Das Spielejahr 2023 wird vielen als eines der besten der jüngeren Vergangenheit in Erinnerung bleiben. Umso schwerer fällt es dann vielleicht, die negativen Beispiele zu sehen. Aber auch von diesen gab es in diesem Jahr eine ganze Reihe, von Lord of the Rings: Gollum in Frühjahr bis hin zu The Day Before vor wenigen Wochen.
Unsere Liste beleuchtet jedoch nicht die offiziell schlechtesten Spiele des Jahres nach Bewertung – das hat vor Kurzem schließlich schon Metacritic für uns erledigt. Wir zeigen euch, welche Titel unsere persönlichen Enttäuschungen aus 2023 sind, vielleicht nicht einmal, weil es objektiv schlechte Spiele sind, sondern weil sie einfach nur deutlich unter unseren Erwartungen blieben.
Sören: Hogwarts Legacy
Ich bin eines dieser Kinder, die mit Harry Potter aufgewachsen sind: Ich habe die Bücher verschlungen, die Filme mal mehr (Der Gefangene von Askaban), mal weniger (Der Feuerkelch) gemocht. Bis heute ist die Reihe ein wirklich fantastischer Eskapismus, in eine Welt voller Magie, Zauberei, Andersartigkeit und vor allem Freundschaft. Die Videospiele haben diese Klasse nur selten erreichen können, waren sie doch in den meisten Fällen schlichtweg schnell produzierte Lizenzspiele. Hogwarts Legacy sollte besser werden: Eine eigene Geschichte, unabhängig von der Vorlage, aber dennoch vertraut. Mehr spielerische Tiefe gepaart mit einem deutlich höheren Produktionswert.
Auf dem Papier erfüllt Hogwarts Legacy weitgehend diese Versprechungen, denn ganz nüchtern betrachtet ist es ein rundum solides AAA-Action-Adventure, bei dem die Entwickler von Avalanche Software gar nicht viel falsch machen. Dennoch ermüdete mich der Hogwarts-Ausflug bereits nach wenigen Stunden, genauer gesagt, nachdem ich mich an der virtuellen und mit viel Liebe zum Detail entwickelten Darstellung der Zauberei-Schule samt Umland satt gesehen hatte. Außerhalb der Gemäuer Hogwarts verblasste die sonst so fantasievolle Magie: Der Schulalltag, das für mich eigentlich Spannendste, rückte zunehmend in den Hintergrund, weil man natürlich der Auserwählte ist, der eine besonders schwere Aufgabe meistern muss.
Die Spielwelt selbst ist überwiegend nur eine hübsche Kulisse, bei der man bloß nicht hinter den Vorhang schauen sollte und von den Nebenquests, die sich meistens entweder weit über dem Niveau eines Schülers oder weit unter seiner Bestimmung einzuordnen wissen, ganz zu schweigen. So richtig konnte mich irgendwann nur noch das flotte und unterhaltsame Kampfsystem am Quaffel halten, während ich nach viel zu vielen Stunden froh war, dass es endlich vorbei war. Beim Nachfolger dürfen die Entwickler für mich gerne etwas mehr spielerisches und inhaltliches Risiko wagen und sogar Hogwarts gänzlich hinter sich lassen – es gibt doch noch so viele weitere spannende Zauberschulen in der Wizarding World.
Jonas: One Piece Odyssey
Im Grunde genommen ist One Piece Odyssey ein Anime-Lizenz-Titel wie jeder andere: Größtenteils eine Nacherzählung der Vorlage, wenn auch in diesem Fall mit einer neuen, aber wenig spektakulären Rahmenhandlung und, untypischerweise, einem rundenbasierten Kampfsystem statt der üblichen Echtzeit-Klopperei. Trotzdem hatte ich aufgrund der Prämisse höhere Erwartungen an One Piece Odyssey als an andere vergleichbare Spiele, die ich meist mit Genuss erlebe, während ich (zumindest privat) über die Mittelmäßigkeit der Umsetzung großzügig hinwegsehe. Denn in dem Rollenspiel landen die Strohhutpiraten unverhofft auf einer ihnen unbekannten Insel und bekommen dort direkt ihre Kräfte gestohlen.
