Erwachsen werden und sich mit den eigenen Taten auseinanderzusetzen, ist gar nicht so einfach. Noch schwieriger ist es, wenn man eigentlich jederzeit die Zeit zurückdrehen könnte, wie Max Caulfield aus Life is Strange. Zehn Jahre, zwei Sequels und ein Prequel sind mittlerweile seit dem ersten Abenteuer der jungen Fotografin vergangen – nun dürfen wir in Life is Strange: Double Exposure ein weiteres Mal in ihre Rolle schlüpfen.
Seit den Ereignissen in und von Arcadia Bay ist viel passiert. Nicht nur im Spiel: Don’t Nod betreut das Franchise längst nicht mehr, stattdessen ist es nun das Haus- und Hofprojekt von Deck Nine (Before the Storm, True Colors). Zwischen all der Fan-Euphorie über Max‘ Rückkehr herrschte dementsprechend ebenso eine Portion Skepsis. Anhand der ersten zwei Episoden können wir aber beruhigen, auch wenn Double Exposure noch keine Jubelstürme auslöst.
Life is Strange: Double Exposure – Das Ding mit den Spoilern
Ein Spiel wie Life is Strange: Double Exposure zu besprechen, bei dem sich sehr viel um die Geschichte und die damit ausgelösten Emotionen dreht, ist keine ganz simple Aufgabe. Schließlich will man nichts spoilern, aber kommt gleichzeitig nicht ganz drumherum, ein paar Eckpunkte anzusprechen. Ich versuche dennoch, so vage wie möglich zu bleiben und werde auch keine großen Entscheidungen direkt ansprechen.
Falls ihr aber komplett unvoreingenommen rangehen wollt, hier die Kurzfassung: Wenn ihr einfach nur mehr Life is Strange und/oder noch einmal eine Geschichte mit Max erleben wollt, dann könnt ihr fast bedenkenlos zugreifen. Denn grundsätzlich schafft es Deck Nine einerseits die typisch Mystery-Atmosphäre der Reihe zu inszenieren, andererseits ist auch Max‘ Charakter direkt wiederzuerkennen, obwohl sie sich natürlich ein Stück weit zu ihren Teenager-Jahren verändert hat. Darüber hinaus glänzt das Spiel abermals mit vielen schönen Details.
Allerdings sind die ersten beiden Episoden wie zu erwarten nur ein Appetitanreger, der die grundsätzliche Geschichte in Fahrt bringt und zum wilden Spekulieren einlädt. Wer Square Enixs Marketing-Move – ein 14-tätiger Early Access für Käufer der 80 Euro teuren Ultimate Edition – nicht unterstützen möchte, kann gut und gerne auf den finalen Release warten. Nur mit dem Spoilerschutz wird es dann deutlich schwieriger.
Aber worum geht’s überhaupt?
Die Geschichte von Life is Strange: Double Exposure beginnt einige Jahre nach dem Ende des ersten Teils: Max hat versucht, das Arcadia Bay-Trauma zu verarbeiten, reiste durchs Land, gewann die eine oder andere Fotografie-Auszeichnung und fand schlussendlich den Weg zur Universität von Caledon. Dort ist sie nun Dozentin, lehrt logischerweise den Student*innen alles über das Schießen von Bildern und schließt neue Freundschaften.
Diese Ausgangslage ist ein Vorteil für all diejenigen, die bislang keinen Kontakt mit Life is Strange hatten: Double Exposure erzählt eine komplett neue Geschichte, bei der sich zumindest bislang kein wiederkehrender Charakter direkt zu Wort meldet.
Das heißt aber nicht, dass Deck Nine der Vergangenheit bewusst aus dem Weg geht. Relativ früh zu Beginn werden zwei Fragen gestellt, die sich mit Chloe und der finalen Entscheidung des ersten Teils beschäftigen. Je nachdem wie ich mich äußere, verändert sich ein wenig der Dialog und es gibt im später gefundenen Tagebuch ein paar abgewandelte Einträge. Manche davon treffen sogar ziemlich ins Mark, aber mehr möchte ich an dieser Stelle dazu nicht verraten.
Inhaltlich wird Max‘ Vergangenheit bislang allerdings nur in der ersten Episode so wirklich aufgegriffen. Immer wieder verraten Aussagen und kurze Sequenzen, dass die junge Frau mit ihrer Entscheidung, egal welche getroffen wurde, zu kämpfen hat. Albträume plagen sie. Auch der Kontakt zu ihren Eltern wurde über die Jahre immer weniger, wie aus einem SMS-Verlauf hervorgeht. Zudem hat sie offenbar ihre Zeitreise-Kräfte verloren oder soweit unterdrückt, dass sie sie nicht mehr einsetzen kann. Max ist wieder normal – oder?
Welche Kräfte Max bekommt und wie sich diese auswirken, erfahrt ihr auf der nächsten Seite.