todeskrallen, Cazadore und Supermutanten nördlich von Goodsprings gibt. Die waren dort, um Spieler*innen von Fallout 3 zusagen: Hey, im Spiel gibt es einige ziemliche herausfordernde Gebiete – und du kannst nicht einfach über die gesamte Spiellandschaft ohne heftigen Gegenwind rutschen.“
Joshua Sawyer (Chef-Designer bei Obsidian Entertainment)
Fallout New Vegas als harter Brocken – aber nicht wirklich
Was für Sawyer und Team außer Frage stand, war schlicht an Zahlenwerten zu schrauben, um aus New Vegas „den schwierigsten Shooter aller Zeiten zu machen“. Dennoch sollte mit oben genannter Entscheidung in puncto Balancing an eindeutiges Signal an die Veteranen aus Fallout 3 geschickt werden, mit der Botschaft: So einfach machen wir’s euch nicht, liebe Spieler*innen.
Auch wenn das mit dem herausfordernden Schwierigkeitsgrad im späteren Spielverlauf von Fallout: New Vegas etwas abgeschwächt wurde, bleibt die Frage, ob dieses etwas knackigere Balancing den Fallout-Eintrag von Obsidian Entertainment zur heimlichen Königin im Ödland-Ranking erhebt? Aber das bleibt letztlich eine Entscheidung für Fan-Herzen.
Apropos Herausforderungen: In Fallout 4 hat ein Spieler jetzt einem Nager die Zähne gezogen – im übertragenen Wortsinn.
Quelle: YouTube /@Joshua Sawyer