Um wieder zu alter Power zu gelangen, gilt es nun, altbekannte Orte auf ihrer bisherigen Reise noch einmal zu besuchen – und ausgerechnet hier hat man jede Menge Potenzial liegen lassen. Denn klar, welche Schauplätze dürfen dabei natürlich nicht fehlen? Alabasta, Water Seven und Enies Lobby, Marineford sowie Dress Rosa – Orte, die in One Piece-Spielen mittlerweile bereits unzählige Male abgehandelt worden sind und auch hier wieder ihren Platz finden. Bereits im Vorfeld hatte ich mir drei bestimmte Arcs für One Piece Odyssey gewünscht und mit der Gipfelschlacht auf Marineford hat man mir zumindest einen davon erfüllt. Leider ist der Ausflug zum dramatischen Kampf zwischen der Whitebeard-Crew und der Marine schrecklich kurz geworden und der dazugehörige Ausbruch aus Impel Down, der mit spannenden Charakteren und Auseinandersetzungen aufwarten könnte, fehlt sogar völlig.
Die erhoffte Inkludierung von Whole Cake Island und der Thriller Bark ist auch ausgeblieben – und mit ihnen eine ganze Reihe weitere Orte aus dem One Piece-Universum, denen in der Vergangenheit viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die Kirsche auf der Sahnehaube der Enttäuschung war dann der DLC, der statt einem neuen Schauplatz aus dem großen Vorrat an Möglichkeiten einfach nur die langweilige Rahmenhandlung erweitert hat. Nicht, dass One Piece Odyssey abseits der Ortswahl fehlerfrei wäre, im Gegenteil: Der Aufenthalt in Alabasta dauert viel zu lange und zieht die Spielzeit in die Länge wie Ruffys Arme, während das Kampfsystem zwar nett geworden und das Arsenal der Angriffe inszenatorisch gelungen ist, auf Dauer aber viel zu leicht und langweilig bleibt. So entpuppt sich One Piece Odyssey als Rollenspiel, dem man mit Seestein jede Kraft geraubt hat.
Gerrit: Sonic Superstars
Ich weiß nicht genau, was ich von diesem neuesten Ableger der Sonic-Reihe erwartet hatte, aber gewiss zumindest, dass ich ihn unterhaltsam finden würde. Sonic Mania war seinerzeit eine tolle nostalgische Reise und Sonic Frontiers war zumindest ein mutiger Vorstoß und optisch beeindruckend, wenn auch kein wahnsinniges Brett von einem Spiel. Sonic Superstars hat meine anfängliche Euphorie und Vorfreude auf dieses Spiel aber schnell im Keim erstickt.
Ich mochte, dass die Welten optisch sehr abwechslungsreich waren und auch einige leveleigene Features hatten; trotzdem spielten sie sich nicht unterschiedlich genug. Man konnte mit den Fähigkeiten der vier spielbaren Charaktere verschiedene Geheimnisse in den Levels offenbaren, aber sie waren nie wirklich wichtig für den Spielfortschritt. Die Spezialfähigkeiten durch die Chaos Emeralds waren höchstens nettes Beiwerk, selbst die manchmal sehr fordernden Bosskämpfe konnten schlussendlich auch gut ohne sie bewerkstelligt werden. Die großen Sonic-Münzen die man in geheimen Labyrinthen finden konnte, waren nur dazu da, um Cosmetics für den Roboter zu kaufen, den ich im (ebenfalls mäßigen) Multiplayer-Modus spielen konnte.
Das alles wirkte irgendwie zu irrelevant. Auch die Story scheint nur Mittel zum Zweck zu sein, immerhin gibt es nicht mal Untertitel zu den Zwischensequenzen. Sonic Superstars macht auf mich einen unfertigen und nicht komplett durchdachten Eindruck; als würde man viel wollen, eine Idee aber nicht konsequent umsetzen. So habe ich auch relativ schnell das Interesse an diesem Spiel verloren. Als eiserner Sonic-Fan wäre ich sicher herber enttäuscht, so finde ich es einfach nur schade.
