Rockstar Games hat gestern Abend seine Social-Media-Richtlinien angepasst und den Mitarbeitern mitgeteilt, dass es nicht mehr verboten sei, über ihre Arbeitserfahrungen auf Twitter, Facebook und Co. zu sprechen – höchstwahrscheinlich als Reaktion auf die jüngsten Berichte über prekäre Arbeitsbedingungen, Crunch und Überstunden (wir berichteten, mehrfach). Einige Mitarbeiter nutzten die Gunst der Stunde und teilten ihre Geschichten aus ihrer Zeit bei Rockstar Games, die deutlich positiver als die letzten Berichte ausfallen (via Kotaku). Viele Mitarbeiter erwähnen zwar, dass es „Crunch-Zeiten“ geben würde und sie Überstunden machen würden, aber diese Phasen würden sich in Grenzen halten.
So schreibt zum Beispiel Phil Beveridge (Programmierer bei Rockstar North), dass sich die Arbeitsbedingungen schon in den letzten Jahren verbessert hätten – und der „Crunch“ bei Red Dead Redemption 2 nicht so schlimm wie bei GTA 5 gewesen sei. Bei GTA 5 hätte er einen Monat über 70 Stunden pro Woche gearbeitet, obwohl sein Chef ihm sagte, dass er nach Hause gehen solle. Keith Thorburn wiederum spricht von einer guten und gesunden „Work/Life-Balance“ bei der Entwicklung von Red Dead Redemption 2.
In the time that I’ve been at the studio, work practices have definitely improved. Crunch on Red Dead Redemption 2 has definitely been a lot better that it was on GTA V, where I was pulling a month of 70+ hour weeks (while being told by my boss at the time to go home…)
— Phil Beveridge (@philcsf) 18. Oktober 2018
the rest of my team we all remarked upon how we’d found a very healthy work/life balance on RDR2, which has always seemed like the holy grail of game development! Did I work overtime? Yes, but never excessively and always by choice. Often when I stayed a little later it was
— Keith Thorburn (@keiththorburn81) 18. Oktober 2018
Vivianne Langdon (Tools Programmer bei Rockstar San Diego) meinte, dass sie noch nie mehr als 50 Stunden pro Woche gearbeitet hätte, sie aber in der Regel zwei bis sechs bezahlte Überstunden pro Woche machen würde. Danny Bannister (Vehicle Artist bei Rockstar North) hingegen schätzt, dass sein Rekord bisher bei 60 Stunden in einer Woche lag.
I have never worked more than maybe 50 hours a week (and that’s a rare occurrence), but I generally work about 2-6 hours of paid overtime per week.
— Vivianne Langdon ðŸ³ï¸ðŸŒˆ (@viiviicat) 18. Oktober 2018
I have been at Rockstar for two years, and worked on RDR2. I have never worked anywhere close to 100 hrs a week. There was some crunch sure but nothing ridiculous. We worked hard on the game but we weren’t being abused. I think the most I did on RDR2 was 60 for one week.
— Danny Bannister (@BeardyDan3D) 18. Oktober 2018
Tom Fautley (Tools Designer) erklärte, dass es Crunch-Phasen geben würde. Er aber noch keinen Mitarbeiter erlebt hätte, der 100 Stunden pro Woche bei Rockstar gearbeitet hätte. Er hätte jedoch einige Leute gesehen, die „mehr gearbeitet hätten“, als es gesund sei. Fautley wurde gebeten und ermutigt Überstunden zu machen (sowohl abends als auch am Wochenende), wenn es darum gehen würde, einen wichtigen Termin zu erreichen. Überstunden würden in diesem Sinne sogar erwartet. Er hat fast fünf Jahre bei Rockstar Games gearbeitet und sein „Rekord“ war 79 Stunden in einer Woche, aber das sei schon längere Zeit her.
As a worker at Rockstar North, I should probably add my voice to the conversation going on around crunch. We do crunch. I’ve not seen anybody forced to work 100 hour weeks, but I’ve definitely seen friends get closer to that figure than is healthy.
— Tom Fautley (@noodle6491) 18. Oktober 2018
Miriam Bellard (Lead Interior Previz Artist bei Rockstar) sammelt auf ihrem Twitter-Account viele Tweets ihrer Mitarbeiter (als Retweets). Viele Mitarbeiter zeigen sich überrascht über die Berichte über die problematischen Arbeitserfahrungen.
Das ist aber nett von Rockstar!
Das Thema "Überstunden" hat ein soziales Gewicht und dahinter steckt eine Form von gesellschaftlichem Druck. Belege für diese These haben hier besonders die Leute geliefert, die nicht diese Ansicht teilen. Noch direkter möchte ich das allerdings auch nicht formulieren. Ich denke ich bin dann erstmal hier raus.
Usw. usf. Daher sagt für mich persönlich "100-Stunden-Woche" per se noch nicht sehr viel über die Arbeitsbedingungen aus.
Wenn man das ganze juristisch oder von mir aus medizinisch betrachtet, mag es wieder anders aussehen. Und rein ideologisch-politisch würde ich sogar jedwede Form von Überstunden ablehnen... familienhistorisch gesehen bin ich im Kampf um die 35-Stunden-Woche verankert, wobei über man die möglichen positiven und negativen Folgen dieser Angelegenheit in einem gesonderten Thread diskutieren könnte.
MfG Ska