Anny: Fae Farm
Auf Fae Farm hatte ich mich riesig gefreut und in Anbetracht des hohen Preises (40 Euro auf dem PC und 60 für die Switch) viel erwartet. Entsprechend enttäuscht war ich dann nach wenigen Spielstunden, weil es sich zwar um ein hübsches, niedliches Farmspiel handelt, das allerdings nicht sonderlich stark in die Tiefe geht.
Ich bin immer wieder in verschiedenen Minen unterwegs und langweile mich, muss aber weiterziehen, damit die Hauptstory voran geht. Diese fällt leider sehr flach aus und wirkt repetitiv. Zwar sind die Monster liebevoll gestaltet, doch ich muss jedes Mal das gleiche tun: Die Mine abschließen, dem Wesen geforderte Items bringen, dann komme ich ein Stückchen weiter und kann direkt in die nächste Mine. Dabei kämpft man gegen zahlreiche Monster, doch das Kampfsystem fühlt sich alles andere als butterweich an.
Auch einige Bugs treten auf – zwar nichts spielverderbendes, doch ich störe mich an verbuggten Hoftieren, Werkbänken und vielen Dingen, die einfach nicht sein müssten. So fühlte sich Fae Farm für mich eher unfertig an. Obwohl es an Niedlichkeit optisch nicht spart, die Figuren und Tiere hübsch und bunt gestaltet sind und der Entwickler anscheinend auf Diversität achtet, konnte mich der Titel nicht überzeugen. Es war eher eine Enttäuschung und ich kehrte zurück zu anderen Cozy Games, die deutlich besser sind und weniger als die Hälfte kosten.
Paul: Diablo 4
Wie der Großteil der Gamer, die ihre Zeit ungern verschwenden wollen, lege ich mich bei der Auswahl von Titeln, denen ich meine Aufmerksamkeit eines jeden Jahres widme, oft bereits etwas im Vorfeld fest. Häufig geraten dabei natürlich vor allem neue Veröffentlichungen und Ableger aus Studios oder Franchises, die mir bereits über Jahre hinweg starken Spielestoff servieren, in meinen Fokus. Ganz ähnlich verhielt es sich in diesem Jahr mit Diablo 4 – dem neuesten Teil einer DER Hausmarken von Blizzard, womit sowohl das Franchise selbst als auch der dahinterstehende Entwickler beste Voraussetzungen mitbrachten.
Und zunächst sah es auch ganz so aus als würde die Rechnung aufgehen: Mit einer Content-Fülle bewaffnet, bei der man sich schon vor dem Release im Juni fragte, wie man sie überhaupt neben Job und einem Sozialleben (schwer zu glauben, aber ja, das geht auch als Videospielredakteur!) bewältigen soll, war ich bereits Monate lang vor dem eigentlichen Launch Feuer und Flamme für jeden Informationshappen, der sich mir bot. Auch auf vielen anderen Ebenen schien Blizzard alles richtig zu machen, beispielsweise traf man mit dem beibehaltenen und sogar verbesserten Transmogrifikationssystem genau ins Herz des Ingame-Fashion-Victims, wie ich es eines bin.
Aber natürlich auch die zahllosen Endgame-Aktivitäten, der sinnig umgesetzte Multiplayer, der mir beim zwischenzeitlich sehr ans Herz gewachsenen Path of Exile immer ein wenig fehlte, ebenso wie die frischen MMO-Elemente und der von vielen kritisierte Cosmetic-Shop turnten mich eher an, als dass ich mich davon hätte abschrecken lassen können. Doch letzten Endes kam dann alles ganz anders als erwartet und bis heute bin ich gar nicht sicher, ob es eigentlich wirklich an Diablo 4 oder ganz einfach an mir selbst scheiterte.
Das zunächst abwechslungsreich aussehende Gameplay entpuppte sich schnell als endloser Loop der Langeweile, an dem auch das vermeintlich komplexe Skill-System wenig ändern konnte. Das erwähnte „Endgame“, verbunden mit dem langwierigen Level-Grind, konnte mich nicht allzu lang motivieren und hinzu kamen die ganzen Kinderkrankheiten und Spaßverderber, die Blizzard mittlerweile aber weitestgehend ausgebügelt zu haben scheint. Mit der neuen Erweiterung, Vessel of Hatred, gebe ich dem höllisch heißen Ritt durch Sanktuario aber eine zweite Chance – ganz einfach, weil ich auf seine Stärken vertraue und ich nur liebend gerne, ganz im Interesse meiner Freunde, die wesentlich mehr begeistert sind als ich, mit Diablo 4 warm werden würde. Und falls das nicht klappt, klopft mit Path of Exile 2 ja auch schon bald wieder eine aufregende Alternative an die Tür…
Schreibt uns gerne in die Kommentare, welches Spiel ihr 2023 persönlich enntäuschend fanded. Wovon habt ihr mehr erwartet oder was wird seinem Hype einfach nicht gerecht? Unsere Top-Spiele des Jahres könnt ihr übrigens hier einsehen.
Ich kann das meiste verstehen, aber wenn Paul schreibt: "der von vielen kritisierte Cosmetic-Shop turnt[en] mich eher an", bin ich aus allen Wolken gefallen. Möchtest du damit ernsthaft sagen, dass dein Gedankengang war: "Kosmetische Items für Echtgeld? Ja geil, finde ich viel besser und freue mich sogar drauf!"?!
Für mich ist es GOTY, die Start-Insel fand ich übrigens MEGA lol (hab gefühlt jeden Quadrat-CM erforscht). Hat mich für über 200 Stunden auf der OLED Switch eingesogen - dicht gefolgt von BG 3 am PC. Dead Space Remake war nett, leider durch die Stutterings am Ende hats mich vom Durchspielen abgehalten. Nervte einfach zu viel...
Größte Enttäuschungen: Redfall & Starfield.
Nicht ganz dieses Jahr rausgekommen und ich überlege auch gerade, ob ichs noch in dieses Jahr reingespielt habe oder ob ich das kurz vorm Jahreswechsel an den Nagel gehängt hab: Für mich war die letzte herbe Enttäuschung Persona 5 auf der Switch. Da wird einem jahrelang suggeriert was das für ein essenzielles Spiel sei und man liest überall, dass der Hauptkritikpunkt (die extrem lahmen Dungeons) endlich Geschichte ist, und dann kommt da so ne Zeitverschwendung bei raus. Zwar waren die Hauptdungeons dieses Mal tatsächlich i.O., aber dann wird man dich wieder in dieses zufallsgenerierte Schnarchfest gezwungen mit dem langweiligsten Kampfsystem seit Dragon Quest. Ja nee, herzlichen Dank. Style over Substance, Teil 6 könnt ihr behalten. Spiel ich lieber ne echte Visual Novel.
Strikt auf dieses Jahr bezogen hatte ich sonst eigentlich gar keine echten Enttäuschungen. Was ich gespielt hab hab ich auch beendet und ich bin niemand, der sich zum Beenden von Spielen zwingt. Was nervt wird abgebrochen. Ich hatte aber quasi an allem Spaß, was ich angefangen hab. Von daher: Gutes Jahr.
Atomic Hearts war auch meine Enttäuschung des Jahres. Die katastrophal peinlichen Dialoge gemischt mit einer unprofessionellen Sprachausgabe auf PS1 Niveau machte es unmöglich diese Welt ernst zu nehmen. Das Gameplay selbst war halt trotzdem nur gutes Mittelmaß.
Ich habe dieses Jahr so viele Spiele gespielt, wie kaum in einem jahr zuvor und habe aber zeitgleich kaum ein Jahr gehabt, in welchem ich so viele gute Spiele gespielt habe, sodass ich für 2023 keinerlei Enttäuschung verzeichnen kann.
Das war schon ein tolles Jahr für Videospieler (für Entwickler eher weniger).